Society | Abstimmung in Rom

Frauen ohne Lobby

UPDATE: Am Nachmittag wurde in Rom die Ratifizierung der EU-Konvention gegen Gewalt an Frauen einstimmig beschlossen. Am Montag wurde darüber diskutiert – vor überwiegend leeren Rängen. Auch die Frauen sind der Debatte großteils fern geblieben.
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Foto: Unternehmerverband

Am Dienstag war die Aula im Montecitorio gut gefüllt: 545 von 545 anwesenden Kammerabgeordneten stimmten am Nachmittag für die Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention gegen die Gewalt an Frauen und für die Gleichstellung beider Geschlechter. Einziger Wehrmutstropfen: Laut dem Grünen Abgeordneten Florian Kronbichler kostet dieses Ja, den Steuerzahler mehr als 157.000 Euro.

Florian Kronbicher war auch bei der Debatte am Montag dabei. Und er sagt, dass er stolz darauf ist, auch oder gerade weil die Aula geradezu verweist gewirkt habe. Es ging um ein Thema, das aktuell viel Raum in den Medien findet, aber in der Politik offenbar keine Lobby hat. Eine Konvention des Europa Rates gegen Gewalt an Frauen wurde behandelt, die sogenannte Istanbul Konvention. Sie wurde 2011 ausgearbeitet und von 13 Staaten unterzeichnet. Darunter neben Deutschland, Frankreich und Österreich auch die Türkei. In Italien soll nun die Ratifizierung folgen, am Montag wurde im Parlament darüber diskutiert, am Dienstag wurde soll abgestimmt.

Die Konvention schreibt vor, dass die Gleichstellung der Geschlechter Verfassungsrang erhält und sämtliche diskriminierenden Vorschriften abzuschaffen sind. Außerdem sollen Hilfsangebote für Frauen (wie Frauenhäuser und Rechtsberatung) verbessert und die Bevölkerung über Bildungsangebote für das Problem der gewalt gegen Frauen sensibilisiert werden. Zudem verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, offensiv gegen Zwangsehen vorzugehen. Ein Thema, das im politischen Rom offenbar kaum jemand hinter dem Ofen vorlockt. Florian Kronbichler bedauert, dass auch die Frauen, die mittlerweile ungefähr ein Drittel der Parlamnetarier stellen, sich offenbar wenig für das Thema interessieren und ebenfalls mit Abwesenheit glänzten.

Alessandra Merla, Koordinatorin des Südtiroler „Netwerks gegen Gewalt an Frauen“, räumt ein, dass Frauen keine Lobby in der Politik haben und dass man sich selbst auch wesentlich stärker um die tägliche Arbeit mit den Frauen kümmert, als darum, politische Kontakte zu pflegen. Über die Bozner Stadträtin für Chancengleichheit, Patrizia Trincanato, hat man einen guten Draht zur Stadtpolitik, man sitzt im Landesbeirat für Chancengleichheit, aber bis nach Rom reicht der Arm offenbar nicht. Immerhin durfte Patrizia Trincanoto das Südtiroler Frauennetzwerk in der vergangenen Woche in Rom der neuen Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, vorstellen. Anlass war eine Konferenz gegen Gewalt an Frauen und Boldrini hat sich seit je her gegen Gewalt an Frauen stark gemacht, zuletzt unter anderem auch in einem Artikel in der Tageszeitung Repubblica. Heute nun wird im Parlament abgestimmt – sofern genügend Parlamentarier anwesend sind und Beschlussfähigkeit erreicht wird.

Liveübertragung der Abstimmung im Parlament: http://www.raiparlamento.rai.it/