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Wo ist Evelyn?

Am Frauenmuseum Meran läuft einiges falsch, ist Kurt Duschek überzeugt. Nicht nur, dass der Name der Gründerin verschwunden ist...
Evelyn Ortner
Foto: Kurt Duschek

“Das ist ja fast schon eine Sache für den Rechnungshof.” Kurt Duschek weiß, dass er mit seinen Aussagen provoziert. Aber er macht es bewusst. Denn so, wie im Falle des Frauenmuseums Meran mit öffentlichen Geldern gehandhabt wird, ist für ihn unverständlich. “Jahr für Jahr zahlen wir viel Geld für etwas, das es nicht mehr gibt”, empört sich Duschek. Nicht nur der Fundus des Frauenmuseums scheint im Verschwinden begriffen – auch der Name der Gründerin ist wie vom Erdboden verschluckt. “Das ist mehr als schäbig”, ärgert sich Duschek.

Streitfall Inventar

“Frauenmuseum Evelyn Ortner – Die Frau im Wandel der Zeit”, unter diesem Namen führte der gleichnamige private Verein jahrelang das Museum unter den Meraner Lauben. 2011 siedelte man schließlich auf den Kornplatz um, wo das Frauenmuseum heute noch liegt. Und weiterhin vom selben Verein geführt wird. Gegründet worden war es Ende der 1980er Jahre von der gebürtigen Bregenzerin Evelyn Ortner, die Ende der 1960er Jahre nach Meran gezogen war. Bereits in jungen Jahren legte Ortner den Grundstein für ihre beeindruckende Sammlung an Frauenmode, Accessoires, Alltags- und Beschäftigungsartikel, die sie im Frauenmuseum ausstellte und nach ihrem Tod am 15. Mai 1997 ihren drei Söhnen vermachte. In ihrem Testament hielt Ortner in der Silvesternacht 1992 fest, was mit dem Museum und dem Inventar, das sich heute zur Gänze im Eigentum der Ortners befindet, geschehen sollte: Von dem Museumsbestand dürfe nichts verkauft werden und die “Ideologie meiner Arbeit weitergeführt (…) und im Ganzen erhalten” bleiben. So der letzte Wille von Evelyn Ortner.

Um die Wichtigkeit und den Wert des Inventars, das immerhin Zeugnis von zweihundert Jahren Frauengeschichte gibt, weiß auch Kurt Duschek nur allzu gut. Er ist schließlich der Ex-Ehemann von Evelyn Ortner. “Doch das tut hier nichts zur Sache, ich habe kein persönliches Interesse an dieser Sache”, schickt Duschek voraus. Vielmehr sei er als Gemeinderat daran interessiert, “dass unser Geld gut ausgegeben und der Fortbestand des Frauenmuseums in seiner ursprünglicher Form gesichert wird”, stellt er klar. Doch weder das eine noch das andere sei heute, fast 20 Jahre nach Ortners Tod der Fall, so Duschek. Seinerzeit sei zwischen den drei Erben von Evelyn Ortner und dem Verein “Frauenmuseum Evelyn Ortner” ein Vertrag abgeschlossen worden, in dem festgelegt worden sei, wie das Museum geführt werden solle. “Doch dieser Vertrag wurde vom Frauenmuseum einseitig gekündigt”, berichtet Duschek.

Seither gibt es eine Reihe von ungeklärten Fragen zwischen dem Verein und Ortners Söhnen. Unter anderem in Bezug auf das Eigentum und die Besitzverhältnisse des Inventars. So sei ein Großteil des Fundus’, dessen geschätzter Wert sich laut Duschek immerhin auf einen “oberen sechsstelligen Eurobetrag” beläuft, nicht mehr auffindbar. Nähere Details will der Gemeinderat nicht verraten, nur so viel, dass “hier wohl jemand den Unterschied zwischen Eigentum und Besitz nicht kennt – der Besitzer macht dem Eigentümer sein Eigentum streitig”. Die Geschichte hat sich inzwischen so weit zugespitzt, dass die Ortner-Erben vor wenigen Tagen eine Zivilklage eingereicht haben. “Sie fordern das Inventar zurück und einen Schadenersatz”, weiß Duschek.

Geld ohne Sinn?

