Politische Mediation: ein Ausweg für Brixen?
Die mit ihrem Seilbahnprojekt unterlegenen Interessengruppen bringen jetzt eine Mediation als Lösung des Konflikts ins Spiel. Die Politische Mediation ist ein freiwilliges und strukturiertes Verfahren, in dem zwei oder mehrere Konfliktparteien mithilfe eines neutralen Mediators einen systematischen Kommunikationsprozess durchlaufen. Bekannte Beispiele für ähnliche Schlichtungsverfahren sind der Konflikt um den Ausbau des Frankfurter Flughafens und Stuttgart 21.
In Südtirol ist dieses Verfahren beim Flughafenausbau in Bozen eingesetzt worden. Diese chronisch defizitäre Infrastruktur hat das Land bisher über 100 Mio. Euro gekostet und wird höchstwahrscheinlich von der Mehrheit der Südtiroler abgelehnt. Auf Betreiben der L.Abg. a.D. Thaler beschloss die Landesregierung im Oktober 2006 die Einleitung einer Mediation und beauftragte einen spezialisierten Dienstleister. Die Verhandlung zog sich 6 Monate hin und wurde im Juli 2007 offiziell mit Übergabe der Dokumentation an die Landesregierung abgeschlossen. Die 288.000 Euro teure Mediation war ergebnislos verlaufen, das Problem schwelt noch heute. Allerdings war das Verfahren von vornherein nicht korrekt eingeleitet worden weil nicht alle wesentlichen Akteure beteiligt waren, wie etwa der DfNUS. Seitens der Landesregierung gab es zudem keine klare Zusage, sich ans Mediationsergebnis zu halten.
Für Brixens Verbindung nach St. Andrä eignet sich dieses Verfahren nicht. Der Konflikt ist zunächst durch demokratische Abstimmung über drei Optionen gelöst worden. Das Ergebnis ist bindend, die Stadt hat ihren Auftrag, den Bürgerwillen umzusetzen. Mit wem wollen sich die Überspann-Seilbahn-Betreiber an den Mediationstisch setzen? Mit den 5.000 Brixnern, die den Bus ausbauen wollen? Notfalls könnten diese auch klagen. Streng genommen kann dieses Ergebnis nur durch eine neue Volksabstimmung revidiert werden. Eine Mediation hätte vorher ins Spiel gebracht werden müssen.
Andere, anderswo erprobte Verfahren der Bürgerbeteiligung bei kommunalen Entwicklungsprojekten bieten sich an. So hat etwa Vorarlberg seit 2006 mit rund 40 „Bürgerräten“ positive Erfahrungen gemacht. In Lienz hat man mit einem innovativen Verfahren der Bürgerbeteiligung (Energierat der Stadt Lienz) ein aufwändiges Energieprojekt umgesetzt. Diese Bürgerpartizipation bei Planungsprozessen soll jetzt auch bei der Mobilitätspolitik in Lienz angewandt werden. „Charrette“ ist eine konsequente öffentliche Planungsmethode mit direkter Beteiligung der Bürger, die schon komplexe Probleme der Stadtentwicklung gelöst hat. Das einfache Prinzip: Betroffene, Entscheidungsträger, Projektentwickler und Planer reden und entwerfen miteinander Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren können in den konkreten Planungsvorgang integriert werden. Am ehesten kommt hier das „Bürgergutachten“ in Frage, das in Deutschland seit 1975 rund 30 Mal vor allem bei kommunalen Vorhaben im Verkehr, Energie und Stadtentwicklung angewandt worden ist. Mit solchen weit kostengünstigeren Verfahren als einer Mediation können Bürger im Vorfeld der Entscheidungen einbezogen werden. In Brixen hat man allerdings „im Vorfeld“ eine Bürgerinitiative von unten abgeblockt, weshalb Brixen auch bessere Regeln für die direkte Demokratie braucht. Eine neue POLITiS-Publikation zu diesem Thema wird am Mittwoch, 8. Oktober, 18 Uhr, im Bozner Kolpinghaus vorgestellt.