Gebrochene Versprechen

Die gebrochenen Versprechen des Massimo Pugliese versetzen nicht nur die 155 Arbeiter der Ex-Memc, die immer noch auf die Auszahlung ihrer Juli-Löhne warten, in Rage. Wenig überrascht vom Verhalten Puglieses, der nach wie vor wenig Interesse demonstriert, den ehemaligen Memc-Betrieb wieder ins Laufen zu bringen, zeigen sich die beiden Grillini Carlo Sibilia und Paul Köllensperger. Der Parlamentarier und der Landtagsabgeordnete des Movimento 5Stelle haben inzwischen einiges über den Unternehmer aus Kampanien und dessen durchaus beachtlichen Lebenslauf – salto.bz berichtete ausführlich am Dienstag Morgen darüber – in Erfahrung gebracht: “Pugliese kann sich mit einer langen Serie von Präzedenzfällen rühmen, wo er Unternehmen, die in Schwierigkeiten stecken aufkaufte – insbesondere Unternehmenszweige ausländischer Gesellschaften, die Italien verlassen möchten und auf der Suche nach jemandem sind, dem sie die heiße Kartoffel übergeben können.” Aus welchem Grund das passiere, sei nicht zuletzt am Konkurs des Fußballvereins Avellino, der endgültigen Schließung der Ixfin und den aktuellen Schwierigkeiten der El Tal abzulesen: “Was hat Pugliese durch den Ankauf so vieler Betriebe gewonnen?”, fragen sich die Grillini. “Die Wiederbelebung der Betriebe oder die Sicherung von Arbeitsplätzen? Von wegen!” Puglieses eigentliches Ziel sei es, möglichst viele öffentliche Beiträge zu erhalten, “um den Betrieb dann einfach fallen zu lassen, wenn der Konkurs bereits unvermeidbar ist”.
Wer dabei leer ausgehe, liegt für Sibilia und Köllensperger auf der Hand: “Die Angestellten, die ohne Arbeit dastehen und deren offene Rechnungen nicht bezahlt werden.” Wie im Falle der Ex-Memc. Die beiden 5-Sterne-Politiker haben allerdings kaum Hoffnung, dass sich die Lage im Meraner Silizium-Werk noch bessern wird. Wenig Aussicht auf Besserung hat auch Cornelia Brugger. Die Brunecker Gemeinderätin und Mitglied des PD-Landesausschusses stellt fest: “Die Zusicherung Massimo Puglieses gegenüber dem Landeshauptmann, das Unternehmen wieder zu lancieren, haben sich ein Jahr nach der Übernahme praktisch in Luft aufgelöst.” Brugger wundert sich: “Wie ist das möglich?” Die Vorfälle rund um das Ex-Memc haben bei ihr Zweifel aufkommen lassen, sodass sie sich eine grundsätzliche Frage stellt: “Hat die Provinz Bozen eine Industriepolitik?” Sie zweifelt an den fachlichen Kenntnissen des Landes für “seriöse und gründliche Bewertungen”. Und richtet eine unangenehme Frage Richtung Landespolitik: “Hätte man, trotz der Dringlichkeit der Lage und der Notwendigkeit Arbeitnehmern und ihren Familien Perspektiven zu bieten, vielleicht die tatsächlichen Entwicklungs- und Aufschwungmöglichkeiten des Käufers besser einschätzen müssen?” Nicht zuletzt die Presseberichte der letzten Jahre, über wiederholte Unternehmensschließungen und Insolvenzen, hätten nicht zu Puglieses Gunsten ausgesagt.
“Wir appellieren an die öffentliche Hand, umgehend tätig zu werden”, fordern die Grillini. Geht es nach ihnen, sollen sowohl der aktuelle als auch die vorhergehenden Eigentümer der Ex-Memc angehalten werden, ihrer Verantwortung nachzukommen und etwa die Böden, auf denen das Chemiewerk erbaut wurde, wieder urbar zu machen. Die Kosten dafür würden sich nämlich auf eine knappe Milliarde Euro belaufen. Darüber hinaus gelte es, den Arbeitern konkret zu helfen. “Dies kann etwa mittels Fortbildungskursen sowie Umschulungen erfolgen”, so Sibilia und Köllensperger. “Pugliese soll hingegen”, das steht für die beiden fest, “keinen Euro mehr an Zuschüssen erhalten”. Als Teil der aktuellen Regierungskoalition, die Südtirol führt, zieht Cornelia Brugger auch ihre eigene Partei, den PD, in die Verantwortung: “Ich glaube, dass die Demokratische Partei endlich eine ernsthafte Reflexion auf die Tagesordnung setzen und konkrete Vorschläge und Ideen liefern muss, wenn sie weiterhin in diesem Land eine glaubhafte Regierungskraft bleiben will.”