Culture | salto weekend

„Wir üben meist auf der Bühne“

InterroBang, ein Schweizer Duo, will mit Poetry-Slam und Kabarett Südtirol erobern. Die beiden Kunstschaffenden sind nicht verwandt, aber (fast) Freude. Ein Interview.
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Foto: Interrobang

InterroBang, im Deutschen auch als „Fragerufzeichen“ bekannt, ist erstens ein Satzzeichen, das selten bis nie benutzt wird und zweitens der Künstlername zweier Schweizer: Valerio Moser und Manuel Diener. Die beiden präsentieren Anfang Februar in Brixen ihr Stück „Im Garten reden“ und wollen dabei mit Sprachwitz und Körpereinsatz maßlos untertreiben. salto.bz. hat einen der beiden Künstler getroffen.

salto.bz.: Hallo Valerio. Normalerweise gibt’s euch im Doppelpack. Bist du der Manager, der sich den Interviews stellen muss?

Valerio Moser: Nein, ich bin nicht der Manager. Unsere Managerin heißt Anja und sie organisiert meist alles. Wir beide sind nur Kunstschaffende. Manuel hat gerade etwas viel um die Ohren und kann aus diesem Grund nicht dabei sein. Aber bei unserem Projekt sind wir natürlich gleichberechtigt. (lacht)

Kurzer Geschichtsunterricht. Wie hat das alles angefangen? Woher kennt ihr euch, was hat euch zusammengeführt?

Kennengelernt haben wir uns 2008 – bei einem Förderprogramm für junge Schreibende. Ich hatte damals schon etwas Erfahrung mit Poetry-Slam. Als Manuel fünf Jahre später auch mit dem Slamen begonnen hat, haben wir uns nochmals getroffen und beschlossen, dieses Team zu gründen. Bald haben wir dann bei Team-Poetry-Slams teilgenommen und unsere ersten Schritte als Team gewagt. Das Jahr 2012 kann als unsere Geburtsstunde datiert werden, weil wir damals zusammen an den Schweizer Poetry-Slam Meisterschaften teilgenommen haben. In den laufenden Jahren haben wir immer wieder an Wettbewerben teilgenommen und auch einige gewonnen. Im Jahr 2015 kam unser erstes Stück „Schweiz ist geil“ auf den Markt und im Sommer 2018 hatten wir Premiere mit unserem zweiten Stück „Im Garten reden“.
 


Was ist euer Beruf?

Ich bin seit fünf, sechs Jahren Vollzeit Kunstschaffender. Ich lebe von meinen Auftritten, ziehe auch alleine „um die Welt“, eben nicht nur mit InterroBang, und verdiene so mein Geld. Manuel ist auch professionell als Kunstschaffender unterwegs. Hat aber eine niederprozentige Stelle beim Schweizer Fernsehen. Wir leben eigentlich beide von der Kunst.

Habt ihr studiert?

Manuel hat Germanistik studiert und Philosophie im Nebenfach. Aber da bin ich mir jetzt nicht sicher (lacht). Ich habe Soziokulturelle Animation studiert. Das ist so ein Studiengang, der mich dann zum Jugendarbeiter gemacht hat. Es ging darum, Menschen in ihrer Freizeit zu animieren. Manuel kann die Sprache – und ich bin einfach auch da.

Wo seid ihr zuhause? Wo ist eure Heimat?

Manuel wohnt in Zürich und hat glaube ich Wurzeln in Lichtenstein. Ich wohne im Langental, in der Nähe von Zürich und habe tatsächlich Wurzeln in Südtirol. Meine Großmutter kommt aus Südtirol – ja, ich glaube sie hat in diesem Dorf gelebt, wo dann der Stausee hinkam und die Kirche da noch raus lugt.

Seid ihr verwandt? Also Manuel und du?

Nein, wir sind aber schon fast Freunde. (lacht)
 

Als Duo oder als Gruppe erschafft man immer Sachen, die alleine gar nicht möglich wären.


Ihr tretet auch beide alleine auf. Wann seid ihr aber mutiger? Alleine oder zu zweit? Traut man sich mehr, wenn man zu zweit auf der Bühne steht?

