Economy | Unfälle
„Kein sicheres Arbeitsklima“
Foto: Ümit Yıldırım / Unsplash
Alleine in den ersten zwei Augustwochen dieses Jahres kam es in Südtirol zu vier Arbeitsunfällen, wovon einer tödlich endete. Das teilt die Bozner Organisation Spazio autogestito 77 mit und fordert bessere Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ein.
„Bei vielen dieser Arbeitsunfälle und Todesfälle wird von ‚Unachtsamkeit‘ gesprochen; selten werden die Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen in Frage gestellt, die zwar Geld kosten, aber Leben retten“, erklärt die Organisation. Sie veranstaltet morgen (30. August) am Bozner Matteottiplatz um 18 Uhr eine Kundgebung für mehr Arbeitssicherheit.
Die Zahlen sinken, aber sie sinken viel zu langsam.
Im August verlor ein Mitarbeiter des Recyclinghofs in Neumarkt einen Arm, nachdem er sich in einem Förderband verfangen hatte. In einem Unternehmen in Klausen durchbohrte ein Arbeiter aus Versehen seine Hand mit einer Eisenstange, am selben Tag wurde ein 19Jähriger auf einer Baustelle in Obermellaun bei Brixen von einer Betonwand erdrückt und verlor dabei sein Leben. Einen Tag darauf kam es zu einem weiteren Arbeitsunfall bei Bauarbeiten in Lana, als eine Leiter umstürzte und einen Arbeiter lebensgefährlich verletzte.
Die Statistik
Laut der staatlichen Versicherungsanstalt INAIL verzeichnete die Region Trentino-Südtirol letztes Jahr von Jänner bis August nach Aosta am zweitmeisten tödliche Arbeitsunfälle in Italien, in Südtirol waren es 14, im Trentino 11. Auf nationaler Ebene wurden in diesem Zeitraum insgesamt 484.561 Arbeitsunfälle registriert.
Sieghart Flader, Amtsdirektor des Südtiroler Arbeitsinspektorats, bestätigt die wenig rühmliche Position der Provinz in der Statistik der Arbeitsunfälle. „Südtirol ist hier kein Musterknabe, wir liegen gesamtstaatlich im unteren Mittelfeld und deswegen gibt es noch sehr viel zu verbessern und viel Luft nach oben. Leider spricht die Tatsache gegen ein sicheres Arbeitsklima in den Südtiroler Betrieben.“
Mehr Kontrollen nötig
Dabei sei es für das Arbeitsinspektorat eine Herausforderung durch die steigende Beschäftigungs- und Betriebszahl der in Südtirol tätigen Firmen aus dem Ausland oder anderen italienischen Provinzen und Regionen, ausreichend Kontrollen durchzuführen. „Wir können unmöglich alle Situationen abdecken, deshalb wäre die Personalsituation unseres Amtes im Lichte der europäischen und nationalen Maßstäbe zu überprüfen“, erklärt Flader vom Arbeitsinspektorat.
Das von der Landesregierung letztes Jahr ernannte Landeskomitee für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz hat bisher zweimal getagt, um allgemeine Themen der Arbeitssicherheit zu besprechen sowie Sensibilisierungsmaßnahmen zu setzen. „Wegen des Zeitdrucks und der mangelnden Ausbildung auch von Arbeitnehmern von außen müssen neben der Bewerbung der Arbeitssicherheit ebenso Kontrollen durchgeführt werden, um Erfolge zu erzielen“, so Flader.
Es sei feststellbar, dass sowohl die tödlichen als auch die übrigen Arbeitsunfälle in Südtirol im Laufe der Jahrzehnte langsam zurückgehen. „In den 80er Jahren waren durchschnittlich noch 40 Unfalltote pro Jahr zu verzeichnen, in den 90er reduzierte sich diese Zahl auf 20, seit den letzten zehn bis 15 Jahren haben wir zehn bis 15. Die Zahlen sinken, aber sie sinken viel zu langsam“, erklärt der Amtsdirektor des Arbeitsinspektorats. Auch bei den Arbeitsunfällen ohne Todesfolge sanken die Zahlen von 20.000 auf zuletzt 14.000 pro Jahr. Das Aufkommen der Arbeitsunfälle werde dabei unter anderem von der Wirtschaftslage beeinflusst.
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