Economy | Milchwirtschaft
Schuler stellt Milchhöfe vor die Wahl
Foto: LPA
Eine Frage, die von einem Pusterer Bauern gestellt wurde, betraf die Grünlandfütterung, genauer gesagt, ob zukünftig der Einsatz von Kraftfutter für die Milch liefernden Betriebe noch erlaubt sein wird. Nachdem Südtirol kaum über Getreide- und Maisfelder verfügt, muss ein Großteil des Kraftfutters aus anderen Ländern importiert werden. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 40 Prozent des Grundfutters – je nach Landesteil und Höhenlage – derzeit zugekauft wird. Neben den hohen Strompreisen mit ein Grund, weshalb einige Landwirte in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Deshalb empfehlen Milchhöfe und Politik verstärkt, auf eine Grundfutter basierte Fütterung zu setzen, sprich die Tiere sollen hauptsächlich mit dem Heu und Gras gefüttert werden, das auf dem eigenen Grund und Boden wächst. Unterstützung bei der Steigerung der Grundfutterqualität erhalten die landwirtschaftlichen Betriebe dabei vom Versuchszentrum Laimburg und dem Beratungsring für Berglandwirtschaft BRING.
Im Rahmen der Völlaner Versammlung bestritt Annemarie Kaser, Geschäftsführerin des Sennereiverbandes, dass seitens der Sennereien diesbezügliche Vorgaben ausgearbeitet werden oder dass es Verbote für Kraftfutter geben soll. „Kraftfutterzukauf wird immer in einem bestimmten Maß erforderlich sein, und es ist kein diesbezügliches Verbot in Sicht, weder auf Landes- noch auf staatlicher oder auf EU-Ebene, das wäre auch völlig widersinnig. Die Gründlandfütterung sollte künftig aber vermehrt unterstützt werden“, erklärt Arnold Schuler auf Nachfrage von Salto.bz. Wie der Landesrat für Landwirtschaft erklärt, befinde man sich nämlich in einem Dilemma: Bisher sei es nämlich so gewesen, dass ein Betrieb umso wirtschaftlicher war, je intensiver die Milchproduktion betrieben wurde. Auf der anderen Seite müssen aber sowohl die Gewässerschutzrichtlinien wie auch die Vorgaben der Sennereien zur flächenbezogenen Milchwirtschaft eingehalten werden. Außerdem sollte laut Landesrat Schuler die Realität auch dem entsprechen, was in Werbefilmen über die Südtiroler Landwirtschaft vermittelt wird. Daraus resultiert die Grundsatzfrage, wieviel an Futtermitteln importiert werden soll bzw. ob der Viehbesatz weiter limitiert werden soll. „Wenn wir einen noch höheren Milchpreis erzielen wollen, müssen wir uns noch stärker von den anderen differenzieren. Wir müssen eine Geschichte zu unseren Produkten erzählen, die glaubwürdig ist. Intensivbetriebe passen nicht zu Südtirols Image.“ Der im Vergleich zu anderen Ländern hohe Milchauszahlungspreis der Sennereien hat dazu geführt, dass es für viele Bauern wirtschaftlich interessant war, viel Vieh zu halten. Zwangsweise musste allerdings, um die Milchproduktion zu erhöhen, auch viel Kraftfutter und Grundfutter zugekauft werden, was letztendlich zu den bekannten Schwierigkeiten geführt hat.
Dass die Milchwirtschaft ohne Beiträge der öffentlichen Hand nicht rentabel ist – sofern der Bauer nicht nur einen angemessenen Stundenlohn fordert, sondern auch einen Gewinn aus seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit beziehen möchte, ist sowohl anhand von Berechnungen des Südtiroler Bauernbundes als auch anhand einer Studie der Eurac Research belegt. Demnach setzt sich das Einkommen zu einem Drittel aus der wirtschaftlichen Tätigkeit und zu zwei Dritteln aus den verschiedenen landwirtschaftlichen Beiträgen zusammen. „Dazu müssen wir auch stehen und dafür muss sich auch niemand schämen“, betont Schuler, der erklärt, dass die Strategie der EU darauf abzielt, mit Beiträgen für die Produktion landwirtschaftlicher Güter die Lebensmittelpreise niedrig zu halten. „Ohne Querfinanzierung wäre es nicht möglich, in Europa Lebensmittel zu diesen günstigen Preisen herzustellen“, so der Landwirtschaftslandesrat, der zu bedenken gibt, dass auch die Berglandwirtschaft ohne Förderungen niemals überlebensfähig sein wird. Auch im Vergleich zu den landwirtschaftlichen Betrieben in den Ebenen mit 500 und mehr Stück Vieh werden die kleinstrukturierten Bauernhöfe niemals konkurrenzfähig sein, weshalb es immer eine zusätzliche Förderung brauchen wird. Nur müsse diese in einem bestimmten Verhältnis bleiben. Primäre Motivation für die Landwirte müsse weiterhin sein, einen möglichst fairen Preis für das eigene Produkt zu erzielen, betont Schuler. Ausschließlich davon zu leben, „wird jedoch schwierig sein“.
