Politics | Tirol
Premiere der Impfgegner
Foto: MFG
Der Name ist Programm. „Menschen, Freiheit, Grundrechte“ abgekürzt MFG heißt die neue politische Bewegung der Impfgegner und -skeptiker in Österreich. Am Sonntag trat die MFG zum ersten Mal bei den Gemeinderatswahlen in Nordtirol an.
Die Impfgegnerpartei kandidierte in 51 Gemeinden und schickte insgesamt 22 Bürgermeisterkandidatinnen oder -kandidaten ins Rennen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Immerhin schafften die MFG den Einzug in 21 Gemeinderäte.
Die absolute Hochburg der Impfgegner ist dabei die Gemeinde Mariastein im Bezirk Kufstein. Dort kommt die MFG auf 27,8 Prozent der Stimmen und erhielt damit drei von insgesamt elf Sitzen im Gemeinderat. Auch in Kufstein schaffte MFG 11,5 Prozent der Stimmen und zwei Mandate. Fast hätte man damit die Grünen (11,9 Prozent) vom zweiten Platz in Kufstein verdrängt. Auch in Jenbach (2 Sitze) und in Schwaz wird die Impfgegnerpartei in Zukunft im Gemeinderat sitzen.
Die Wahlen
Am Sonntag waren in Tirol 505.752 Bürgerinnen und Bürger zur Wahl aufgerufen. In 273 Gemeinden standen insgesamt 861 Listen und 562 Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten zur Wahl. In 40 Gemeinden stand nur eine Liste auf dem Stimmzettel, in 113 Ortschaften trat lediglich eine Bürgermeisterkandidatin oder ein -kandidat an.
Die Wahlbeteiligung lag bei 66,3 Prozent und war damit deutlich geringer als bei den letzten Gemeindewahlen 2016 (71 Prozent)
Keine Wahlen fanden am Sonntag in der Landeshauptstadt Innsbruck statt. Dort wird der neue Stadtrat erst 2024 bestimmt.
Platters Heimniederlage
Es ist sehr schwer zu definieren, wie die ÖVP abgeschnitten hat. Der einfache Grund: Die Tiroler Regierungspartei trat fast nirgends unter dem Namen „Volkspartei“ an, sondern überall mit eigenen Kommunal- und Bürgerlisten.
Noch am Wahlabend erklärte Landeshauptmann Günther Platter: „Ich bin mit den heutigen Gemeinderatswahlen sehr zufrieden. Es hat sich gezeigt, dass wir als Tiroler Volkspartei unser hohes Niveau halten und teilweise dazugewinnen konnten und die Tiroler Bürgermeisterpartei sind. Insbesondere freuen mich die Ergebnisse in Schönwies und Mils bei Imst, wo wir nach teilweise langer Zeit die Bürgermeistersessel von anderen Parteien zurückgewonnen haben.“
Die Beispiele, die Platter genannt hat, machen deutlich wie klein die Brötchen sind, die die Tiroler ÖVP inzwischen backt. Die Gemeinde Schönwies hat 1.378 Wahlberechtigten und wurde in den vergangenen 40 Jahren von einem SPÖ-Bürgermeister regiert. Die Eroberung des Bürgermeistersessels feiert jetzt die ÖVP als großen Sieg. Auch Mils ist nur ein kleines Trostpflaster.
Denn ausgerechnet in seiner Heimatgemeinde musste Günther Platter eine herbe Niederlage einstecken. In Zams, wo Platter elf Jahre lang Bürgermeister war, eroberte der SPÖ-Kandidat und Landtagsabgeordnete Benedikt Lentsch mit seiner Liste (50,9 Prozent) das Bürgermeisteramt.
Denn ausgerechnet in seiner Heimatgemeinde musste Günther Platter eine herbe Niederlage einstecken. In Zams, wo Platter elf Jahre lang Bürgermeister war, eroberte der SPÖ-Kandidat und Landtagsabgeordnete Benedikt Lentsch mit seiner Liste (50,9 Prozent) das Bürgermeisteramt.
Gleichzeitig konnte Platters parteiinterner Gegner Christoph Walser, dem man konkrete Ambitionen nachsagt, Günther Platters als Landeshauptmann ablösen zu wollen, seine Ausgangsposition verbessern. Walser schaffte mit 69,4 Prozent die Bestätigung als Bürgermeister und seine Liste mit 49,9 Prozent der Stimmen einen klaren Wahlsieg.
