Culture | Salto Weekend

Gewachsenes und Geformtes

Mit Bolzano in Fiore Arte schießen vielerorts - oft auch nur kurz - Kunstausstellungen aus dem Boden. Im oberen Stockwerk des Filmclub unter dem Überbegriff „Botanical“.
Botanical
Foto: Privat
„Bolzano in Fiore Arte - Kunstgarten Bozen“ wäre eigentlich ein eher touristischer, sicher nicht skandalöser Kunstcontainer, der Eigeninitiativen mit gebündelten von außen eingeführten Projekten, die, wie ein Bonsai-Baum den gewünschten Zuschnitt verpasst bekommen. Dass das mit der Skandalfreiheit nicht ganz geklappt hat, wissen wir mittlerweile. „Botanical“ (vorgestern eröffnet, noch bis inklusive 1. Mai zu sehen) gehört in die Kategorie der Bonsai-Projekte. Bereits im Dezember hat Kuratorin Valentina Romen für einige Tage die wenig genutzte „Schmuckbar“ des Filmclubs als Ausstellungsraum und das soll auch weiterhin geschehen.
Der Zuschnitt ist dabei - nicht ausschließlich, aber mehrheitlich - praktisch und verkaufsorientiert.  Hierzu ist eine kleine Klammer zu öffnen. Die Ansicht, das Kunst keinen praktischen Nutzen hat, ist zumindest zu relativieren, da sogst wie alles einen praktischen Nutzen haben kann, wenn man es als Briefbeschwerer nutzt. Die kleine Ausstellung ist ein Schaufenster mehr für die Künstler:innen und Designer:innen um Sichtbarkeit und Verkaufsgelegenheiten zu erhalten. Das unterstreicht auch der Fakt, dass die Kuratorin ihre bronzenen Schmuckbroschen als Ansteckhalter verarbeitet, in welchen dann die „Botanicals“ platz finden. Schmuck gibt es unter anderem auch von Ali Paloma - in Form von Halsketten - wenngleich sich die an Rosenblätter erinnernde Halsketten auf den zweiten Blick als etwas anderes offenbaren. Sie kommen jedenfalls im handbemalten Schmuckkästchen.
 
 
Beliebt auch Glaskunst, hier in Holz geblasen, sowohl in die Holz-Formen der prozesshaft irregulären Vasen, Karaffen und Gläser Andreas Riers, wie auch die in Wurzelholz von durch den Sturm Vaia geschädigter Bäume geformte Blasen. Das Holz wurde nach der japanischen Shou sugi ban, einem oberflächlichen Verbrennungsprozess geschwärzt, wodurch ein Kontrast zu den  Da hat man sie, zumindest ästhetisch, wieder, die Bonsai-Bäume. Mit Pyrex-Glas werden auch die „Mycetozoen“ aus Zeichnungen von Ernst Haeckel durch Tommaso Colesanti zu filigranen Skulpturen gestaltet, die nach oben zu wachsen scheinen. Annähernd abstrakt sind die Flechten (Biologisch gesehen Pilze) und Moose, welche Ilse Pircher in Form und Farbe abstrahiert. Dabei sind die Gewächse nur Ausgangspunkt für abstrakte Interpretationen dieser, die in Form und Farbe erwachsen.
Dazu kommt auch das Spiel mit dem „Gegenteil“ von Pflanzen: Hat die Designerin Lisa Maria Zellnerauf einer Seite des Raumes vom Verschwinden bedrohte Wiesenpflanzen einweben lassen, so ist auf der anderen Seite eine blutige Tierhaut aus gefilzter Wolle an der Wand gehängt, wie auch am Boden, als Teppich gestaltet, Gedärme, beides designt von Theresa Bader. Fleisch ist dabei nicht ihr Gemüse, es geht vielmehr um einen Perspektiv-Wechsel, der sich bei der Sichtung des Materials ergibt.
 
 
Wer schon mal im Kino ist und darauf wartet, dass die Vorstellung beginnt kann sich die Schau auf verschiedenen Professionalitätsstufen ansehen. Künstler:innen sind - zwischen 11 und 20 Uhr vor Ort.