Environment | Interview

„Brauchen einen Technologiemix“

Claudio Battiston vom Amt für Energie und Klimaschutz benennt die größten Problemfelder der Energiewende: Transporte und Wärmeverbrauch.
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Foto: Kindel Media on Pexels
salto.bz: Herr Battiston, Südtirol hat mit der Wasserkraft gute Chancen bei der Energiewende. Allerdings verursachen andere Sektoren noch immer hohe Treibhausgasemissionen. Wie können diese Herausforderungen angegangen werden?
 
Claudio Battiston: Wir stehen vor der Herausforderung ein System aufzubauen, das nachhaltig auf eigenen Beinen stehen kann. Das ist aber auch keine banale Aufgabe. Zurzeit stellen die Transporte, neben der thermischen Energie, das größte Problem dar. Heutzutage fahren fast alle Fahrzeuge noch mit fossilen Treibstoffen. Würden alle auf E-Autos umsteigen, würde wiederum der Verbrauch der elektrischen Energie steigen. Würden wir zudem den Wärmeverbrauch mit Wärmepumpen abdecken, bräuchten wir im Winter noch mehr elektrische Energie. Aber in der kalten Jahreszeit, gerade wenn die Wärmepumpen mehr im Einsatz sind, produzieren Photovoltaikanlagen weniger Strom als im Sommer.
 
 
Wie kann dieses Problem gelöst werden?
 
Wir brauchen einen Technologiemix, der unseren Strombedarf über das ganze Jahr deckt. Durch einen vermehrten Einsatz von Photovoltaik wird die Stromerzeugung im Winter erhöht. Im Sommer ist es möglich, dass mehr elektrische Energie produziert als verbraucht wird. Eine eventuelle Überproduktion von Strom wird in das Netz eingespeist. Eine gute alternative Lösung ist die Deckung des Wärmeverbrauchs durch den Ausbau von Fernwärme aus erneuerbaren Energiequellen (wie beispielsweise Biomasse, Anmerkung d. R.), insbesondere durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.
Zum anderen sind wir als Provinz bei Energiegemeinschaften noch vorsichtig, weil die Gründung einer Energiegemeinschaft mit dem derzeitigen Rechtsrahmen noch einige Unsicherheiten birgt.

Wie kann Südtirol die Wasserkraft noch besser nutzen?

 
Die Wasserkraft ist in Südtirol bereits weitestgehend ausgenutzt, weshalb nur noch einzelne Kraftwerke errichtet werden können. Dabei kommt dem Erhalt des guten Gewässerzustandes stets oberste Priorität zu. Der Einsatz von neuer Technologie, z.B. bei der Sanierung abgenützter Rohrleitungen sowie durch Einbau von Generatoren und Transformatoren letzter Generation, ermöglicht jedoch einen deutlich höheren Wirkungsgrad der Anlage, weshalb die Stromproduktion durch solche Maßnahmen wesentlich gesteigert werden kann. Hier ist das Verwaltungsverfahren für die Erneuerung der Wassernutzungskonzessionen von Kraftwerken über 220 Kilowatt (mittlere jährliche Nennleistung) ein wirksames Mittel, um im Wettbewerbsverfahren Projekten mit neuen Anlagen und hohem Wirkungsgrad den Vorzug zu geben. Außerdem werden für diese Optimierungsarbeiten ‚traditionelle‘ und nicht ‚exotische‘ Materialien verwendet.
 
Was sind die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu den Energiemaßnahmen der Provinz, auf die sich Energielandesrat Giuliano Vettorato vor kurzem in einer Landtagsdebatte bezog?
 
Seit November letzten Jahres wurde innerhalb des Energietisches des Landes eine Fachgruppe für Photovoltaikanlagen eingerichtet. In der Arbeitsgruppe waren sowohl Expert:innen der Landesverwaltung als auch der Energieagenturen von Tirol und Trentino sowie die wichtigsten Interessensvertretungen anwesend. Die Arbeitsgruppe hat ein Strategiepapier erarbeitet, das vom Energietisch gutgeheißen worden ist und nun der Landesregierung vorgestellt wird.
 
