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Politics | Italiens PNRR-Pleite

"Sinkendes Schiff im Mittelmeer"

Italien ist ausserstande, die hohen Milliardensummen des EU-Aufbauplans auszugeben: "Il PNRR è irrealizzabile"
Die Tageszeitung La Repubblica setzt Italiens PNRR-Debakel gross auf die Titelseite: "PNRR - La resa del governo". Und auch die Schlagzeile des Turiner Tagblatts La Stampa liess keine Zweifel offen: "L´Ue: riscrivete il PNRR entro un mese."  Monate hindurch wurde der nationale Aufbau- und Resilienzplan über den grünen Klee gelobt und als Allheilmittel gepriesen. Er sollte Italiens angeschlagene Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder ankurbeln und wurde als einmalige Gelegenheit zelebriert, die neue Entwicklungschancen und Investitionsmöglichkeiten eröffnet. 
Jedes Mitgliedsland der EU musste einen entsprechenden Plan erstellen, der ein geeignetes Massnahmenpaket mit Investitionen und Reformen für den fünfjährigen Zeitraum von 2021 bis 2026 vorsieht. Im August 2021 hat die EU-Kommission Italien eine Vorfinanzierung von fast 25 Milliarden Euro zugestanden - 8,9 Milliarden als Zuschüsse und 15,9 Milliarden als Darlehen. Empfohlen wurden strategische Projekte zur Digitalisierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, innovative Verkehrsprojekte auf Strasse und Schiene und die Berücksichtigung nachhaltiger Mobilität, Bildungs- und Forschungsprojekte, Programme zur nachhaltigen europäischen Integration, Erschliessung neuer Energiequellen, sowie zukunftsweisende Projekte zu Müllentsorgung und Recycling - eine Art futuristisches Wunderland.
Fazit: während andere EU-Staaten ihre Projekte weitgehend realisiert haben, hat Italien nur klägliche sechs Prozent der zugewiesenen 91 Milliarden Euro ausgegeben. Der unbedarfte Europa-Minister Raffaele Fitto zeigt sich besorgt: "Rimettiamoci in riga o ci taglieranno i fondi."
 
 
Der römische Rechnungshof stellt der Regierung ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: man habe von Beginn an viel zu wenig Personal zur Realisierung eines so umfassenden Planes eingestellt. Die Kritik aus Brüssel ist gnadenlos: im Gesundheitswesen habe man bisher nur 0,5 Prozent der gewährten Summe ausgegeben, für wichtige Bereiche wie Bildung und Wissenschaft lediglich 4,1 Prozent. Nimmt man alle fünf Fachbereiche zusammen, wurden weniger als 10 Prozent der verfügbaren Summe ausgegeben.
Natürlich haben die Schuldzuweisungen bereits begonnen. Der Fünf-Sterne-Vorsitzende Giuseppe Conte macht seinen alten Widersacher Ex-Premier Mario Draghi für die Versäumnisse verantwortlich, die Bürgermeister von Venedig und Florenz kritisieren, dass Brüssel den von ihnen angepeilten Bau neuer Fussballstadien abgelehnt habe: "Sono stati bocciati stadi di grande qualità".
Die Bauunternehmer schlagen indessen Alarm: "Il PNRR è irrealizziabile e impantanato." Bei der Verwirklichung des anspruchsvollen Plans offenbart sich auf der Halbinsel das sattsam bekannte Nord-Süd-Gefälle. Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala gibt sich selbsbewusst: "Milano può gestire il doppio dei soldi." Das Tagblatt La stampa"Il Recovery Plan è come un'enorme nave che rischia di affondare in mare aperto." Carlo Luzzato, Chef des Bauriesen Pizzarotti, der Projekte im Gesamtwert von 7 Milliarden Euro verwirklichen soll, legt den Finger in die Wunde: "Mancano 100.000 lavoratori e abbiamo troppi problemi con le banche, la corsa dei tassi ci ammazza".
Der Partito Democratico fordert Minister Fitto auf, die Karten umgehend auf den Tisch zu legen: "Dica la verità in aula sui progetti già bruciati." Unter den Unternehmern wächst indessen die Besorgnis, Italien könne mit seinen ungelösten Problemen den Anschluss an die EU verlieren. Gnadenloses Fazit der Tageszeitung La Repubblica: "PNRR e migranti: la distanza tra l' Italia e l'Europa diventa un abisso."

Südtirol ist leider unfreiwillig auf dem sinkenden Schiff mitgefangen, das von einer völlig inkompetenten Kapitänsmannschaft gesteuert wird.

Südtirol wird so von Italien in einen Abwärtsstrudel aus Wirtschaftskrisen und populistisch-reaktionärer Politik reingezogen, wo es auch noch gezwungen wird, einen großen Teil seiner Steuereinnahmen an andere Regionen abzuführen. Südtirols Arbeitnehmer und zunehmend auch Unternehmer dürfen sich auf schwere Zeiten gefasst machen.

Sat, 04/01/2023 - 15:08 Permalink