Economy | Aufsichtsräte

Die Stühle des Franz Pircher

Wie hält man es im Land mit Kontrolleuren, die erstinstanzlich, aber nicht rechtskräftig wegen schweren Betrugs verurteilt sind? Das Fallbeispiel Franz Pircher.

Wen oder was beaufsichtigt Franz Pircher? Eine Frage, die erst kürzlich von den Grünen im Landtag an die Landesregierung herangetragen wurde. Aufhänger dafür war der Aufsichtsratssitz des ehemals mächtigen SEL-Präsidenten in der Eco Center AG. Die grundlegende Fragestellung: Beaufsichtigt ein Mann, der in erster Instanz wegen schweren Betrugs zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt wurde und laut seinen jüngsten Zeugenaussagen im Stein-an-Stein-Prozess unter Gedächtnislücken zu leiden scheint, weiterhin eine Gesellschaft in öffentlichem Besitz? Und das nebenbei für eine Entschädigung von 20.000 Euro brutto, wie in der Vergangenheit von Medien kolportierte wurde.

Eine Antwort erhielten die Grünen vom Landeshauptmann persönlich: Ja, so ist es. Zumindest bis Pirchers Mandat am 31. Dezember 2015 ausläuft, schreibt Arno Kompatscher darin. Denn, wie bereits bekannt: Die Verwaltungsorgane der Eco Center fühlen sich nicht für einen Rausschmiss ihres noch nicht rechtskräftig verurteilten Aufsichtsrats zuständig. Weit tatkräftiger scheint da die Landesregierung. Dort ist man laut Kompatscher der Meinung, dass „die Präsenz von Franz Pircher als Vertreter des Landes in besagter Gesellschaft als unangebracht erscheint.“ Die Konsequenz? Man werde ihn dazu kontaktieren.

Bis zur Vollversammlung der Eco Center AG am heutigen Mittwoch dürfte dies noch nicht passiert sein. Verwaltungsratspräsident Stefan Fattor bestätigt jedenfalls, dass der Fall Pircher kein Punkt der Tagesordnung sei. „Es gibt auch keinen Grund dafür – zumindest bis sich an der Ausgangslage nichts geändert hat“, sagt er. Sprich: rechtskräftige Verurteilung, Ausschluss aus dem Verzeichnis der Wirtschaftsprüfer oder eben ein eindringliches Gespräch mit dem Landeshauptmann, das zu einem freiwilligen Rücktritt Franz Pirchers führt.

Neubesetzung bei Wobi

Ein solches Gespräch hat es im vergangenen Herbst auch mit Kompatschers Vorgänger gegeben – damals zum Aufsichtsrats-Vorsitz Pirchers im Wohnbauinstitut. Obwohl Pircher laut seinem Freund Luis Durnwalder Mitte Oktober seinen unmittelbaren Rücktritt vom Wobi-Stuhl angekündigt hatte, blieb danach einige Zeit unklar, ob er sein seit 1997 gehaltenes Amt tatsächlich freiwillig aufgegeben hatte. In Pirchers Handelsregisterauszug scheint das Wobi-Mandat jedenfalls bis heute auf; auf der Homepage des Wohnbauinstitutes bleibt das Feld zum „neuen Aufsichtsrat“ bislang leer. Doch Wobi-Präsident Konrad Pfitscher bestätigt, dass Pircher bereits seit Herbst nicht mehr sein Amt als Aufsichtsratspräsident ausgeübt hat; laut dem zuständigen Landesrat Christian Tommasini wurde erst diese Woche ein neuer Aufsichtsrat bestellt.

Gefragter Mann - oder doch nicht mehr?

Franz Pirchers goldene Zeiten als Vertrauensmann in Gesellschaften der öffentlichen Hand scheinen also definitiv dem Ende zuzugehen.  Arbeitslos bleibt der ehemalige SVP-Bezirksobmann des Pustertals deshalb noch lange nicht. Denn bei  privaten Unternehmen und im Genossenschaftssektor ist Pircher nach wie vor ein gefragter Mann. Aufsichtsratspräsident ist er laut seinem Personenregister in der Elektrizitätswerk Toblach AG, bei der Biogas Wipptal Gmbh, die 2008 von der SEL AG und 29 Bauern des Wipptales gegründet wurde, bei der Brunecker Elpo Gmbh, der Schönhuber AG, der Wärmewerk Rasen AG und der Wasserkraftwerk Mühlwald AG. Dazu kommen noch gewöhnliche Aufsichtsratssitze in Unternehmen wie Bauexpert, Innherhofer AG, Gastronomie Kronplatz. Kofler & Rech AG, Panalex GmbH,  Volgger Holz GmbH oder der Zingerelemetal AG.

Erst am vergangenen Wochenende wurde Franz Pirchers Stuhl im Kontrollgremium der Sennerei Drei Zinnen bestätigt. Zumindest bei der Ahrntaler Energiegenossenschaft verabschiedete man sich dagegen am vergangenen Samstag nach neun Jahren vom bisherigen Präsidenten des Kontrollorgans. Nachfolger von Franz Pircher wurde dort der Brunecker Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Herbert Forer. Von einem Rausschmiss seines Vorgängers will er nicht sprechen: „Das war eine ganz normale Wahl, die alle drei Jahr stattfindet“, sagt er. „Und da entscheiden die Mitglieder, wen sie wählen.“ Ihre Gründe dafür werden sie aber wohl gehabt haben.

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Josef Ruffa Sun, 05/04/2014 - 17:18

die Mitglieder, die Aktionäre ...., jene also welche als Organ eine Macht ausüben können, dürfen und sollten (müssen) die statutarischen Bestimmungen (das Regelwerk der Gesellschaft) ändern, damit jemand unter gewissen Umständen eben zurücktreten muss. So lang die sogenannten "regole di ingaggio" nicht geändert werden, bleibt alles so wie es eben vom Gesetzt vorgeschrieben ist. Wenn ein Mandatar für die Gesellschaft nicht tragbar ist, muss eben die Gesellschaft schon vor der Ernennung die diesbezüglichen Regeln definieren.

Sun, 05/04/2014 - 17:18 Permalink