Society | Corona-Soap - Part 3

Nachbeben

Stell dir vor Corona wäre ein Erdbeben
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Foto: Goggel Totsch

Was bisher geschah ...

Exit-Strategie? Nein, ich habe keine Exit-Strategie. Ich habe überhaupt keinen Plan wie es weiter gehen soll. Meine Welt liegt in Trümmern und es hört nicht auf zu wackeln. Ich habe keine Arbeit, keine Kohle - das einzige was ich im Überfluss habe sind Probleme. Und nein, ich habe keine Ahnung, ob das Tirolerheim Alpine Mountain Ressort (da steckt die qualitative Erweiterung schon im Namen) je wieder aufmacht. Da war ich bis zum vorzeitigen Saisonsschluss Zimmermadl. Der Beck sagte, die Chefitäten hätten letzte Woche für ihre Frühstücksbrötchen den Apple-Computer vom Sohnemann in Zahlung gegeben. Armer Alex - der geht mit meiner Gitsch in die selbe Klasse. Wie macht der jetzt sein Home-Schooling? Wenn die (und ich) nur ein Quäntchen Glück haben, kaufen irgendwelche Investoren aus Singapur ihnen ihre Schulden ab. Verdammt, ich brauche diesen Job!
„Eine Apple-Kiste für ein Paarl und drei Kornspitz - ein fairer Tausch“, würde mein zukünftiger Ex sagen, der schon gefühlte drei Monate im Keller haust. Bei Äpfeln sieht er rot.

9,1 auf der nach oben offenen Richterskala

Das einzig positive an der derzeitigen Situation war nicht nur der positive PCR-Test von meinem zukünftigen Ex, sondern auch, dass ich dadurch erfahren habe, dass er mich seit einem halben Jahr betrügt. Denn bei wem hat er sich angesteckt? Bei Evelin, dieser Schlampe. Meine beste Freundin - ab nun mit dem Präfix „Ex“.
Alle entrümpeln derzeit ihre Keller - ich muss leider bis zum 4. Mai damit warten.  Bis zu seiner Delogierung kann er noch seine bescheuerten Schwert- und Degenfilme schauen - dann ist Sendeschluss! Mit einem abgesägten Besenstil übt er neuerdings fechten … wenn er dazu nur nicht diese Laserschwertgeräusche aus den Star Wars Filme machen würde. (Bei den einen geht das Händewaschen langsam ins Zwanghafte über, bei ihm das Kampftraining). Pfeil und Bogen vom Faschingskostüm der Gitsch hat er sich geangelt. Für Schießübungen. Er trifft sogar die an der Wand pickenden Konterfeis seiner Lieblingsfeinde. Keine Kunst aus zwei Meter Distanz sagen sie?
Hatte ich erwähnt, dass er als Spirituosenvertreter seinen Musterkoffer mit dem Hochprozentigen mit in die Quarantäne genommen hat? Mich wundert, dass dieses Virus nicht sofort an Alkoholvergiftung eingegangen ist. „Innere Desinfektion“ nennt er das. Mir wäre lieber, er hätte dem Covidioten aus USA zugehört und mit Desinfektionsmittel gurgelt. Hätte er sich mal ordentlich nicht nur verbal auskotzen können. So wie ich. Jeden Morgen. Nach dem Frühstück ist es besonders schlimm. Wenn es wieder ein Mädchen wird, nenn ich sie entweder Corona oder Pandemia.
Ja, ich kann wieder lachen. Wäre ich Helene Fischer, würde ich singen, dass ich so viel geweint habe, dass jetzt keine Tränen mehr übrig sind. Schon alleine wegen der Gitsch muss ich mich zusammenreißen. Ich habe kurz überlegt, ob ich es wegmachen lassen soll - noch ein Maul mehr zu füttern - aber in einer Zeit wo so viel gestorben wird, sollte man dem leisesten Hauch an Leben eine Chance geben. Das wäre dann mein Beitrag. Auch wäre das mit dem Abtreiben etwas schwierig. Die Cousine der Schwägerin meiner Nachbarin arbeitet im Spital in Boazn und die wusste aus sicherer Quelle, dass zur Zeit nicht abgetrieben wird, weil man das Personal zum Tamponi-Nehmen abkommandiert hat. Überhaupt sei das ganze Krankenhaus wie ein Geisterschloss, nur hie und da sähe man eine Krankenschwester oder einen Doktor über die Flure huschen und in der Ersten Hilfe würde man Zeuge einer kollektiven Wunderheilung der Boazner Hypochonder - gähnende Leere. Ich schweife ab … habe ich das jetzt wirklich geschrieben?! Bin wohl auch schon angesteckt!

