Culture | Salto Afternoon

Wiederentdeckte Kunst

Kloster Neustift zeigt in einer Sonderausstellung und einer Restaurierungsarbeit wie Kunst wieder ans Tageslicht gelangt. Nun folgt auch eine Tagung.
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Foto: Salto.bz

„Bei den Wandmalereien handelt es sich um ein faszinierendes Zeugnis der für die europäische Kultur des Barock und Rokoko charakteristischen Asien- und China-Begeisterung“, beschreibt Hanns-Paul Ties, Kunsthistoriker und Kurator in Neustift, den im Vorraum der großen Stiftsbibliothek vor einigen Monaten freigelegten Freskenzyklus. Die großformatigen Landschaftsbilder, denen gerade der letzte Schliff verpasst wird, zeigen „asiatisch anmutende Pflanzen, Architekturen und Figuren“ und mitunter Darstellungen sorglosen Landlebens. 

 

Die bisher konsultierten Quellen im Stiftsarchiv enthalten „keine Hinweise auf das Entstehungsjahr und den Künstler der Malereien sowie auf die ursprüngliche Nutzung des Raumes“ erzählt Ties. Anzunehmen ist, dass die Fresken um das Jahr 1780 entstanden sein dürften, „also in jedem Fall noch zu Lebzeiten des einstigen Prälaten Prälat Leopold von Zanna.“ 
In einer Sonderschau wird zudem mit Videos und Reproduktionen Kunstwerken nachgespürt, die im Lauf der Geschichte aus verschiedenen Gründen aus dem Klosterbesitz entfernt wurden. 


In der Ausstellung zu Neustifts verlorenen Schätzen reisen Kunstinteressierte in die Vergangenheit – und ganz nebenbei von New York bis nach Budapest. 
Einen seltsamen Anblick bietet beispielsweise der Saal der Stiftsbibliothek. Er war zur Zeit der bayerischen Herrschaft zentraler Schauplatz der Ausplünderung des Klosters: „Transportkisten sollen an die damals hier gelagerten und von hier aus weggebrachten Gemälde und rund drei Tonnen Bücher erinnern, während ein leerer Vitrinenschrank und die Haut einer Riesenschlange auf die verlorenen Neustifter Sammlungen von Naturalien und Münzen hinweisen.“ 

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Im Original zu sehen ist außerdem ein aus dem Kloster weggekommenes niederländisches Barockgemälde, das Ende Mai 2021 im Kunsthandel aufgespürt und zurückgekauft werden konnte. Die Bildinschrift Wie die Alten sungen, so pfeifen auch die Jungen war am Ende Beweis, dass es sich um jenes "verschollene" Bild handelt, welches im 20. Jahrhundert aus dem Klosterbesitz gelangte.


Am 1. und 2. Oktober 2021 findet im Kloster eine Tagung mit historischen und kunsthistorischen Vorträgen zum Ausstellungsthema Zwischen Budapest und New York. Neustifts verlorene Schätze statt: 
Zu den Neustifter Kunst- und Kulturgutverluste seit 1807/11, den Bemühungen um die Restitution der nach München gebrachten Tiroler Kunstwerke im Jahr 1814, zu 60 Zentner Bücher über den Brenner, zum Schicksal der Neustifter Buchbestände seit der Klosteraufhebung 1807, zur „Hl. Margarethe“ in New York und anderen Skulpturen aus Neustift, zu den Neustifter Altären des Marx Reichlich und zu den barocken Standkreuze aus Neustift im Bayerischen Nationalmuseum.