Society | Eiertreter*in

Bildstörung

Jedes Volk hat den Fernsehsender den es verdient. Das sagt einiges über uns Südtiroler.
Note: This article is a community contribution and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.
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Foto: Pixabay

Das hat jetzt etwas gedauert. Das mit dem Umstellen der Fernsehkanäle meine ich. Zuerst das Weinnachtsgeschäft, dann Silvester, dazu Delta mit Omikron obendrauf. Irgendwie hatte der Fernseh-Manfred nie Zeit mein Fenster in die Welt totalzusanieren. Aber jetzt hat er's geschafft. Ich bin um 1.500 Euro ärmer und der Manfred um eine ganze Menge Elektroschrott reicher. Alles hat er mitgenommen: Glotze, Sat-Receiver, Set-Top Box, DVD-Player. Sogar den alten VHS-Rekorder inkl. der Sissi-Kasetten. Jetzt steht im Herrgottswinkel ein einziges Monstrum, das irgendwie alles kann außer Reis kochen. Wenn ich diesen 4K-Testkanal einschalte, habe ich neben meinem Blick auf die sieben Berge, bei den sieben Zwergen auch noch die Bay of Vancouver in Super-Technicolor in der Stube. Gigantisch! Andererseits ist es schon ärgerlich, dass ich meinen fast neuwertigen Flimmerkasten schon nach 35 Jahren austauschen musste, weil die RAS die Frequenzen für dieses 5G freiräumt. Ja, ja, Sie haben recht, genau das 5G, das seit zwei Jahren dieses Virus mit pulsierenden Mikrowellen in unsere Lungen beamt. Natürlich sehen die Schwurbler keine zeitliche Diskrepanz darin, dass in unserem Hoametl noch kein 5G-Mast sendet, weil es bis November 2021 keine Frequenz gab, auf der etwas zu senden gewesen wäre, wir aber schon im zweiten P(l)andemiejahr sind und deshalb … das Schlimmste beim Nachdenken über Paradoxa von Zeitreisen sind die Kopfschmerzen - kann man leicht mit Covid-Symptomen verwechseln. Moooment! Wenn auf den zukünftigen 5G-Frequenzen bis jetzt Fernsehen gesendet wurde, kann das nur eines heißen: An Corona ist der „Boazner“ schuld. Und für einmal schweife ich nicht ab, sondern habe Sie genau da, wo ich Sie haben wollte.

