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Kulturhauptstadt: Teure Fehleinschätzungen

Was lief schief bei der Bewerbung Südtirols zur Kulturhauptstadt? Unter anderem der Glaube, die Kommission durch eine enorme Mittelverfügbarkeit zu beeindrucken, schreibt Thomas Benedikter im Blog Brennerbasisdemokratie.

Eine weitere Reflexion zum Ausscheiden des Kandidaten “Venedig und Hinterland” für die Kulturhauptstadt 2019 macht der Sozialwissenschaftler Thomas Benedikter im Blog  Brennerbasisdemokratie. Dass vor allem dank Südtirol  fast so viele Mittel in die Bewerbung gesteckt wurden wie manche frühere Kulturhauptstädte in die Abhaltung des Jahrs selbst investiert haben, bezeichnet Benedikter dort als eine von vier wesentlichen  Fehleinschätzungen im Zusammenhang mit dem Projekt.

Anscheinend haben die Organisatoren der Bewerbung Nordostitaliens (Cipolletta, Tommasini und ihre carrozzoni) geglaubt, durch einen gewaltigen Aufwand an Veranstaltungsideen und Werbung die Kommission so zu beeindrucken, dass die Wahl schon durch diese Mittelverfügbarkeit entschieden würde. Diese Einschätzung hatte offensichtlich den gegenteiligen Effekt. Die Kommission hat daraus eher geschlossen, dass einerseits 3-4 touristisch so stark entwickelte Regionen eine weitere Bewerbung nicht benötigen, und andererseits diese Regionen sich jede Menge Kulturinitiativen auch ganz ohne EU-Zuschüsse und Kulturhauptstadt-Etikett leisten können. Dass die SMG den größten Brocken bekommen hat, beweist auch, dass das Projekt “Kulturhauptstadt” vor allem als Tourismuswerbung begriffen worden ist.

Neben geografischen und kulturellen Betrachtungen stellt Thomas Benedikter zum Abschluss seiner Kritik noch ein letzte wesentliche Frage:

Politiker und Kulturimpresarios weisen immer wieder darauf hin, dass diese Operation auch eine Öffnung zur Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen bietet. Braucht es wirklich ein Etikett der EU für ein knappes Jahr, um mit Städten und Provinzen südlich von Salurn  gemeinsam, nachhaltigere kulturelle Projekte zu starten?