Es gibt also weitreichende Unterstützungen, gerade auch für die Berggebiete, um die dortigen Betriebe zu halten.
Im Rahmen der letzten Agrar-Förderperiode sind die Beiträge für die Flächen wesentlich gestiegen, weitere 7 Millionen Euro werden pro Jahr an Milchkuhprämien ausgeschüttet. Zusätzlich sollen nun Beiträge in Höhe von 240 Euro pro GVE (Großvieheinheit) und Jahr für die Weidehaltung ausbezahlt werden. „Es gibt also weitreichende Unterstützungen, gerade auch für die Berggebiete, um die dortigen Betriebe zu halten“, betont Schuler. Auf die Forderung der Milchbauern auf Auszahlungspreise von 80 Cent und – je nach Produktionsweise – darüberhinaus, erklärt der Landwirtschaftslandesrat, dass die Milchhöfe, die den Bauern derzeit rund 60 Cent für ihre Milch bezahlen, wesentlich dazu beigetragen haben, die Südtiroler Berglandwirtschaft vor der Auflassung zu retten. Während vor einigen Jahren die Milchpreise im restlichen Europa bei rund 35 Cent lagen, wurden in Südtirol mehr als 50 Cent ausgezahlt. Die Differenz beträgt in Summe rund 60 Millionen Euro, die der heimischen Berglandwirtschaft zugute gekommen ist, so Schuler, der erklärt, dass aber auch bei den Milchhöfen noch einiges an Potential vorhanden sei.
Sinkende Milchpreise und Dachmarke Südtirol
Was den von BDM-Sprecher Hans Voldenauer prophezeiten Rückgang des Milchpreises anbelangt, erklärt Landesrat Schuler, dass auch er der Meinung sei, dass dieser in den kommenden Monaten europaweit sinken werde, während er in Südtirol jedoch hoch bleiben dürfte. Über längere Zeiträume hinweg betrachtet, „macht sich das Genossenschaftssystem deshalb auf alle Fälle bezahlt und ist sicher mit ein Grund dafür, dass soviel Betriebe erhalten werden konnten“. Dem Markt könne man nicht vorschreiben, wieviel ein Liter Milch zu kosten habe, aber man könne ihn über Marketingstrategien dahingehend beeinflussen, dass höhere Preise erzielt werden können. Auf den Einfluss der Bauern angesprochen, in deren Ermessen es liegt, die Stalltür endgültig zuzuschlagen, betont Landesrat Schuler: „Ich hoffe nicht, dass es soweit kommen wird!“ Es gelte vor allem, mehr Zuversicht zu verbreiten – egal ob es sich um das Thema Wolf oder die Milch handelt. Letztendlich seien die negativen Stimmungen die größte Gefahr für die Zukunft der Berglandwirtschaft und für die Entscheidung der künftigen Generation, einen Hof zu übernehmen. Die Aufgabe des Bauernbundes wie auch der Politik sei es, trotz aller Schwierigkeiten Zuversicht zu verbreiten und zu versuchen, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Man müsse an mehreren Schrauben drehen, erklärt der Landwirtschaftslandesrat, der in diesem Zusammenhang die Stärkung der Marke Südtirol nennt. Nachdem die einzelnen Milchhöfe niemals mit den Marketingausgaben großer Privatkonzerne konkurrieren könnten, liege die Chance deshalb in der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Nutzung der „Sympathiemarke Südtirol“, für welche die Konsumenten auch bereit seien, mehr zu zahlen – „damit ist den Bauern schlussendlich am meisten geholfen“.
Durch die Weiterentwicklung der Dachmarke Südtirol von einer Destinationsmarke zu einer Regionenmarke könnten alle Südtiroler Sektoren davon profitieren. Der gemeinsame Marktauftritt von Tourismus, Handwerk und den Landwirtschaft schaffe Synergien und der Sympathiewert des Landes könne somit genutzt und verstärkt werden. So könnten auch im Milchsektor die einzelnen Marken bestehen bleiben, allerdings unter dem Dach der Regionenmarke Südtirol.
„Momentan ist aber leider eher ein Trend hin zu Drittmarken erkennbar, das heißt Auftragsfertigung unter anderen Marken. Damit werden wir aber zunehmend austauschbar“, kritisiert Landesrat Schuler.
Investitionsgelder werden nur mehr dann fließen, wenn ein gemeinsames Konzept vorgelegt wird.