Das ist sehr spannend. Manuel und ich, wir schreiben auf ganz unterschiedliche Weise. Und wenn wir für InterroBang unsere Texte schreiben, passiert es immer wieder, dass wir aneinander geraten. Weil seine Vorgehensweise sich mit meiner beißt und umgekehrt. Aber aus diesen Auseinandersetzungen und kleinen Konflikten entsteht dann etwas, das alleine sicherlich nicht entstehen würde. Und das sag ich immer: Als Duo oder als Gruppe erschafft man immer Sachen, die alleine gar nicht möglich wären. Also ein bisschen mutiger würde ich schon sagen. Wir sind schon sehr experimentierfreudig gemeinsam. Und was sicher auch anzumerken ist: die Texte sind diskutierter. Wenn man alleine schreibt, hat man am Ende einen Text, der für einen selbst gut geht. Aber wenn man als Duo schreibt, dann diskutiert man jeden Satz, ja fast jedes Wort zusammen durch. Der Prozess ist dabei langwieriger und anstrengender. Aber dafür entsteht am Ende sicher auch etwas, das beständiger ist.

Wie kann man sich euer Künstlerdasein vorstellen: Wie lange, wie oft seid ihr auf Tour? Wie viele Auftritte habt ihr?

Ich weiß nicht, ob die letzten zwei Jahre sonderlich repräsentativ waren – ist einfach ein bisschen schwierig in Pandemiezeiten. Aber wir hatten jeden Monat so ca. ein bis zwei Auftritte mit unserem Programm. Und dazu eben auch noch Slam-Auftritte, wo dann zwei, drei Auftritte dazukamen. Wir hatten schon eine relative Regelmäßigkeit an Auftritten.
 


Ihr sprecht bei einigen Passagen auch synchron. Wie probt ihr das?

Das ist schwierig zu sagen. Es gibt Textstellen, die fließen einfach besser. Wenn ein Teil z.B. gerappt wird, dann ergibt sich die eine Zeile aus der vorherigen, man hat dann einen gewissen Rhythmus in der Sprache und außerdem sind diese Texte viel einfacher auswendig zu lernen. Das Proben ist bei uns zugegeben nicht mehr eine so große Sache. Weil wir die Texte einfach schon so oft durchdiskutiert haben. Wir üben dann meistens auf der Bühne. Und bald geht das dann irgendwie.

Ihr setzt bei der Performance auch eure Körper ein. Habt ihr da dieselben Vorstellungen, was ihr machen wollt? Oder sagt nach einem Auftritt der eine Partner zum anderen: „ Na, aber so bitte nicht?“

(lacht) Also wir diskutieren meist so: „ Was für Bewegungen machst du da und da“. Ich kann jetzt nur von mir sprechen, aber mir geht es manchmal so, dass erst, wenn ich eine Videoaufnahme sehe, was der Manuel neben mir macht, diese Performance von ihm zum ersten Mal sehe. Und er hat dann immer eine ganz andere Körperspannung als ich. Da denke ich mir dann immer, dass ich mich auch ein wenig anpassen könnte. Aber wir lassen uns gegenseitig viel Freiraum.

Zum aktuellen Stück: Was ist der Inhalt, was bespricht‘s?

Vielleicht fange ich hier an: Wir geben beide Workshops für Kreatives Schreiben. Und wir haben dann irgendwann bemerkt, dass es grundsätzlich viele Workshops gibt, wo Menschen Dinge verkaufen wollen wie z.B. „wir zeigen dir wie du in fünf Schritten zu einem besseren Menschen wirst“ usw. Und wir haben uns dann mit diesem Format beschäftigt. In unserem Stück begeben wir uns in einen fiktiven Workshop, in dem wir unser Können für Kreatives Schreiben verkaufen – natürlich humoristisch, wir nehmen das ein wenig auf die Schippe. Unser Schreiben wird zum Marktobjekt.  

Der Humor, die Unterhaltung steht also im Vordergrund.

Ja, das Stück bespricht keinen großen politischen Diskurs oder so. Es geht mehr um die Kreativität, wo findet man die eigene Kreativität und so weiter. Vielleicht einfach ein wenig Selbstreflexion.