billige(re) Lehrlinge
Morgen Mittwoch, den 1. März 2017 tritt das neue Lehringsgesetz des Landes Südtirol in Kraft. Eine einschneidende Maßnahme daraus ist die Kürzung der Entlohnung für Lehroinge um bemerkenswerte 10%. Bereits seit etlichen Jahren gibt es enorme Rückgänge bei den Lehringszahlen; immer weniger Jugendliche wählen diesen Weg und bevorzugen stattdessen lieber eine Fachschule an einer Berufsschule oder eine Oberschule. Der Gund dafür: die Lehlinge sind zu teuer, sie werden von den Unternehmern nicht mehr angestellt. Das zumindest behaupten die beiden Wirtschaftsverbände, Handel- und Dienstleistungsverband HDS und Handwerkerverband LVH, unisono. Der dritte große Verband, der Unternehmerverband UVS, stimmt dem so nicht zu - dazu weiter unten.
Dass die Kosten für Arbeitskräfte bei Wirtschaftlern generell als zu hoch angesehen werden, ist bisweilen hinlänglich bekannt, wobei das Argument als solches durchaus berechtigt sein kann. Schaut man sich die Situation bei den Lehrlingen etwas genauer an, so könnte man unter Umständen doch etwas verwundert sein.
Die Einstiegs-Entlohnung eines Lehrlings (Handwerk) betrug bisher ca. 670€ brutto monatlich - davon übrig bleiben nach neuer Regelung noch etwa 595€. Ein bescheidener Betrag, möchte man meinen, zumal Lehrlinge auch 40 Wochenstunden zu leisten haben. Dazu kommt, dass den Arbeitgebern keine Kosten für die Sozialabgaben entstehen, von diesen sind sie befreit, die Lehrlinge in den Landesberufschulen ausgebildet werden und letztere auch einen relevanten Teil der Sicherheitskurse übernehemn und bezahlen. Trotzdem kamen HDS und LVH zum Schluss, dass die Kosten noch immer zu hoch waren. Somit kann man die durchaus provokante Frage stellen, wie gut es um die Wirtschaft im Lande bestellt ist, wenn 100€ pro Monat entscheiden, ob ein Lehring zu teuer ist?
Somit kann man die durchaus provokante Frage stellen, wie gut es um die Wirtschaft im Lande bestellt ist, wenn 100€ pro Monat entscheiden, ob ein Lehring zu teuer ist?
Die Aktion wonach Lehrlinge, die einen Jahresnotenschnitt von über 7,5 erreichen, eine 10%ige Lohnerhöhung erhalten, kann getrost als niedliche Feigenblattaktion bezeichnet werden, welche sich, diese Wette gilt, in der Gesamtkürzungbilanz nicht sonderlich auswirken wird. Das Ziel die Kosten um 10% zu kürzen wird bis auf einige Kommastellen erreicht werden.
Man könnte nun durchaus achselzuckend davon ausgehen, dass sich hier nunmal der Stärkere durchgesetzt habe - die Verbände wären einfach mächtiger gewesen und hätte ihr Interesse gegenüber den Gewerkschaften durchsetzen können. Doch weit gefehlt - Tony Tschenett vom ASGB äußert sich positiv und sieht darin einen guten Kompromiss. Das muss man erst mal wirken lassen: eine Gewerkschaft, die, man möchte davon ausgehen, üblicherweise die Interessen der Arbeitnehmer vertritt, stimmt einer 10%igen Lohnkürzung zu. Dies dürfte ein einmaliger Vorgang in einer gesunden und fuktionierenden Arbeitswelt sein.
Die Gewerkschaft stimmt einer 10%igen Lohnkürzung zu. Dies dürfte ein einmaliger Vorgang in einer gesunden und fuktionierenden Arbeitswelt sein.
Die Außenwirkung ist fatal: was hängen bleibt, ist die Ansicht, dass Lehrlinge trotz der Unterstützung seitens der öffentlichen Hand in Form von Übernahme der Sozialabgaben, sowie der Ausbildung und teilweisen Durchführung der Sicherheitskurse zu teuer sind. Billiglohnkräfte werden gesucht. Werden jetzt mehr Arbeitgeber Lehrlingsstellen ausschreiben, weil sie 100€ pro Monat weniger kosten? Und wer wird sich dann bewerben? Würden sie einem Jungendlichen raten in die Lehre zu gehen, wenn die diese Botschaft hören?
Übringes: Lehrlinge im Industriebereich sind von der Kürzung ausgenommen. Der Unternehmerverband scheint eine andere Strategie zu verfolgen. In diesem Bereich sind die Lehrlingszahlen dann auch im Steigen begriffen.