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Etschwerke: Rückenwind für Hager & Brandstätter

Schafft es das Duo Hager & Brandstätter Einigkeit zwischen den alten Kontrahenten SEL und Etschwerke herzustellen? Wie die Bilanz 2012 der Etschwerke zeigt, könnte der Gemeindebetrieb daran nun mehr Interesse haben als in der Vergangenheit.

In Sachen Stromstreit herrscht in diesen Tagen einmal mehr Hochspannung. Laut RAI Sender Bozen soll es am heutigen Freitag zur lang erwarteten Vorstellung der Vorschläge kommen, mit denen die beiden Sonderbeauftragten Heinz-Peter Hager und Gerhard Brandstätter einen der komplexesten Teile des Stromstreits lösen wollen: den chronischen Konflikt zwischen den gemeindeeigenen Etschwerken und dem Landesbetrieb SEL. Dabei geht es nicht nur um eine Beilegung des gerichtlichen Streits infolge des SEL-Skandals, der nach den Brixnern und Vinschgern nun als nächster an der Reihe ist. Wie bereits vorab durchsickerte, sollen vier Varianten vorgelegt werden, mit denen ein dauerhafter Frieden zwischen den beiden größten Playern auf dem heimischen Strommarkt hergestellt werden soll: von einer sofortigen Fusion über zwei Zwischenlösungen bis hin zu einem generellen Kompromiss.

Hinsichtlich des Erfolgs der Vermittlungsbemühungen zeigten sich die Beteiligten schon vorab skeptisch. „Ich verstehe nicht, was die Landesregierung von uns erwartet“, erklärte zumindest Etschwerke-Präsident Massimiliano Stuaro vor zwei Tagen im Alto Adige. Denn während man auf der einen Seite in Sachen SEL-Konzessionen auf stur schalte, werde auf der anderen Seite  Geld in die Beratung durch die beiden prominenten Sondervermittler Hager & Brandstätter gesteckt.

Zumindest ein Grund, sich deren Vorschläge aufmerksamer anzuhören, findet sich in der Bilanz der Etschwerke. Die zeigte für das Vorjahr zwar ein Plus von 16 Prozent auf 892 Millionen Euro beim Umsatz. Weit weniger rosig sieht es dagegen auf der Gewinnseite aus: Das operative Geschäftsergebnis weist gegenüber dem Vorjahr ein fettes Minus von 46 Prozent auf. Sprich: Auch der Reingewinn halbierte sich gegenüber 2011 von 72 auf 39 Millionen Euro.

Spekulative Gewinne

Warum verliert ein solides Traditionsunternehmen innerhalb eines Jahres die Hälfte seines Gewinns? Weil auch Unternehmen mit einer mehr als 100-jährigen Geschichte am Buckel die dicksten Gewinne mit virtuellen Geschäften im Bereich Trading machen, scheint die Antwort zu lauten. Denn im Handel lassen sich auch für Energieunternehmen mit Spekulationen auf Preise oder Absatzmengen weit höhere Margen erzielen als dies jemals mit dem gewöhnlichen Absatz der produzierten Energie möglich wäre. Genau hier wurden die Etschwerken jedoch hergebremst: Denn wie Brancheninsider erzählen, wurde Teilen des Verwaltungsrates der riskante Kurs, der in den vergangenen Jahren im Bereich Derivate gefahren wurde, zu heiß.

Noch weit stärker als betriebsintern wurden solch spekulative Gewinnquellen von der Aufsichtsbehörde für den Energiemarkt hergebremst. Diese unterband im Juli 2012 eine fragwürdige Praxis, mit der nicht nur Etschwerke Trading, sondern ein gutes Dutzend weiterer nationaler Gesellschaften in Sardinien offenbar äußerst vorteilhafte Geschäfte machten. Sie erklärten vorab eine geringere Strommenge als sie dann tatsächlich in das Netz einspeisten – und profitierten damit von den Preisdifferenzen, die für die unterschiedlichen Prozeduren vorgesehen sind.

Ein Verhalten, das laut dem Untersuchungsbericht der Authority zu systematisch betrieben wurde, um mit Programmierungsfehlern erklärt werden zu können. Entsprechend entschieden schritt die Authoryity im Sommer 2012 auch ein: Denn während die Energieunternehmen daraus Millionengewinne zogen, zahlten die Sarden laut Schätzung rund 40 Prozent mehr für ihren Strompreis. Wie ein Vergleich des ersten und des zweiten Halbjahres 2012 im Bericht zeigt, gehörte die Trading-Gesellschaft der Etschwerke dabei zu jenen Gesellschaften, die zumindest bis Juli am aggressivsten zu den sbilanciamenti  beitrugen.

Gesicherte Dividenden?

Während sich die Sarden dank dieses Eingriffs der Authority wieder über günstigere Stromrechnungen freuen können, sind die daraus resultierenden geringeren Gewinne der Etschwerke dagegen für die Bozner und Meraner weniger erfreulich. Immerhin sind die großzügigen Dividenden aus dem gemeindeeigenen Energiebetrieb eine wichtige Finanzierungsquelle der stets knappen Gemeindehaushalte. Wie der Bozner Gemeinderat Claudio Della Ratta erst kürzlich in einer Presseaussendung schrieb, ließ die Etschwerke-Führung ihre Eigentümer das schlechte Ergebnis 2012 zumindest bislang keineswegs spüren. Im Gegenteil: Die kürzlich ausgeschüttete definitive Dividende für 2013 sei demnach mit 15 Millionen Euro gar um 6 Millionen Euro höher als ursprünglich in Aussicht gestellt.

Die Frage, die sich nun stellt, ist allerdings, ob und wie das Unternehmen die empfindlichen Gewinneinbrüche heuer und in den kommenden Jahren wieder wettmachen kann – um nicht nur die Kassen seiner Eigentümer zu füllen, sondern auch anfallende Investitionen in den vielfach veralteten Werken zu finanzieren. Das Interesse der Etschwerke wegen dieser Sorgen doch noch gemeinsame Sache mit der SEL zu machen, könnte deshalb zumindest gestiegen sein. Das ist aber nicht das Verdienst der beiden prominenten Sondervermittler.