Culture | Salto Afternoon

Magnagos Bar

Vor wenigen Tagen wurden die beiden Bücher „Das Handwerk des Zusammenlebens“ und „Stare insieme è un’arte“ vorgestellt. Im Doppelpack.
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Foto: Salto.bz

Mit dem gängigen Leitsatz: Südtirol ist und bleibt für Österreich eine Herzensangelegenheit startet das Vorwort des jüngst in der Übersetzung vorgestellten Buches Das Handwerk des Zusammenlebens. „Von Innsbruck bis Wien“ schreiben die beiden Autoren Lucio Giudiceandrea und Aldo Mazza – im Bezug auf das österreichische Herzensanliegen –  wird diese Aussage seit Jahrzehnten bei jedem institutionellen Gespräch, bei jedem politischen Treffen, bei jeder öffentlichen Gelegenheit, bei der es um Südtirol geht, wiederholt und bekräftigt.“ Mit Südtirol sind aber lediglich „die Nachkommen der deutsch- und ladinischsprachigen Bewohner des historischen Tirols“ gemeint, „nicht die italienischsprachigen Einwohner der Autonomen Provinz Bozen, die in den letzten hundert Jahren aus anderen Regionen der Halbinsel eingewandert sind.“ Die viel zitierte „Schutzmachtfunktion bezieht sich einzig und allein auf die deutsche und ladinische Minderheit in Italien.“ 

Zusammenzuleben ist ein schwieriges Handwerk, eine Kunst, die nie endet, die man hegen und pflegen muss, ohne sich je der Illusion hinzugeben, dass man sie ein für alle Male beherrscht.

Unter dem Titel Stare insieme è un’arte ist die Originalversion der kritischen Sozialstudie bereits 2012 in italienischer Sprache erschienen. Nun liegt das Buch als Neuauflage vor und in der Übersetzung ins Deutsche. Die Leserinnen und Leser können nachspüren, „was die Politik und was die einzelnen Bürger tun können, um Spannungen und Konflikte zwischen den Sprachgruppen zu vermeiden.“


„Es gab in den 1980er Jahren, zur Zeit der Volkszählung, eine heftige Diskussion zwischen Silvius Magnago und Alexander Langer“ erzählte Lucio Giudiceandrea bei der Vorstellung des Buchtandems: „Magnago vertrat die Position der Sprachzugehörigkeit und den damit anwendbaren Proporz, Alexander Langer entgegnete, dass dieses System, Gemeinschaften ausschließe, die Personen in Käfige sperre.“ Silvius Magnago konterte daraufhin mit einer stammtischreifen Bemerkung: „Jo wenn`s enk unbedingt treffen wellts, donn trefft`s enk holt in der Bar...“ Giudiceandrea zitierte Magnagos Bar-Sager im Südtiroler Dialekt und betonte wie die Bar als Treffpunkt in ihrer Abhandlung immer wieder aufblitzt, als Sinnbild für einen Freiraum, in welchem man zusammenkommt, miteinander redet und sich somit kennenlernt.

Gerhard Mumelter, Moderator der Runde, nahm das Stichwort Magnago wohlwollend auf und beleuchtete mit einer Anekdote die Logik der Provinz: „Silvius Magnago, war mein Pate und er hieß ursprünglich nicht Silvius, sondern Silvio. Ich erinnere mich noch genau an seine Hochzeitsanzeige, da hat er sich noch Silvio genannt, irgendwann war er dann Vizebürgermeister in Bozen, und nutzte die Gelegenheit, um seinen Namen ethnisch einzufärben. Diese Geschichte ist symptomatisch für das Thema!“


Das Buch hinterfragt den besonderen Mechanismus des Nebeneinander in Südtirol. Erstaunlich auch, dass die beiden Autoren – sie stammen aus süditalienischen Familien –, von außen kommen und ihre Beobachtungen auf das Land feinsinnig wiedergeben. 
Zur Erstauflage wurde das Buch – die Übersetzung aus dem Italienischen stammt von Walter Kögler – um das Kapitel Die neuen Anderen ergänzt. Es beschäftigt sich mit dem Thema der neuen Mitmenschen in Südtirol und der Tatsache, dass zu den drei Südtirol-Sprachen Deutsch/Italienisch/Ladinisch weitere 100 Sprachen dazugekommen sind.