Johannes van der Sandt
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Culture | UNI-gesichter 5

Gesang ist ein kultureller Brückenbauer

Der südafrikanische Uni-Professor Johannes van der Sandt über die therapeutische Bedeutung von Chorgesang.

Südtirol kannte Johannes van der Sandt schon bevor er beschloss, ein Angebot der Universität Bozen anzunehmen. Er kommt in das Team der Musikpädagogik für die Lehrerausbildung, weil der damalige Präsident Konrad Bergmeister die Bedeutung der Musikerziehung für die Kinder erkannt hat und die Musikpädagogik-Professoren stärken wollte.

Der Südafrikaner, der in Pretoria und am niederländischen Institut für Chorleitung in Goruchem studiert hatte, kannte Südtirol bereits als Land zahlreicher Chöre und Blaskapellen.

"Die sind ein Beweis für die Tiefe der Südtiroler Musikkultur und der kirchlichen Chortradition. Das ist in Südafrika anders. Südtirol ein vom Katholizismus  geprägtes Land. In Südafrika dagegen gibt es eine Vielzahl von Religionen".

Schon 2016 organisierte van der Sandt ein Fortbildungsseminar für Leiter von Kinderchören. Der Chor unibzVoices baut auf der Geschichte des bisherigen bestehenden Universitätschores auf und bietet Gesang in allen Musikstilen, der für alle Sprachgruppen offen ist.  "Inklusion ist wichtig, der Auftritt Nebensache" versichert van der Sandt. "Inklusion erzeugt positive Effekte."

Um die erstaunlichen Ergebnisse  gemeinsamen Musizierens vor Augen zu führen, verweist van der Sandt gerne auf Initiativen in Ländern der Dritten Welt. Etwa auf ein Experiment, bei dem Kindern aus venezolanischen Armenvierteln Instrumente in die Hand gedrückt  und kostenloser Musikunterricht erteilt wurde (El sistema).

Die Begeisterung und Lernwilligkeit wirkten  ansteckend. Es ist ein Experiment, das mittlerweile auf zahlreiche Länder ausgedehnt wurde  - mit erstaunlichen Ergebnissen.  

Community music heisst das Ziel van der Sandts - nicht die Perfektion steht dabei im Vordergrund, sonder die Freude am gemeinsamen Singen und Musizieren als soziales Erlebnis.

Musik zur Erziehung von Kindern und Integration von Gruppen ist auch das Forschungsgebiet van der Sandts an der Uni Brixen: "Community music bzw, singing ist ein anerkanntes Wissenschaftsgebiet und stellt einen neuen Ansatz in der Musikpädagogik dar, der darauf abzielt, durch Förderung der sozialen Integration und Eingliederung zum Aufbau von Gemeinschaften beizutragen.

"Es ist Ziel meiner Kollegin Antonella Coppi und mir, die community music unter den Akademikern zu etablieren, um eine Plattform zu schaffen, auf der Projekte initiiert werden können, die bessere Rahmenbedingungen für Integration und Toleranz schaffen".

Um den ersten Schritt in eine integrierte Musikszene anzustossen, wählte der Professor die dreisprachige Uni Bozen und übernahm den Universitätschor unter einem neuen Namen, uniBzVoices der sich zum gemeinsamen Musizieren in Bozen und Brixen trifft.  Auch dabei geht es vor allem um Inklusion: "Es ist ein Chor, der Studenten aus allen Sprachgruppen die Möglichkeit bietet, miteinander zu singen.

Von ethnischer Abgrenzung hält van der Sandt nach dem Vorbild seines multi-ethnischen Heimatlands Südafrika nichts - Musik ist für ihn ein Integrationsfaktor. 

Durch seine vielseitige Tätigkeit und seinen Enthusiasmus ist van der Sandt aus Südtirols Musikleben  nicht mehr wegzudenken. Die Musikschulen im Lande beurteilt er positiv, was er bemängelt, ist das fehlende Singen in der Schule und ein Musikunterricht auch an der Oberschule. Mit seinem ansteckendem Enthusiasmus hat van  der Sandt im Lande vieles bewegt.

Und nun steht sogar die Eröffnung einer Fakultät für Musik an - durch Integration des Musikkonservatoriums in die Universität Bozen. Die betrachtet van der Sandt mit etwas Skepsis: "Eine gute Idee, aber in der Praxis schwer zu realisieren."