Dazu kommt, dass die Gemeinde Meran jährlich um die 80.000 Euro an Miete für die neuen Räumlichkeiten des Frauenmuseums ausgibt. Den Rahmen dafür bildet ein 20-jähriger Mietvertrag, den die Gemeinde mit der Volksbank Meran abgeschlossen hat. Das Gebäude am Kornplatz, das das Frauenmuseum seit fünf Jahren beheimatet, befindet sich im Besitz des Bankhauses. 800 Quadratmeter stehen dem Museum auf zwei Stockwerken zur Verfügung. Zusätzlich zu den Mietkosten, für die die Meraner Steuerzahler aufkommen, erhält der Verein und somit das Museum öffentliche Zuwendungen. “Unter dem Namen ‘Frauenmuseum Ortner Evelyn Meran’ hat der Verein zwischen 2006 und 2015 um finanzielle Beiträge angesucht und Beiträge in der Höhe von knapp 1,75 Millionen Euro erhalten”, hat Kurt Duschek herausgefunden. Sein nüchternes Fazit: “Es werden also öffentliche Gelder an eine private Institution gezahlt, die den Vertrag mit den Erben einseitig gekündigt hat und die nicht mehr den Sinn, den sie einmal gehabt hat, erfüllt.”

Museum ohne Namen

Letzter Beweis dafür, dass das Frauenmuseum nicht mehr das ist, was es einmal war beziehungsweise – ginge es nach Evelyn Ortner – immer noch sein sollte, ist der Umstand, dass der Name der Gründerin aus dem Museumsnamen gestrichen worden ist. Nirgendwo scheint Evelyn Ortners Namen mehr auf, auch auf der Website des Frauenmuseums – keine Spur. Bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats wollte Kurt Duschek Antworten von Bürgermeister Paul Rösch. “Ich bin leicht enttäuscht”, gestand Duschek nach der Sitzung. Rösch habe nur “unbefriedigende und teilweise nicht den Tatsachen entsprechende Antworten” geliefert. Auf Duscheks Nachfrage, warum der Namen der Gründerin aus dem Museumsnamen gestrichen worden sei und wer dies veranlasst habe, habe der Bürgermeister nur ausweichend geantwortet. “Die Erben waren darüber nicht informiert”, weiß Duschek. Doch auch die Gemeindeverwaltung dürfte von der Löschung des Namens nichts gewusst haben, wie aus der Antwort von Bürgermeister Rösch durchklingt: “Das Frauenmuseum ist als privater Verein organisiert und informiert als solcher die Gemeinde nicht über jeden seiner Schritte. Wie der Verein mit Dritten umgeht, ist seine Geschichte.” Zumindest habe Stadträtin Gabriela Strohmer angekündigt, sich bei der Direktion des Frauenmuseums zu informieren, wie es zur Löschung des Namens gekommen sei, berichtet Duschek über die jüngsten Entwicklungen.

Besser nutzen

Doch er selbst will auch nicht untätig bleiben. “Ich bin gerade dabei, einen Beschlussantrag auszuarbeiten, den ich in Kürze dem Gemeinderat vorlegen werde”, erklärt Duschek am Montag Mittag. Darin fordert er unter anderem, dass “das mit öffentlichen Geldern bezuschusste Frauenmuseum (…) wieder den Beinamen der Gründerin Evelyn Ortner erhalten” und die Gemeinde den mit der Volksbank für 20 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag kündigen und “einen neuen, kleineren und kostengünstigeren Sitz, der für das reduzierte Angebot des Frauenmuseums ausreichend ist”, bestimmen soll. Besonders wichtig ist für Duschek allerdings ein dritter Punkt: “Die Hälfte der Räumlichkeiten des Frauenmuseums, das heißt, ein Stockwerk soll anderen Vereinen aus der Kultur-, Sozial- und Jugendarbeit zur Verfügung gestellt werden.” Bei all den Schwierigkeiten, die andere Verein hätten, Räume und Beiträge zu erhalten – “ich denke da etwa an den Ost-West-Club”, sagt Duschek – “kann es nicht sein”, dass andere Vereine das Geld “praktisch nachgeschmissen kriegen”, steht für den Gemeinderat fest. “Denn wenn das so ist”, fügt er in seiner gewohnt provokanten Art hinzu, “dann brauche ich auch ein Museum für Männer”.