720 × 576 Pixel

Okay. Die C19-Scheiße kann man den Mannen*innen am Bozner Mazziniplatz sicher nicht anhängen, Augenkrebs aber allemal. Da zappst du dich durch die HD-Kanäle der RAS und stößt ungewarnt auf den Lokalsender, dessen Bildqualität frappierend den Sissi-Filmen auf den alten VHS-Kassetten ähnelt … Vermaledeit! Hätte der Manfred den alten Krempel nicht mitgenommen, könnte ich jetzt einen direkten Vergleich machen. Schlimmer! Wer erinnert sich noch an den ersten Südtiroler Privatsender TVS, der von Naturns aus den Wellensalat aufmischte? In meiner Erinnerung perfektionierte der Sender - in Ermangelung einer großen Mediathek - ein besonderes Format des Fernsehens zum Goldstandard: Die Wiederholung. Etwa alle drei Wochen flimmerte  „Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort“ ein US-amerikanischer Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1959 über die Mattscheibe. Auf Wikipedia wird dazu aus dem Lexikon des Science-Fiction-Films zitiert: „Einzig bemerkenswert an diesem Streifen ist die Erst- und Letztanwendung des sogenannten Cinemagic-Verfahrens, das auf der Einfärbung des Negativs beruht. Der Erfolg: Schmerzende Augen beim Zuschauen. Die Farbgebung ist so unmöglich, dass man sich fragt, wie so etwas überhaupt aus der Kopieranstalt heraus kommen konnte." Na? Kommt Ihnen etwas bekannt vor?
Ich frage mich, ich frage Sie: Was zum Geier macht der Sender Bozen mit meinen, unseren 20 Millionen, die ihnen jedes Jahr nachgeworfen werden? Habe mich durch einen Wust an Fachartikeln gekämpft. „SDTV - Standard Definition Television“ mit einer Bildauflösung von 720 × 576 Pixel schimpft sich das, was da versendet wird. Standard! Unterirdisch wäre angebrachter. Mein Handy-Trappele macht bessere Katzenvideos, als die unscharfe Soße, die um 20 Uhr aus dem Kasten rinnt. Missgünstige vergleichen den Sender Bozen gerne mit TeleTirana, was total gemein ist, weil sogar in Albanien heutzutage Hochauflösend gesendet wird.
Im Unterschied zu Ihnen weiß ich, warum die Tagesschau aussieht, wie sie aussieht - aus sicherer Quelle. Habe mal gelesen, dass man im Journalismus immer seine Quellen angeben soll. Nicht, dass ich hier Journalismus betreiben will. Überlasse ich dem Longhooreten dieses Portals unter der Wahrnehmungsgrenze. Aber zur Abwechslung kann ich ja sagen, wer mir das gesteckt hat. Ich mache die Quellenangabe wie bei einer #truestory auf dem Telegram-Kanal „Impfschäden Südtirol Coronaimpfung“, wo die ganzen Schauergeschichten über die letale Giftspritze gepostet werden; wenn es die Nandl kurz vor dem 97. Geburtstag „plötzlich und unerwartet“ dahingerafft hat, nachdem sie zeitnahe vor 3 Monaten gegen Corona geimpft wurde. Also: Der Cousin dritten Grades, des Schwagers meiner Nachbarin, hat eine Arbeitskollegin deren Bruder Freitag Abend Volleyball spielen geht. Und da spielt auch ein Techniker der RAS mit. Und wenn so ein Techniker durchs Land fährt, um die UKW-Sender abzuschalten, trifft er ab und zu einen Kollegen der Rai. Um dem Antennenwald am Nabel der Welt Herr zu werden, gibt es seit einigen Jahren ein Joint-Venture zwischen RAS und Rai, das darin besteht, dass das Land einen neuen Masten baut und die Rai ihr Sender-Glump in der Besenkammer verbauen darf. Zwischen einem Holbmittog-Tschigg und einem Marende-Bier kommt man dann auch miteinander ins Gespräch. Für Männer etwas ungewöhnlich, aber es soll vorkommen. Und jetzt kommt's: Der Rai-Mensch hat erzählt, dass im Tagesschaustudio noch immer die Kameras stehen, die Mitte der Neunziger des vorigen Jahrhundert in einem Studio in Rom ausgemustert wurden, damit der Boazner von Boazn aus senden kann. Rai Südtirol, wie es heute heißt, war schon immer etwas rückständig. Ein aus der Zeit gefallener Provinzsender, für eine aus der Zeit gefallene Provinz. Bei uns ist alles provinziell.

