Society | Biodiversität

„Sich einlassen können“

Wilhelm Gasser vom Santerhof in Mühlbach gehört zu den Bio-Pionieren im Land und war mit dabei, am Sonntag, 4.10. beim Biologischen Erntefest BiofestA in Brixen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Bioland Südtirol

Wilhelm Gasser vom Santerhof in Mühlbach gehört zu den Bio-Pionieren im Land und nimmt seit einigen Jahren am Biologischen Erntefest im Eisacktal teil; dieses wurde bereits zum 35. Mal abgehalten, seit zwei Jahren unter dem neuen Namen BiofestA in der Brixner Innenstadt, am Sonntag, 4. Oktober, von 10 bis 17 Uhr am Großen Graben und am Maria-Hueber-Platz.

 

Die BiofestA, das Biologische Erntefest im Eisacktal, ist mit seinen 35 Jahren wahrscheinlich die älteste Bio-Veranstaltung im Land, kannst du dich an die Anfänge erinnern, Willi?

Ich bin vor 30 Jahren zum erstenmal mit dabei gewesen. Einer der Initiatoren von Bioland Südtirol, der nunmehr leider verstorbene Terlaner Biobauer Josef Mayr Larch hat mich dazugeholt. So habe ich aus dem Lieferwagen heraus sein Obst und Gemüse verkauft, das war mein erstes Kennenlernen. Dann ist das Erntefest zum regelmäßigen und lieben Treffpunkt von Freunden und Kollegen mit ähnlich „alternativer“ Einstellung geworden, denn damals war man als Biobauer noch ein Exot, eben alternativ.  Richtig gegründet wurde das Erntefest ja vom Bund Alternativer Anbauer, also von Kröss Sepp aus Algund und Karl Greis.

Wie hat sich denn die Klientel der BiofestA im Lauf der Zeit verändert?

Nun, wie schon gesagt, ist es jetzt sicherlich nicht mehr nur der Treff einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter, sondern richtet sich an ein breites Publikum. Wo wir früher fast nur Äpfel, Kartoffeln, Getreide, Gemüse und Säfte hatten, gibt es heute eine viel größere Auswahl an Bioprodukten. Vom Publikum gar nicht zu reden, da hat sich schon sehr viel getan, das Interesse für Bio geht querbeet durch alle Schichten. Und der neue Standort mitten in der Brixner Innenstadt kommt uns auch entgegen. Ganz zu Beginn waren wir auf der Sportplatzwiese in Kloster Neustift, doch weil das Kloster den Sonntagstrubel nicht mehr wollte – wobei wir waren einmal im Jahr dort – zogen wir in den Innenhof des Vinzentinums.

Der Santerhof nimmt nun mit welchen Produkten an der BiofestA teil?

Wir sind ein Mischbetrieb, biologisch organisch seit 1991, und haben uns auf Wein spezialisiert. Aber wir  verkaufen auch unser Obst, die Säfte aus Äpfel und Trauben, sowie Quitten und Birnen.

 

 

Du bist also ein Biopionier, bzw. Mitbegründer des Bioland Verbandes Südtirol?

Ganz genau, im nächsten Jahr feiert der Verband 30 Jahre und ich selbst ebenfalls am Santerhof. Mir ging es immer um die Begeisterung und die Sache an und für sich, die Biolandwirtschaft bietet so viele Möglichkeiten, auch zum Experimentieren und ich habe das Glück, sie alle an meinem Hof zu leben und nutzen zu können. Wir haben wie gesagt Wein, vor allem PIWI Wein, also pilzwiderstandsfähige Sorten, Weiß und Rot, auch einen Dessertwein keltern wir. Außerdem haben wir zwei wunderbare Schweine, Brigitte und Emil, die zweimal im Jahr werfen und uns und unsere Besucher mit einer entzückenden Schar Ferkel erfreuen; sie leben im Freiluftgehege in Ufernähe, bei uns fließt die Rienz unmittelbar vorbei.

Der Santerhof hat einen unvergleichlichen Standort, wurde aber durch den Bau der Pustertaler Straße arg in Mitleidenschaft gezogen?