Wie hängt das Strategiepapier für Photovoltaik mit dem Klimaplan der Landesregierung zusammen?
 
Auch wenn es viele Überschneidungspunkte gibt, wurden die beiden Programme separat voneinander behandelt. Die Vorschläge der Bevölkerung zum Klimaplan werden bekanntlich derzeit von externen und unabhängigen Expert:innen bewertet. Die Maßnahmen aus dem Strategiepapier sollen kohärent zum Klimaplan sein. Dieses wird parallel, aber getrennt behandelt, da es so auch früher verabschiedet werden kann.
 
 
Wieso hat sich Südtirol entschieden, erst die endgültigen Bestimmungen der nationalen Regierungsbehörde ARERA zu Energiegemeinschaften abzuwarten? Andere Regionen wie die Emilia-Romagna haben bereits selbst dazu Gesetze erlassen.
 
Das liegt zum einen an unseren gesetzlichen Befugnissen, da die Provinz im Vergleich zu anderen Regionen schon jetzt erneuerbare Energien fördern kann und kein besonderes Gesetz für Energiegemeinschaften erforderlich ist. Zum anderen sind wir als Provinz bei Energiegemeinschaften noch vorsichtig, weil die Gründung einer Energiegemeinschaft mit dem derzeitigen Rechtsrahmen noch einige Unsicherheiten birgt. Auf Landesebene sind viele Energiegenossenschaften schon seit langem tätig, sodass wir über konkrete Erfahrungen in diesem Bereich verfügen. Um negative Erfahrungen mit diesem neuen System zu vermeiden, bereiten wir uns vor und warten auf die neuen Ministerialdekrete, die die rechtlichen Rahmenbedingungen endgültig regeln werden. Laut RSE, ein staatliches Energieforschungsinstitut, amortisieren sich die Investitionen für eine Energiegemeinschaft durchschnittlich nach acht bis zehn Jahren. Außerdem ist es nicht immer einfach, sich in einer Gemeinschaft, wie etwa auch in einem Kondominium, auf etwas zu einigen. Deswegen ist es besonders wichtig, die richtigen Bedingungen im privaten Vertrag zwischen den Beteiligten festzulegen.
Damit können viel größere Energiegemeinschaften entstehen.
Welche Gesetze gelten zurzeit auf nationaler Ebene zu erneuerbaren Energien?
 
Mit Artikel 42-bis des Dekrets „Milleproroghe“ hat Italien die Energiegemeinschaften betreffenden Artikel der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2018/2001/EU im Voraus und versuchsweise umgesetzt. Zurzeit müssen alle Mitglieder einer Energiegemeinschaft sich unter derselben Sekundärkabine befinden, die den Strom von Mittelspannung in Niederspannung umwandelt, und die Leistung jeder Anlage darf 200 Kilowatt nicht überschreiten. Das nationale Gesetzesdekret zur Umsetzung der gesamten europäischen Richtlinie wird in Kürze veröffentlicht und wird die Regeln für Energiegemeinschaften teilweise ändern. Die Referenzkabine wird die Primärkabine sein, die die Stromspannung von Hoch- auf Mittelspannung umwandelt, und die zulässige Leistung pro Anlage wird auf 1 Megawatt steigen. Damit können viel größere Energiegemeinschaften entstehen. Die endgültigen Bestimmungen dazu sollte ARERA, die staatliche Regulierungsbehörde, bis September 2022 ausarbeiten. Darüber hinaus wurden auch Neuerungen bei der Nutzung von selbst erzeugtem Strom in Mehrfamilienhäusern eingeführt.
Wenn ich, zum Beispiel, ein geeignetes Dach für Photovoltaik habe, dann würde ich angesichts der explodierenden Energiepreise dort sofort Solarpaneele aufstellen.
Was können Kondominien hier machen?
 
Die Bewohner:innen von Mehrfamilienhäusern können den auf ihren Dächern direkt aus Sonnenenergie erzeugten Strom auch für den Verbrauch der einzelnen Gebäudeeinheiten nutzen und nicht nur für den gemeinschaftlichen Gebrauch, wie es bisher der Fall war.  
 