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Biene Maya, Pinocchio und Heidi schauten wir als Kinder auf ZDF und ORF in Farbe, aber den Aldo Parmeggiani gab's irgendwie nur schwarz-weiß. (Gott sei Dank nur bis Viertel nach Acht. Die Mame hat immer die Eieruhr gestellt, damit wir den Derrick nicht versäumten). Böse Gerüchte behaupten, man hätte seinerzeit ein eigenes Trappele namens „Colorkiller“ installiert, weil das Autonomie-Paket nur Schwarz-Weiß-Sendungen vorsah. Schon blöd, dass bei uns überall die Politik reinpfuscht. Am 21.12.2021 tönte das Landespresseamt, dass die Rai-Konvention bis 2024 erneuert wurde und die 20 Millionen jährlich nun auch für „die Umstellung auf hochauflösendes Fernsehen HD“ verwendet würden. Halleluja! Haben Sie das Datum bemerkt? Wintersonnenwende - auf den Bozner Mazziniplatz strahlt das Licht aber jetzt jeden Tag etwas heller. Diese Kopernikanische Wende wird nun dafür sorgen, dass wir jeden Pickel und Mitesser des Lieblings aller Schwiegermütter, des lampenfiebrigen Laiendarstellers und der grauen - Pardon! - weißhaarigen Eminenz gestochen scharf ins Wohnzimmer geliefert bekommen. Über die Moderatorinnen möchte ich den Mantel des Schweigens breiten, denn schließlich müssen wir Frauen zusammenhalten. Seit sie vor - Pi mal Daumen - fünfzehn Jahren diese eine Dunkelhaarige vom Bildschirm genommen haben, von der man öfter den Eindruck hatte, dass sie bei der Spätausgabe schon zuviel an der Lagreinflasche geschnuppert hatte, passt es ja im Großen und Ganzen.
Zugegeben fehlt mir etwas der Überblick über das Moderationsteam. Schalte nicht mehr ein. Gibt ja nichts mehr zum Fremdschämen, seit der Hochkönig der Affektiertheit in den Vorruhestand befördert wurde. Der, der in seiner Karriere keine einzige Ausgabe ohne Versprecher über die Bühne gebracht hat. Den schicken die Rai-eler - jetzt wo er Zeit hat - sicher zur Olympiade nach Peking. Wie 2014. Erinnern sie sich noch an das Titelbild in der Südtiroler Tageszeitung: „Unser Mann in Sotschi“? Wie so oft, hatte man die Technik nicht im Griff und statt der Silbernen vom Innerhofer oder der Bronzefahrt vom Armin gab's nur eine Schalte mit dem Verhaspler. Armselig. Motiviert bei denen wieder reinzuschauen wäre ich nur, wenn sie diesen Lolli vor die Kamera setzen würden. Der gravitätische Duktus seiner Berichte erinnert mich immer an die Wochenschau von der Ostfront - 1943. Das Motto beim Staatsfunk - wie sie vom Medienmonopolisten süffisant tituliert werden - ist sicher: “Wollen würden wir ja gerne, nur können können wir nicht“.

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Apropos „Christliche Brüder“. Stimmt es was hier auf Salto kolportiert wurde? Das U-Boot des Weinbergwegs am Mazziniplatz geht in Rente?! Die Lücke die er hinterlässt, ersetzt ihn vollkommen. Na, da werden die Korken knallen. Zur Feier des Tages könnten sie dann „Der Feind in meinem Bett“, ein Film mit Julia Roberts wiederholen. So stellte ich mir die Rolle vom „Alpen-Donau-Adria“ im Sender immer vor. Ich meine, das mit Nahverhältnis zum ehemaligen Arbeitgeber, der gleichzeitig selbst über tausend Treuhänder und drei Briefkastenfirmen zwei Radiosender betreibt und so. Als Analogie würde mir der Betriebsleiter der Leitner Ropeways einfallen, der nichts Anstößiges daran fände, vom Chef der Doppelmayr zu einem Segeltörn durch die Ägais eingeladen zu werden: „Obr schun, dass es koane windengestützte Schneakotzn für Steilhänge ins Programm nemp, gell“, wird dann zwischen einem Glasl Retsina und einem Stamperle Ouzo ein Wunsch deponiert.
Er wird mir fehlen. Hat nämlich bei mir einen Stein im Brett. Seit den 90ern. Zwischen einem Pro & Contra - damals noch als Markenzeichen mit Propeller an Stelle der Krawatte - moderierte er aus der Bozner Stadthalle sowas wie „Spiel ohne Grenzen“. Ein Sendeformat mit Geschicklichkeitsspielen, das man heute nur noch bei deutschen Spartensendern findet. Eine seiner Moderationen machte der „Herr der Fliegen“ in einem aufblasbaren Sumo-Ringer-Kostüm, das an dieses unförmige Michelin-Männchen erinnerte. Hob dich der Gegner aus dem Gleichgewicht, landetest du auf Rücken oder Bauch und wie sehr du auch strampeltest, es bestand keine Chance wieder auf die Beine zu kommen - moralisch meine ich. Gibt es ein schöneres Bild für die Karriere dieses Mannes? Hätte ich gerne in 4K gesehen. Aber bis Rai Südtirol technologisch dort ankommt, wo ich bereits bin, werden noch einige Konventionen unterschrieben werden werden müssen. Ich werde ihnen mal den Fernseh-Manfred vorbeischicken - vielleicht kann er helfen.