Politics | Personalie

Baustelle Gemeindenverband

Seit einem Monat steht Dominik Oberstaller dem Gemeindenverband als Präsident vor. Bei einem SALTO-Besuch kam auch das Thema „Eigenverwaltung“ zur Sprache.
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Foto: SALTO
  • Es gab einiges an Medienrummel in den ersten Tagen und Wochen rund um Dominik Oberstaller. Dass ihm diese Aufmerksamkeit schmeichelt, lässt sich hinter seinem gebräunten Teint kaum verbergen. Dass Kommunikation und Medien wichtig sind, weiß er zur Genüge, deshalb kommt ihm das rege Interesse nach seiner Wahl entgegen – sowohl an seiner Person, aber vor allem auch für den Verband. Als er vor Jahren in seiner Heimatgemeinde Welsberg-Taisten politisch aktiv wurde, habe er verstanden, welche Aufgaben der Verband, dem er nun vorsteht, übernehme und welche wesentliche Rolle er für die Gemeinden und das gesamte Territorium spiele. Oberstaller war zudem fünf Jahre Vizepräsident neben Andreas Schatzer. Ganz neu ist der „Neue“ also nicht. 
     

    In den letzten fünf Jahren war das nie ein Thema, und es soll auch künftig keines sein.

  • Vom Vize zum Primus: Vor einem Monat hat Dominik Oberstaller seinen Vorgänger Andreas Schatzer an der Spitze des Gemeindenverbandes abgelöst. Foto: Seehauserfoto

    Sein Interesse an Politik habe sich im Lauf der Zeit entwickelt, erzählt er. Der Eintritt in die Gemeindepolitik sei dann mehr oder weniger Überraschend geschehen: „Die Tätigkeit, vor allem auf örtlicher Ebene in den Vereinen und im Gemeinderat, war ja sehr zufällig bei mir“, belegt er zurückhaltend. „Vor zwölf oder dreizehn Jahren ist mein Name genannt worden, ob ich denn kandidieren wolle. Da habe ich ja gesagt.“ Oberstaller wurde daraufhin mit den meisten Vorzugsstimmen in den Gemeinderat gewählt. Seitdem sei sein Interesse stetig gewachsen – auch, weil es wie er sagt, Spaß mache, Dinge vor Ort umzusetzen.

    Wie will er nun die unterschiedlichen Anliegen der 116 Gemeinden berücksichtigen und was will er anders machen als sein Vorgänger? „Meine Aufgabe ist es nicht, eigene Ziele zu formulieren“, gibt er sich direktdemokratisch. Vielmehr gehe es darum, die Mitglieder zu fragen: Was ist wichtig? Wo gibt es Schnittmengen? Diese Schnittmengen gelte es dann zu kommunizieren und nach außen zu vertreten. Entscheidend sei dabei die interne Kommunikation, das frühzeitige Einbinden aller Gemeinden, das Abstimmen und ein geschlossenes Auftreten.

    Bei einem Thema gibt sich Oberstaller leicht zugeknöpft, vielleicht überrascht ihn auch das Interesse von SALTO an diesem vergessenen sozialen Gemeindenthema zu den historisch gewachsenen Allgemeingütern. Wie steht es also um die besonderen Eigenverwaltungen der sogenannten Fraktionen? In Südtirol herrschen dabei die unterschiedlichsten Zustände, über die kaum jemand im Detail sprechen will. 

  • Eigenverwaltete Fraktionsgemeinden

    In Südtirol gibt es neben den Gemeinden auch historisch gewachsene Fraktionen (Fraktionsgemeinden). Sie sind eigenständige Körperschaften öffentlichen Rechts und verwalten seit Jahrhunderten gemeinschaftliches Vermögen wie Wälder, Almen oder Grundstücke im Dorfkern. Entstanden als Zusammenschlüsse von Dorfgemeinschaften, blieben sie auch nach den Gemeindezusammenlegungen der faschistischen Zeit bestehen. Heute besitzen viele Fraktionen eigenes Vermögen, treffen Entscheidungen in Versammlungen und werden von gewählten Verwaltern geführt. Ihre Aufgabe ist es, das Gemeinschaftsgut im Sinne der Einwohner zu bewirtschaften – etwa durch Waldbewirtschaftung, Verpachtung oder Investitionen in die lokale Infrastruktur. Während sie Identität stiften und Bürgernähe fördern, sorgen sie zugleich für Herausforderungen: zersplittertes Eigentum, Konflikte mit Gemeinden und teils mangelnde Transparenz. 

  • Die Realitäten sind sehr verschieden und reichen von wohlhabenden und weniger wohlhabenden Fraktionen bis zu längst vergessenem Eigentum aller. Tatsache ist: Für viele Bürgerinnen und Bürger blieben (und bleiben) diese Körperschaften weitgehend unbekannt, undurchsichtig und mitunter unbequem. „Die sind wie alte Kirchtürme“, meint Oberstaller, „an denen sollte man nicht zu viel rütteln.“ 

    Nüchtern betrachtet ist Selbstverwaltung - besonders in Zeiten großer sozialer Ungerechtigkeit - eine durchaus gute Sache. Leider geht sie manchmal auf Kosten der Transparenz gehen und dann kann es für alle Beteiligten recht mühsam werden. Ob unter Oberstallers Präsidentschaft mehr Licht ins Dunkel der alten Selbst- oder Eigenverwaltungen kommen wird? 
     

    Es geht nicht darum, ein Amt innezuhaben, sondern darum: Was kann ich bewirken?


    Thematisch habe er sich – allgemein betrachtet – bereits gut eingearbeitet, erklärt Oberstaller. Die größeren Herausforderungen seien organisatorischer Natur: Abläufe aufstellen, Termine koordinieren, Prioritäten setzen. Und die Finanzen? Stichwort Ortstaxe: „Ich bin optimistisch, dass wir einen guten Vorschlag präsentieren können“, sagt er. Dieser solle auch Solidaritätsmechanismen berücksichtigen und den gestiegenen Finanzbedarf abdecken. Dass die Kosten überall steigen, sei offenkundig: „Es braucht stabile Einnahmen, denn nur so ist die Zukunftsfähigkeit der Gemeinden gesichert.“ Dass die Übermacht von Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen aus der Volkspartei innerhalb des Gemeindeverbandes zu Schieflagen führen könnte, glaubt er nicht. „In den letzten fünf Jahren war das nie ein Thema, und es soll auch künftig keines sein.“ 

    Unabhängig von der Parteizugehörigkeit hätten alle Gemeinden dieselben Herausforderungen. Natürlich setzten unterschiedliche Bürgermeister verschiedene Schwerpunkte, doch im Großen und Ganzen seien die Zielsetzungen sehr ähnlich. Er vertrete alle Gemeinden, unabhängig von Partei oder Administration.

    Abschließend wollte SALTO noch wissen, ob Oberstaller die Rolle als Präsident – wie einst Arno Kompatscher – als Sprungbrett in ein höheres Amt sehe. „Nein, überhaupt nicht“, entgegnet er. Vielmehr sei er mit Herz und Seele Kommunalpolitiker: „Weil ich die Schaffenskraft in der Politik an erste Stelle setze. Es geht nicht darum, ein Amt innezuhaben, sondern darum: Was kann ich bewirken?“ Dominik Oberstaller ist seit Ende August für die nächsten fünf Jahre im Amt. „Dann muss man weiterschauen“, sagt er selbstbewusst, „ob man ein Ablaufdatum hat – und was dann nach diesem Ablaufdatum ist.“