Economy | Landwirtschaft

„Ein bissl Bio geht nicht“

Was Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler vorhat, geht den Bioverbänden auf lange Sicht gegen den Strich: Warum sie sich nun gegen „halbe“ Bio-Betriebe stark machen.
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Foto: SBB

Der Bio-Boom beschert den Verbänden für ökologische Landwirtschaft einen Auftrieb, von dem sie in ihren Pionierzeiten wohl nicht zu träumen gewagt hatten. 800 Verbandsbiobauern und 180 gesamtumgestellte EU-Bio-Bauern gibt es mittlerweile in Südtirol. Doch der Erfolg bringt auch neue Herausforderungen mit sich, zeigt das aktuelle Vorpreschen des Bioland Verbandes und der Arge für Biodynamische Landwirtschaft. "Wer A sagt, muss auch irgendwann mal B sagen" meinen ihre Obmänner Toni Riegler und Andreas Dichristin. „Wir Bio-Verbände stehen für einen klaren und qualitativ hochwertigen Biolandbau und wir möchten nicht, dass unsere historisch gewachsenen strengen und für den Konsumenten klar erkennbaren Richtlinien zur Gesamtbetriebsumstellung wegen einer Handvoll Bauern aus kurzfristigem Profitdenken abgeschwächt werden."

Worum geht es? Im Wesentlichen um einige konventionelle Vieh- oder Obstbauern, die im Rahmen der Regiokorn-Initiative zusätzlich ein Stück Acker mit Getreide bebauen. Und zwar mit Methoden des ökologischen Anbaus. Schließlich ist biologisches Getreide bei den Abnehmern des regionalen Korns besonders gefragt. Doch biologischer und konventioneller Anbau nebeneinander hat in Südtirol ein klares Ablaufdatum. Fünf Jahre lang hat ein Bauer laut Bio-Landesgesetz ab einer Umstellung Zeit, den gesamten Betrieb auf Bio umzustellen. Geschieht dies nicht, wird dem Betrieb die Bio-Zertifizierung wieder aberkannt.

Ein europaweit einzigartiger Qualitätsstandard, unterstreichen die Bioverbände. Der nun nicht für die Profitinteressen einzelner aufgeweicht werden dürfe. Denn wie Bioland-Obmann Riegler unterstreicht: "Ein bissl Bio geht nicht." Gemischte Betriebe würden Konsumenten nur verunsichern und das Risiko einer Verwässerung der Qualitätsstandards oder auch eines handfesten Skandals erhöhen. „Uns ist deshalb wichtig, dass es spätestens nach fünf Jahren eine klare Entscheidung dafür oder dagegen gibt.“ Bei den Bioverbänden selbst ist schließlich eine Umstellungszeit von nur drei Jahren vorgesehen.

Markttechnisch ist eine Gesamtbetriebsumstellung laut dem Bioland-Obmann in jedem Fall kein Nachteil. „Schließlich gibt es auch nach anderen Bio-Produkten wie Milch eine rege Nachfrage. Und wir sind heute beratungsmäßig so aufgestellt, dass wir jeglichen Betriebszweig auf eine biologische Wirtschaftsweise umzustellen können“, sagt Toni Riegler. Der Bioland-Obmann hat auch nichts dagegen, wenn dies vor allem aus ökonomischen Gründen geschieht. „Wie jeder andere müssen wir Bauern von unserem Beruf schließlich auch leben können“, sagt er. Wesentlich sei aber, dass die Spielregeln, sprich die Ansprüche an die Produktqualität, respektiert werden.

"Bislang sind von Schulers Betrieb - abgesehen von der Ankündigung - noch keine offiziellen Schritte in Richtung Umstellung gesetzt worden.“

In diese Richtung gibt es aber nicht das erste Mal Versuche, die Schraube  nach unten zu drehen. Das lange Ringen zwischen den Standards EU-Bio und Verbands-Bio konnte beim Biokonzept des Bauernbundes letztendlich zugunsten der strengeren zweiten Variante entschieden werden. „Auch wenn die Diskussionen immer noch nicht ganz aufgehört haben“, wie Riegler meint. Über eine Aufweichung der Fünf-Jahres-Regel im Bio-Landesgesetz werde nun ebenfalls immer öfters gesprochen. Deshalb ist es den Verbänden wichtig, schon vor möglichen konkreten Handlungen ihr „Njet“ vorzubringen. Denn selbst wenn es nun um eine Handvoll Betriebe geht – angesichts des ehrgeizigen Ziels, die Bioflächen in Südtirol bis 2025 zu verdoppeln, gelte es den Anfängen zu wehren.

Und so vielleicht auch zu verhindern, dass Südtirols prominentester Umsteller, also Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler, seine angekündigte Bio-Umstellung für immer auf ein Vorzeigestück beschränkt? „Beim Landesrat würde der Fall ohnehin anders liegen“, antwortet Riegler. Denn Arnold Schuler habe seinen Betrieb geteilt und sein Sohn gedenke auf Bio umzustellen. „Wenn die Betriebe getrennt sind, ist man auch nach 5 Jahren zumindest rein rechtlich in Ordnung“, sagt der Bioland-Obmann. Und außerdem: „Bislang sind von Schulers Betrieb - abgesehen von der Ankündigung - noch keine offiziellen Schritte in Richtung Umstellung gesetzt worden.“