Sonne und Schatten
Die Tiroler SPÖ vollführt an diesem Sonntag einen Spagat zwischen Erfolgen und Niederlagen.
Tirols SPÖ-Vorsitzender Georg Dornauer erreichte sein persönliches Wahlziel. Er wurde in Sellrain ohne Gegenkandidaten als Bürgermeister bestätigt und schaffte mit 67,2 Prozent der Stimmen auch eine die Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat.
Auch sein Vorgänger als Tiroler SPÖ-Chef, Ingo Mayr, konnte sich in Roppen konnte als Bürgermeister behaupte. Mayrs Liste erreichte 40,7 Prozent.
Die eindeutig wichtigste Bestätigung holten sich die Tiroler Sozialdemokraten aber in Osttirol. In Lienz behauptete sich SPÖ-Bürgermeisterin Elisabeth Blanik klar. Sie schaffte 54 Prozent der Stimmen. Mit ihrer Liste holte sie zudem zehn Mandate im Stadtrat.
Eine Niederlage setzte es für die SPÖ hingegen in Wörgl. Dort setzte sich die ÖVP im ersten Wahlgang durch und die amtierende SPÖ-Bürgermeisterin Hedi Wechner muss am 13. März in die Stichwahl.
„Wir haben heute in vielen Tiroler Gemeinden mit unseren Kandidatinnen und Kandidaten überzeugt“, zeigte sich SPÖ-Chef Georg Dornauer am Sonntag erfreut.
Statisten & das Kitzloch
Die Grünen spielten bei diesen Kommunalwahlen nur eine Statistenrolle. Das erklärte Wahlziel waren 80 Mandate, bisher hielten sie bei 73. Nur in der Gemeinde Fieberbrunn gelang es den Grünen, mit 30,6 Prozent die meisten Stimmen zu holen.
Besonders kurios war die Wahl aber in Ischgl. Dort waren 43 Prozent der Stimmen der Bürgermeisterdirektwahl ungültig. Es ist ein klares Zeichen des Protestes. Zwar wurde der ÖVP-Bürgermeister Werner Kurz, der ohne Gegenkandidaten antrat, im Amt bestätigt, doch im Gemeinderat hat die Liste „B'Sinna“ die Mehrheit (53,3 Prozent). Auf dieser Liste schaffte als Zweitgewählter auch Bernhard Zangerl, der Wirt des in der Corona-Pandemie berühmt berüchtigten Kitzlochs, den Einzug in den Gemeinderat.
Auch in Sölden wurde der amtierende ÖVP-Bürgermeister Ernst Schöpf bestätigt. Schöpf ist seit 1986 im Amt und damit Tirols dienstältester Bürgermeister.
Auch der erste NEOS-Bürgermeister Österreichs ist Geschichte. Markus Moser konnte bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Mils bei Imst lediglich 49,44 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Denkbar knapp durchgesetzt, hat sich am Sonntag der ÖVP-nahe Bernhard Schöpf mit 50,56 Prozent der Stimmen.
Die Stichwahlen
Laut dem Tiroler Wahlrecht muss ein Bürgermeister im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit schaffen. Also mehr als 50 Prozent der Stimmen. Ansonsten kommt es zwischen den beiden Erstplatzierten in zwei Wochen zu einer Stichwahl. Das ist am 13 März in insgesamt 31 Gemeinden der Fall.
Knapp an einer Stichwahl vorbei schrammte der ÖVP-Bürgermeister von Telfs Christian Härting. Er kam auf 50,38 Prozent. Unter 50 Prozent wäre es in die zweite Runde gegangen.
Zur Stichwahl kommt es hingegen in Imst wo Bürgermeister Stefan Weirather (45,31 %) gegen Andrea Jäger (16,21%), in Hall in Tirol, wo der ÖVP-Spitzenkandidat Werner Hackl (30,99%) gegen Christian Margreiter (29,33%) antreten muss und auch in Wattens, wo sich der Herausforderer Lukas Schmied (Bürgerliste) mit 33 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang gegen den amtierenden Bürgermeister Thomas Oberbeirsteiner mit 27,6 Prozent der Stimmen durchsetze. Auch in Kufstein wird es in zwei Wochen ein Stechen um das Bürgermeisteramt zwischen dem parteifreien Amtsinhaber Martin Krumschnabel (45,51%) und der NEOS-Kandidatin Birgit Obermüller (11,21%) geben.
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