XI auf der zwölfteiligen Mercalliskala

Ich habe noch nie so viel ferngesehen wie jetzt. Bis unsere Internetverbindung gegen Mitternacht für den Heimunterricht schnell genug wird, schaue ich mit der Gitsch jetzt immer einen Film. E.T. haben wir letztens gesehen oder ihre H2O-Meerjungfrauenserie. Der König Artus hätte sicher meinem zukünftigen Ex gefallen oder die James Bond Filme mit Pierce Brosnan. Bringt mich auf direktem Weg zu seiner Liste - er macht ja für alles ständig Listen. Im von ihm prophezeiten Mittelalter des Nach-Corona sieht er sich als moderner Robin Hood, der für eine Umverteilung von Oben nach Unten kämpft (capito, warum er jetzt immer Bogenschießen übt?) Die Liste der durch ihn „Zwangsbesteuerten“ für den Wiederaufbau, liest sich wie das Who-Is-Who der 100-Reichsten-Südtiroler, wie sie am Jahresende beim Tabacchino zu kaufen ist (ich glaube sogar, er hat sie einfach kopiert). Die ersten vier sind:

  • James Bond (detto, die Doppelnull)
  • Der Zwischenrufer aus dem Weinbergweg
  • Der Knilch
  • Der Kläffer aus der Südtirolerstraße

Keine Ahnung wen er damit meint, aber er sagte immer, dessen Gewinne würden aus seinem und meinem Steuergeld bezahlt. Vier mal steht er da, damit er auch ganz bestimmt nicht vergisst ihn auszusackln. Mein zukünftiger Ex war schon immer ein romantischer Spinner. Das habe ich damals an ihm gemocht. Leider ist er nie aus der Pupertät heraus und in der Wirklichkeit angekommen - wie alle Männer. Glaubt irgendwer, dass die Geldsäcke und Groaßkopfeten die Zeche für dieses Kataklysma bezahlen werden? Die, die mir gönnerhaft 10 Euro Trinkgeld in die Hand drücken, dafür, dass ich zwei Wochen lang ihre 448-Euro-pro-Person-und-Tag-mit-3/4-Pension-Suite sauber gemacht habe? Dafür kriege ich beim Hintertoler genau zwei Mundschutzmasken. Meine Gitsch prügle ich immer durch die Sprachen-App, damit sie wenigstens „Sänk ju, werrie Matsch!“ sagen lernt - gibt's sicher fünf Euro Englischbonus drauf.
Robin Hood! Ich schau mir erst mal an, wie der hier im Dorf eine Wohnung findet. Schon als Angehörige eines Quarantänierten bist du wie eine Aussätzige; nur knapp über den Muselweibern. Zum Einkaufen schicke ich jetzt immer die Gitsch - zuckt sonst die ganze Reihe vor dem Laden, wenn ich mich anstelle. Der Lieferservice stellt dir das Zeug vor die Tür und verschwindet ohne Klingeln. „Verschone uns oh Herr vor dem Aerosol der anderen ...“ In den Laden lässt man Kinder ja nicht, weshalb ich telefonisch bestelle und der Moritz - der Bub vom Hintertoler - bringt ihr dann die Einkaufstasche raus. Danach lechzt sie den ganzen Tag und wenn es finanziell tragbar wäre, sollte ich jeden Tag etwas kaufen. Auf der Faschingsparty vor dem Lock-Down hat sich die arme Haut heillos in den Moritz verknallt. Etwas früh? Da kommt sie ganz nach ihrer Mami ;-) Sie würde sich lieber die Zunge rausreißen lassen, als zuzugeben, dass sie den Moritz mag. Ich habe volle Empathie für das dahinschmachtende Ding: Uns beiden wird schon beim Gedanken an Essen schlecht; es gibt keinen Seismographen, der die Magnitude unserer Stimmungsschwankungen aufzeichnen könnte; und wir haben null Ahnung, wie wir aus dem ganzen Schlamassel wieder raus kommen. „Lät's gät Exit don!“

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Goggel Totsch Sat, 05/02/2020 - 19:24

In reply to by Sepp.Bacher

Naja, dem Text fehlt auch etwas der Biss. Die Corona-beförderten Existenzängste machen mich milde dieser Tage. Allein der Fakt, dass ich mich herablasse, ihnen zu antworten, gibt ein beredtes Zeugnis davon! Wenn ich erst "Wieder in Arbeit bin ...", gelobe ich Besserung.

Sat, 05/02/2020 - 19:24 Permalink
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Verena Permann Sat, 05/02/2020 - 19:48

@Goggel Totsch ...dem
Text fehlt gar nix :-) einwandfrei sauber ...was hab' i glacht ...nuja, das mit dem Ressort könnten auch Russen kaufen ... dann gäb's wieder Erweiterung und knusprige Brötchen mit Kaviar !

Sat, 05/02/2020 - 19:48 Permalink