Welche Rolle spielen die explodierenden Energiekosten bei der Gründung von Energiegemeinschaften?
 
Der Krieg in der Ukraine und die variable Preisentwicklung erschweren eine langfristige Planung. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass die Preise höher bleiben als noch vor ein, zwei Jahren. Eine Energiegemeinschaft kann aber nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen ins Leben gerufen werden, sondern auch aus sozialen.
 
Welche Vorteile haben Unternehmen von Energiegemeinschaften?
 
Energiegemeinschaften sind zum Beispiel für Unternehmen in Industriezonen interessant. Ein Unternehmen mit einem niedrigen Strombedarf und einer großen Lagerhalle kann auf dem Dach mehr Solarstrom produzieren, als es selbst verbraucht. Den überschüssigen Strom kann es an ein oder mehrere Nachbarunternehmen verkaufen, die sehr viel Strom verbrauchen, aber kein großes Dach haben.
 
Wie wird das Angebot der Energiegemeinschaften in Italien bis jetzt genutzt?
 
Bis jetzt haben erst sehr wenige neue Energiegemeinschaften tatsächlich angefangen, selbst Strom zu produzieren. Soweit wir wissen, gibt es in Italien 30 bis 40 neue Energiegemeinschaften und mehr als die Hälfte davon sind Mehrfamilienhäuser.
Es ist auch sehr wichtig, ein laufendes Monitoring einzuführen, um effektiv und gerecht für jede soziale Schicht vorzugehen.
Wie sollen Bürger:innen mit der Komplexität der Energiewende umgehen?
 
Jede:r kann die Möglichkeiten nutzen, die ihm oder ihr zur Verfügung stehen. Wenn ich, zum Beispiel, ein geeignetes Dach für Photovoltaik habe, dann würde ich angesichts der explodierenden Energiepreise dort sofort Solarpaneele aufstellen. Die Energiepreise sind im Vergleich zum Vorjahr um das Fünf- bis Sechsfache gestiegen. Aber es gibt unzählige Maßnahmen, die wir durchführen können, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringen.
 
Wie sieht es mit der Planbarkeit der Energiewende aus?
 
Für die nächsten Jahrzehnte brauchen wir klare Ziele, vor allem Dekarbonisierung und Klimaneutralität, und wirksame Maßnahmen, um sie zu erreichen. Es ist auch sehr wichtig, ein laufendes Monitoring einzuführen, um effektiv und gerecht für jede soziale Schicht vorzugehen.
 
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Massimo Mollica Mon, 07/04/2022 - 15:31

A parte che nella foto si vede una persona che non rispetta le minime norme di sicurezza (poi non lametetevi se vi sono i morti sul lavoro). Detto questo le vicende geopolitiche ma anche il cambiamento del clima richiedono scelte radicali e repentine. Sempre se interessi a qualcuno il bene comune.
Quindi dobbiamo spingere per il teleriscaldamento e fonti rinnovabili. E la mobilità elettrica impatta nei consumi molti di meno di quanto si pensi. Come si traduce questo?
In agevolazioni per chi adotti teleriscaldamento e pannelli fotovoltaici. Anche in condomini che potrebbero sostituire caldaie a gas con pompe di calore. Anche con condomini che installano pannelli fotovoltaici direttamente sui propri balconi, senza dover passare dalla solita burocrazia, che è uno dei grandi mali del mondo o dalla volontà di vicini che pensano solo ai soldi. Non esiste motivazione paesaggistica quando si tratta si salvagurdare la natura!
Le leggi della fisica sono predominanti sulle leggi dell' uomo!
Il burocratese va eliminato e bisogna implementare colonnine di ricariche nei lampioni e portare l'induzione per autostrade e superstrade. La bolzanina Alpitronic potrebbe aiutare in questo senso. Perché non pensare di costruire pannelli fotovoltaici dirattamente in loco e perché no anche gigafactory? Sapete cosa significa smettere di respirare polveri sottili e il puzzo dei diesel?
Dobbiamo correre! Correre!

Mon, 07/04/2022 - 15:31 Permalink