Was die von Professor Matthias Gauly vorgeschlagene Fusion einiger Milchhöfe betrifft – Annemarie Kaser und Georg Egger, Obmann des Sennereiverbandes, haben sich vehement dagegen ausgesprochen – erklärt Landwirtschaftslandesrat Schuler, dass das sicher eine Option sei. In anderen Bereichen der Landwirtschaft passiere dies derzeit nämlich laufend. „Ob es nun zu einer tatsächlichen Fusion kommen wird oder zu einer engen Zusammenarbeit, auch das ist eine Möglichkeit, Investitionsgelder werden jedoch nur mehr dann fließen, wenn ein gemeinsames Konzept vorgelegt wird“, betont Schuler, der als Beispiel Beitragsansuchen für Frischmilchabfüllanlagen nennt. „Bevor es weitere Förderungen für Investitionen gibt, muss also ein konkretes Gesamtkonzept vorgelegt werden“, stellt der Landwirtschaftslandesrat klar und erklärt weiters, dass Förderungen vor allem dorthin fließen sollen, wo Südtiroler Milch verarbeitet wird. Dafür sei man auch bereit, höhere Beiträge zu gewähren. Vorstellbar wäre beispielsweise die Abfüllung einer gemeinsamen Südtiroler Heumilch. Letztendlich würde es den Auszahlungspreis für Milch zwar nicht wesentlich nach oben treiben, aber für das Image wäre es eine zukunftsweisende Entscheidung, andere Produkte könnten folgen, wie Südtiroler Heumilchbutter.
Die Milchmengen lassen sich wohl nicht mehr steigern und der Zukauf von Milch von Außerhalb sollte auf ein notwendiges Maß reduziert werden.
„Es bleibt erklärtes Ziel des Landes und der Südtiroler Landwirtschaft, die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe in der Berglandwirtschaft mit der Milchwirtschaft zu erhalten. Die Milchmengen lassen sich wohl nicht mehr steigern und der Zukauf von Milch von Außerhalb sollte auf ein notwendiges Maß reduziert werden, deshalb braucht es neue Denkweisen: verstärkte Zusammenarbeit der Milchhöfe, neue Zusammenschlüsse und Marketingkonzepte, gezielte Unterstützung durch Förderungen, aber auch Augenmaß bei den Investitionen auf Betriebsebene“, so Schuler abschließend.
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Hans Voldenauer von der BDM
Hans Voldenauer von der BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) hat es bei der Tagung in Völlan recht deutlich gesagt:
2020 mussten nicht wenige Milchbauern in Deutschland aufgeben. Eine Notbremsung, wegen den gestiegenen Kraftfutterkosten und den Milcherlösen um die 30 Cent / Liter!
Daraufhin haben die Molkereien (in Deutschland vielfach in privater Hand) mit einem Kraftakt die Milchauszahlung an die Bauern verdoppelt, um nicht die Milch-liefernden Bauern, aber auch die Kunden zu verlieren. Das hätte zum Verlust von Abnehmern geführt und auch die Abschreibe-Kosten für die sehr kostspieligen Molkerei-Ausstattungen nach Oben getrieben.
Inzwischen steigen die Anlieferungen wieder und Voldenauer befürchtet, dass sich der Milchpreis für die Bauern nicht halten wird.
Das bedeutet, "die deutschen Bauern bringen sich selber wieder um die Kosten-deckenden Milcherzeuger-Preise!"
Die Milch und die daraus hergestellten Produkte haben ziemlich enge Aufbrauchfristen und saisonsonaler Spitzenbedarf ist mit der von vielen Umständen abhängenden Milchleistung der Kühe schwierig abzudecken.
Die Kleinbetriebe rechnen
Die Kleinbetriebe rechnen sich nicht, genauso werden sich auch nicht alle Milchhöfe rechnen.
In reply to Die Kleinbetriebe rechnen by Dietmar Nußbaumer
Kleinbetriebe rechnen sich
Kleinbetriebe rechnen sich trotz höherer Betriebskosten, wenn sie ihre Grenzen kennen + einhalten, Qualität produzieren, die Kunden aufmerksam bedienen (Beispiel: Sennerei Algund), aber nicht wie bei der BERGMILCH, "wo die Führung für die gleiche Milch bei den mehr als fraglichen Geld-fressenden Tochterfirmen (GASTROFRESH, SÜDTIROLMILCH, STELLA BIANCA, Mozarellabetrieb BUSTAFFA EMIGLO & FILI), auch noch satte Bezüge einsackt."
Groß muss nicht besser sein.
Groß muss nicht besser sein. Weil ich weiß, dass diese Sennerei gut arbeitet, kaufe ich eher diese Produkte (und sind oft auch billiger!).