Environment | What could a Farm be

Fragt der Mensch die Natur...

Design und Umwelt gehen im Forschungsprojekt „What could a Farm be?“ der Fakultät für Design und Kunst (Freie Universität Bozen) Hand in Hand.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Biodiversity
Foto: Alastair Fuad-Luke

Das Projekt will den Menschen in seiner Umwelt neu positionieren.

 

Fragen über Fragen über Fragen. Alastair Fuad-Lukes Kopf muss voll von Fragezeichen sein. Sein aktuelles Forschungsprojekt fragt „What could a Farm be?“ (WCAFB). Das Ziel des Projekts ist eine Frage: Wie kann der Mensch im Umfeld von Tieren und Pflanzen neu positioniert werden? Und ein erster Workshop im Rahmen des Projekts thematisierte „(Bio)Diversity?“.

 

Eins nach dem anderen.

 

WCAFB sucht nach unentdecktem Potential und ungenutzten Räumen auf Bauernhöfen. Hauptsächlich geht es darum, einen Bauernhof aus anderen Augen zu sehen. Anders als etwa der Farmer, will sich Fuad–Luke auf einem Bauernhof überraschen lassen und sucht ungenutzte Potentiale. Läuft der Wissenschaftler über eine Farm, nimmt er als erstes die lebendige Luft wahr, in der Schmetterlinge und Fliegen, Bienen und Mücken umherschwirren: Die Luft würde eine tolle Filmkulisse abgeben. Oder er zupft ein paar Heuhalme aus der frisch gemähten Wiese, um ein dichtes Seil zu flechten: Das Material kann für mehr als für Futter verwendet werden.

 

Mithilfe von Design will der Professor der Fakultät für Design und Kunst der Freien Universität Bozen das unvollendete Potential und die ungenutzten Räume auf Bauernhöfen sichtbar machen. Deshalb rief er im Frühjahr diesen Jahres WCAFB ins Leben. Das Projekt besteht unter anderem aus mehreren Workshops und einer Netzwerk–Plattform. Beide Elemente dienen dazu, Experten und Laien aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen, um über die Farm der Zukunft zu diskutieren.

 

 

Ein erster Workshop behandelte das Thema „(Bio)Diversity?“. Absichtlich beinhaltet der Titel eine Klammer und ein Fragezeichen. Denn keineswegs steht fest, was unter Diversität zu verstehen ist. Auch hier gilt es, verschiedene Blickwinkel mit einzubeziehen. Neben Bio-Diversität, die Lebewesen wie Pflanzen und Tiere umfasst, gehören Anthro- und Agro-Diversität dazu. Anthro-Diversität etwa meint sprachliche und kulturelle Vielfalt, während Agro-Diversität sich auf landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten bezieht. Im besten Fall spielen alle drei Diversitäten zusammen als reiche und bunte Multi–Arten–Diversität. Jedoch bietet das Gegenteil dieser Artenvielfalt den Anlass für WCAFB und für den ersten Workshop. Zum einen nimmt die Artenvielfalt seit einem Jahrhundert kontinuierlich ab. Anstelle von vormals 408 verschiedenen Tomatensorten gibt es heutzutage nur noch 79. Ähnlich drastisch abgenommen hat die Saatenvielfalt von Sorten wie Lauch, Roter Beete oder Kürbissen. Die Saatenvielfalt hängt eng zusammen mit der sprachlichen Vielfalt. Je mehr verschiedene einheimische Völker in Regionen der Erde existieren, desto größer auch die landschaftliche Vielfalt. Dementsprechend schließt sich der Kreis: Je mehr die Natur hergibt, desto besser kann der Mensch sie landwirtschaftlich nutzen. Während dieser Kreislauf in Teilen Schwarzafrikas und Lateinamerikas noch funktioniert, gleicht er in westlichen Industrieländern eher einem Teufelskreis.

 

 

Deshalb sollen mit WCFAB verschiedene Perspektiven vereint werden. Während des Workshops tauschten sich etwa Bauern, Designer und Künstler, Techniker, Soziologen und Wirtschafswissenschaftler über die Biodiversitätskrise aus. Zwar ist es laut Fuad–Luke noch zu früh, um von handfesten Ergebnissen zu sprechen. Erste Ideen wurden aber bereits entwickelt. Zum Beispiel könnten weniger komplexe, erleichterte bürokratische Prozesse helfen, aus industriellen Betrieben Bio–Höfe zu machen. Aktuell sind nur drei Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Südtirol Bio–Bauernhöfe. Oder Gesetze zum Schutz gefährdeter Arten, wie in England umgesetzt, könnten für mehr Insektenhotels und Fledermauskästen auf Dächern sorgen.

 

 

Daneben seien vor allem kleine, einzelne Schritte wichtig. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind nicht das Hauptziel des Wissenschaftlers. Sondern er möchte Menschen dazu anregen, viele kleine Mini–Utopias zu schaffen, die zusammen neue Lebensräume schaffen und Perspektiven eröffnen. Fuad–Luke wünscht sich, dass mehr Menschen sich fragen, ob und wie sie ein Zuhause für ein Lebewesen bieten könnten.

 

Detaillierte Informationen und Veranstaltungstermine von „What a Farm could be“ unter https://diversescape.wordpress.com/.