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Was das Filmjahr 2020 bringt

Ein Jahr neigt sich dem Ende zu, ein weiteres beginnt. Neben all den Unwichtigkeiten, die es bringt, erwarten uns auch eine Reihe mehr oder weniger interessanter Filme.
Junge&Mädchen
Foto: Christoph Waldboth

2019 war ein starkes Filmjahr. Neben „Parasite“, „The Irishman“, „Once Upon A Time In Hollywood“ oder „Leid und Herrlichkeit“ gab es zahlreiche kleinere Produktionen, die in qualitativer, mache gar in finanzieller Hinsicht überzeugen konnten. Vertreter dieser Garde sind etwa die grandiose Netlix-Produktion „Marriage Story“, der deutsche „Systemsprenger“ oder der Kritikerliebling „The Lighthouse“. Viele weitere dürfen sich ebenso eingeschlossen fühlen. Nun steht uns ein neues Jahr bevor, ein klangvolles noch dazu, Zweitausendzwanzig. Vieles wird wieder geschehen, vieles, vor dem wir am liebsten die Augen verschließen wollen und doch hinsehen. Eine Ausnahme bilden da natürlich die Filme, die im Laufe des Jahres still und heimlich, mal mit lautem Getöse in die Kinosäle einziehen. Im Folgenden soll ein kleiner Auszug der bereits bekannten Neuerscheinungen besprochen werden. Die Liste ist nur ein kleiner Teil dessen, was tatsächlich erscheinen wird und enthält nicht jene Werke, von deren Erscheinen wir noch nicht wissen.

A Hidden Life

Terrence Malick kehrt mit einem knapp dreistündigen Epos ins Kino zurück. Er erzählt die realtiv unbekannte Geschichte des österreichischen Kriegseidverweigerers Franz Jägerstätter und seiner Frau Fani. Ungewöhnlich für Malick haben wir es mit einer realen Geschichte zu tun, noch dazu einer europäischen und so begibt sich der Kinoexzentriker in heimische Gefilde, um die Geschichte in gewohnt poetischen Bildern mit dazugehörigen, elegischen Mono-und Dialogen zu erzählen. Ein echtes Highlight und besonders für Freunde der cineatischen Poesie nicht zu verpassen!

Knives Out

Nach der achten Episode der Star Wars-Saga widmet sich Regisseur Rian Johnson einem Thema, das klassischer nicht sein könnte. Sein neuer Film ist ein Krimi, ein „Whodunit“, wie man im Englischen sagt, sprich eine Erzählung in der Tradition von Agatha Christie, bei der dem Zuschauer ein Mord präsentiert wird, und dieser nach und nach erforscht und am Ende schließlich gelöst wird. Vollgepackt ist der Film mit namhaften Schauspielern, ob die Geschichte bis zum Ende spannend erzählt ist, wird sich zeigen.

James Bond – No Time To Die

Ja, es ist wieder soweit, 007 kehrt zurück auf die Leinwände, und ein letztes Mal in der Gestalt von Daniel Craig. Der Titel lässt einiges erhoffen, und in Sachen Schauwerten dürfte auch einiges geboten werden. Dennoch darf man die Frage stellen, ob die Reihe nach all den Jahrzehnten nicht so langsam mal in Rente gehen sollte.

Top Gun 2

Es hebe die Hand, wer diesen Film nach knapp dreißig Jahren, die seit dem ersten Teil vergangen sind, gebraucht hat. Es dürften nur wenige sein, und jene verkennen wahrscheinlich die enorme und fragwürdige Wirkung des 1986er-Films. "Top Gun" ist in erster Linie billigste und unverhohlene US-Militärpropaganda. Dass sich Hollywood im Jahr 2020 noch einmal auf einen solchen, sicherlich lukrativen Deal einlässt, ist ein Armutszeugnis.

Dune – Der Wüstenplanet

Frank Herberts Science-Fiction-Klassiker erfährt seine zweite Kinoverfilmung. Nach dem gescheiterten Versuch David Lynchs, der weniger Lynch als der grundsätzlichen Konzeption zuzuschreiben ist, wagt sich Regisseur Denis Villeneuve an den komplexen Stoff. Er konnte in den letzten Jahren mit einigen sehr starken Filmen überzeugen und bewies zuletzt mit „Blade Runner 2049“ sein Händchen für Sci-Fi. In mehreren Teilen erzählt erwartet uns der erste davon voraussichtlich im späten Herbst 2020.

1917

Sam Mendes inszeniert einen Weltkriegsfilm, und zwar nicht irgendwie, sondern als Oneshot, sprich als eine einzelne Einstellung ohne Schnitt. Das ist wie immer ambitioniert, kann aber, wie in der Vergangenheit mehrmals geschehen, lediglich als Gimmick ohne Mehrwert dienen. Dass Kameramann Roger Deakins mit an Bord ist, könnte jedoch ein gutes Zeichen sein und lässt hoffen, dass auch die Charaktere, ein oft vernachlässigter Faktor in Kriegsfilmen (Paradebeispiel: Dunkirk) mehr als nur Pappaufsteller sind.

Die Disney-Filme

Wie es auschaut, verfolgt der Großkonzern Disney den Plan, nun monatlich einen großen Blockbuster zu veröffentlichen. Das kann und wird funktionieren, zumindest auf finanzieller Ebene. Qualitiativ und künsterlisch, letzteres ein Wort, dass im Wortschatz des Unternehmens nur selten vorkommt, lassen die Filme zu wünschen übrig. Es wäre müßig, alle neuen Werke aufzuzählen, deshalb seien stellvertretend „Black Widow“, die neueste, voraussichtliche Totgeburt des Marvel-Universums, sowie „Mulan“, eine Realverfilmung des bekanntes Zeichentricksfilms genannt. Nach dem Warum fragen wir an dieser Stelle lieber nicht.

Tenet

Christopher Nolan machte zuletzt ein großes Geheimnis um seinen Agentenfilm „Tenet“, dessen Trailer nun jedoch erschienen ist. Abermals steht das Motiv der Zeit im Mittelpunkt, wie es scheint in ähnlicher, inszenatorischer Hinsicht wie noch bei „Memento“ oder „Inception“. Die Regie wird gewohnt souverän sein, ob die Figuren wie echte Menschen agieren und sprechen, bleibt abzuwarten. Nolan scheitert leider des öfteren an der Zwischenmenschlichkeit.

Die anderen

Des weiteren wären zu erwähnen: „Ghostbusters Legacy“, nach dem 2016er Film mit weiblichen Cast nun ein weiterer, verzweifelter Versuch, die Marke wiederzubeleben, dieses Mal jedoch mit Kindern. „West Side Story“, neu aufgelegt von Steven Spielberg, der es eigentlich besser wissen müsste. Wann enden die endlosen Remakes alter Klassiker, die ihren Status nicht umsonst inne haben. Glaubt ernsthaft jemand, an den Kulteffekt dieser Filme ranzukommen? Selbes gilt für Kenneth Branaghs Neuverfilmung von „Tod auf dem Nil“, der dem mittelmäßigen „Mord im Orientexpress“ von 2017 folgt. Im Horrorgenre erwarten viele die Fortsetzung des Überraschungserfolg „A Quiet Place“. Der erste Film war wahrlich gut, auch wenn man sich an einigen argen Logiklück stören kann. Ob die Fortsetzung die umschiffen kann?

2020 muss sich Mühe geben, an 2019 heranzukommen. Man darf gespannt sein, in welchen Facetten diese Aufgabe bewältigt wird.