Ja, das waren keine leichten Jahre, damals von 1989 bis 1994, als die Straße direkt hinterm Haus vorbeigezogen wurde. Aber auch die Jahre vorher, die Kämpfe und Schwierigkeiten haben uns ganz schön zugesetzt. Jetzt ist viel Wasser die Rienz hinuntergeflossen, wir haben eine stabile und sichere Lärmschutzwand zur Straßenseite hin und genießen unseren Hof zur Flussseite hinaus.

Der Santerhof hat etliche interessante Daten zu bieten, einmal die erste Erwähnung im 16. Jahrhundert als Lehenhof und dann wird er auch noch als nördlichster Weinberg Italiens gepriesen.

Nun, das möchte ich etwas korrigieren, es ist wohl eher die nördlichste Kleinkellerei, in der Trauben gewerblich verarbeitet werden. Weinberge oder Weingärten gibt es sicherlich auch noch in höheren Lagen. Trotzdem kommen gerade unsere Kunden und Besucher auch deswegen vorbei, um sich das mal aus der Nähe anzuschauen.

Willi Gasser weiß wie man für sich wirbt?

Ja sicherlich sind wir dadurch auch attraktiv, viele kommen zu uns wegen des Weines, und speziell um zu sehen, wo unsere Reben stehen bzw. wie wir hier nahe der Mühlbacher Klause arbeiten. Wir haben einen Hofladen und gerne setzen sich die Besucher dann einen Moment in den Schatten am Fluss. Auch die Schweine und die Schafe, die frei herumlaufen, gefallen den Leuten. Sicherlich herrscht am Santerhof eine entspannte Atmosphäre, darauf achten ich und meine Familie sehr.

 

 

Wer gehört denn zu deiner Familie?

Meine Frau und die beiden Kinder, Eva Maria studiert in Innsbruck, hat ihren Lebensmittelpunkt aber immer noch hier am Hof, und Johannes ist im Maturajahr an der Laimburg. Er arbeitet mir gut zu und ist motiviert, man sieht, dass ihm die Arbeit hier Freude bereitet und deswegen freut es mich auch, dass er in Richtung Önologie weiterstudieren will.  Der fachmännische Weinausbau, die Verarbeitung, das bringt nochmal einen Qualitätssprung in unsere Kellereiwirtschaft.

Ist das beruhigend zu wissen, dass der Hof gut weitergeführt wird?

Ja auf jeden Fall und ich kann sagen, dass Johannes gut unterwegs ist, er ist ein Positivdenker, der mit seinen 18 Jahren seine Überzeugungen gut vermitteln kann, das sind jedenfalls geeignete Voraussetzungen, dass es weiterläuft.

Um nochmal auf die PIWI Trauben zurückzukommen, also jene Reben die widerständig gegen Krankheiten sind und somit kaum bis keine Pflanzenschutzmittel brauchen, da müsste doch jeder Weinbauer begeistert mitmachen, warum ist das nicht so?

Es ist wirklich eigenartig, dass sich nicht mehr Winzer für PIWI begeistern und sicherlich gibt es eine Menge Faktoren die hier mitspielen. Eine Anekdote sagt vielleicht mehr: Ein Winzer aus der Bodenseegegend war bei mir zu Besuch und - es fiel mir schwer das zu glauben - aber er hatte noch nie etwas von PIWI gehört. Als Fachmann! Auch er war fassungslos und der Gedanke kam natürlich auf, in welch total verschiedenen Welten Landwirte leben können, naja. Er ist es gewohnt, von seiner Genossenschaft alles Wissenwerte und die Aufgaben im Weinberg angesagt zu bekommen, da ist wahrscheinlich wenig Platz für eigene Initiativen oder Experimente.

Das käme dir nicht in den Sinn, dich auf andere zu verlassen, wenn es um deinen Betrieb, um deinen Hof geht?

Ich sage gerne, ich fühle mich wie ein Kaiser, weil der kann auch tun und lassen wie es ihn freut. Daraus ziehe ich meine Kraft, und kann aus diesem Grund auch so manche Schlappe wegstecken. Die Energie des freien Entscheids ist auf meiner Seite, und ich bin neugierig, ich kann mich auch auf Dinge einlassen. Zum Beispiel als Johannes unbedingt die Schweine anschaffen wollte, war ich nicht so begeistert, doch dann hab ich gesehen, wieviel Leben dadurch am Hof entsteht, und welch gute Dynamik das mit sich bringt.

Danke für's Gespräch!