Society | Dossier Immigrazione

Südtirol widersetzt sich dem Trend

Mit 2020 schrumpft auch die ausländische Bevölkerung in Italien, In Südtirol wächst sie hingegen leicht an. IDOS präsentiert die neuen Daten zur Immigration in Italien.
Dossier statistico immigrazione
Foto: IDOS

Verlust der Lebensgrundlage, Arbeit und der Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erstehen, der den eigenen Qualifikationen entspricht. All das ist für viele immigrierte Personen in Italien greifbare Realität; rein statistisch gesehen, noch viel greifbarer als für Personen, die die italienische Staatsbürgerschaft besitzen. Dies geht unter anderem aus dem diesjährigen IDOS-Dossier zur Immigration in Italien hervor, der am Donnerstag präsentiert worden ist.

 

Italien schrumpft

 

Ende des Jahres 2020 liegt die offizielle Zahl der in Italien ansässigen Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft bei rund fünf Millionen. Das entspricht 8,5% der Gesamtbevölkerung und einem Rückgang von 0,5% im Vergleich zum Vorjahr – eine Situation, die sich seit 20 Jahren nicht ereignet hatte und zusammen mit der niedrigen Geburtenrate den demographischen Wandel einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft in Italien vorantreibt.

Allein auf Südtirol bezogen, liegt die Zahl der hier ansässigen Personen aus dem Ausland bei 50.792, was 9,5% der Gesamtbevölkerung Südtirols entspricht. Anders als im Rest Italiens, wird in Südtirol im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 1,3% verzeichnet. Dieser Zuwachs, der sich den staatlichen Trends widersetzt, lässt sich auch im Bezug auf die positive Geburtenrate in Südtirol beobachten (Salto.bz hat berichtet).

Die meisten hier ansässigen Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft stammen sowohl in Südtirol (61,9%) als auch im restlichen Italien (49,4%) aus dem inneneuropäischen Raum - vornehmlich aus Albanien und Rumänien. In Südtirol liegen die deutschen Einwanderer auf Platz zwei, Einwanderer aus afrikanischen Ländern betragen hingegen nur 14,2%. Die meisten immigrierten Personen in Südtirol sind Frauen: rund 52,4%.

 

Low skilled?

 

Neben den demografischen Daten zur Ansässigkeit, erhebt das Dossier auch einige interessante Informationen zur Arbeitssituation immigrierter Personen. Rund 8,5% der beschäftigten Personen in Südtirol sind immigriert, 44,9% von ihnen sind Frauen. Dieser letzte Wert reflektiert den Prozentsatz von Frauen auf dem gesamten Südtiroler Arbeitsmarkt, der bei 45,0% liegt.

Bei den Arbeitslosen in Südtirol machen immigrierte Personen hingegen rund 26,5% aus; ein Prozentsatz der in Südtirol deutlich über dem gesamtstaatlichen Wert liegt (15.2%).

Im Bezug auf die Arbeitssituation ist hervorzuheben, dass ein großer Teil der immigrierten Personen – vor allem Frauen – einer Beschäftigung nachgehen, die unter ihren Qualifikationen liegt:

 

Die Rate der überqualifizierten Frauen mit Migrationshintergrund auf dem italienischen Arbeitsmarkt liegt bei 42,3%. Zum Vergleich: Bei immigrierten Männern sind rund 27,7% der Arbeitskräfte überqualifiziert; immer noch deutlich mehr als bei italienischen Arbeiten (23,9%) und Arbeiterinnen (24,8%).

 

"Motor für Ghettos und soziale Konflikte"

 

Laut Präsidentin der Vereinigung "Arising Africans", Ada Ugo Abara, zeigt das IDOS-Dossier deutlich die verschiedenen Formen auf, in denen sich der strukturelle Rassismus unserer Gesellschaft manifestiert und verstärkt. "In vielen Fällen wird der strukturelle Rassissmus durch das institutionelle System selbst genährt”, so Ugo Abara bei der Präsentation des Dossiers, “von der Schließung der Grenzen bis zur Nichtanwendung des veralteten Staatsbürgerschaftsrechts”. Ihren kritischen Worten schließt sich auch der Präsident des Forschungszentrums IDOS, Luca Di Sciullio an: “Man muss anerkennen”, so Di Sciullio, “dass wir seit mindestens einem Dutzend Jahren in der italienischen und europäischen Migrations- und Asylpolitik ein krankhaftes Pendeln zwischen zwei immer gleichen Polen beobachten: Unbeweglichkeit auf der einen Seite und Wiederholungszwang auf der anderen Seite.” Er ruft die Politik dazu auf, in Sachen Immigration endlich neue Wege einzuschlagen. Die derzeitige Migrationspolitik wird als Motor für Ghettos und soziale Konflikte bezeichnet.