Politics | Klimaschutz

Warum Südtirol ein Klimagesetz braucht

Über 40 Verbände und Vereine tragen ein Manifest mit, das vom Landtag ein Landesklimagesetz einfordert. Warum reicht nicht der Klimaplan 2040 mit seinen 157 Maßnahmen?
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Vorstellung des Manifests für ein Landesklimagesetz am 21.3.2025 in Bozen
Foto: Thomas Benedikter
  • Tatsächlich hat Südtirol seit Juli 2023 einen Klimaplan mit dem ehrgeizigen Oberziel, heute in 15 Jahren die Klimaneutralität zu erreichen, also netto null im Territorium erzeugte CO2-Emissionen aller Art. Der Klimaplan sollte dafür den Weg abstecken, also Jahr für Jahr CO2-Emissionen reduzieren mit klaren Zwischenzielen. So müssen die CO2-Emissionen laut Planvorgabe bis 2030 mehr als halbiert werden wie in ganz Europa. Allein, das Gegenteil ist der Fall. Die Treibhausgasemissionen scheinen eher wieder anzusteigen, liegen bei gut 5 t CO2 pro Kopf, ohne die konsumbasierten (importbedingten) grauen Emissionen mitzurechnen. Das liegt vor allem am zunehmenden Verkehr, zum Großteil fossil betrieben, auch an der Bautätigkeit und der Landwirtschaft. Greift der Klimaplan zu kurz?

    Ja, zum Beispiel beim Verkehr. Die aus dem Landesplan für nachhaltige Mobilität 2035 in den Klimaplan übernommenen 60 Maßnahmen sollen den motorisierten Individualverkehr in 10 Jahren um 30% senken. Genauer gesagt: die gefahrenen Personenkilometer müssen in 10 Jahren um 30% sinken, also 3% im Jahr. Derzeit geschieht das Gegenteil, nämlich das Verkehrsaufkommen steigt, befeuert durch den Tourismus, den Transitverkehr und den hohen Motorisierungsgrad der Einheimischen. Andere Wirtschaftssektoren bleiben im Klimaplan so gut wie ausgespart. So werden Tourismus und Landwirtschaft zwar CO2-Reduktionsziele vorgegeben, aber die davon abgeleiteten Maßnahmen sind zum Teil Wunschdenken oder gar keine echten Maßnahmen im Sinne von zielführenden und in ihrer Wirkung durchgerechneten Maßnahmen. Das geht in Richtung Scheinklimaschutz.

    Hätte Südtirol einen rechtlich verankerten Klimaschutz, wäre es anders. Die Klimaziele wären verbindlich festgeschrieben und der Reduktionspfad bis zur Klimaneutralität in 15 Jahren wäre ein transversal gültiger Imperativ für das restliche Regierunghandeln und Landesgesetzgebung. Wie in zahlreichen deutschen Bundesländern üblich müsste die Landesregierung bei Kursabweichungen, wie derzeit der Fall, eingreifen und den Kurs korrigieren. Heute werden zwar viele klimaschonende Maßnahmen betrieben von der Förderung fossilfreier Gebäudeheizung über die Sanierung des Altbaubestands bis zum Ausbau des ÖPNV, aber deutlich zu wenig. Gleichzeitig lässt man die Triebkräfte für mehr Verkehr, Verbauung, Bodenversiegelung, Energieverbrauchswachstum am Werk. Klimaneutralität wird so zur zeitlich dehnbaren, unverbindlichen Orientierung, nicht mehr.

    Ein Landesklimagesetz würde den Klimaschutz auf eine andere Ebene heben, ihn rechtlich verbindlich werden lassen und mehr Wirksamkeit verleihen. Die Klimaziele müssten nicht einklagbar sein, wären aber auch nicht mehr bloßes Wunschdenken. Natürlich kann das Land nur in seinen Zuständigkeiten agieren und hat keinen Zugriff auf alle maßgeblichen Faktoren für den Verbrauch fossiler Energie. Weder kann es fossil betriebene Heizungen noch Autos mit Verbrennermotor aus dem Verkehr ziehen. Wichtige Rahmenbedingungen werden auf europäischer und staatlicher Ebene gesetzt. Doch wenn Südtirol ein Vorzeigebeispiel im Klimaschutz sein will, wäre mehr Konsequenz angesagt. Ein Landesklimagesetz wäre die Nagelprobe darauf. Wie ein solches Gesetz aussehen könnte, zeichnet eine soeben erschienene POLITiS-Studie nach. 

    Vertieft wird die Thematik bei der internationalen Fachtagung „Auf dem Weg zu einem Landesklimagesetz“ am 11.4.2025 in Bozen, veranstaltet vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Heimatpflegeverband und Climate Action. Dabei werden Erfahrungen mit regionaler und staatlicher Klimaschutzgesetzgebung in Deutschland, Italien und Österreich verglichen. Expertinnen und Senatoren kommen zu Wort. Hier das Programm der Tagung (gebührenfrei, nur Anmeldung erforderlich).