Society | Prävention

Cannabis. Freigabe und dann?

Das Thema Cannabisfreigabe ist wieder sehr aktuell. Für die Prävention wäre eine Legalisierung mit einer Reihe von alten und neuen Herausforderungen verbunden.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Was passiert nach der Legalisierung von Cannabis?
Foto: Pixabay

Zum einen gibt es etwa 15 amerikanische Bundesstaaten (seit 2014),  Kanada (2018) und Uruguay (2013), die Konsum, Besitz, Verkauf und Anbau von Cannabis legalisiert haben, zum anderen diskutieren zahlreiche Länder über Gesetzesvorhaben zur Cannabis-Legalisierung: Mexiko, Israel, Schweiz, Luxemburg, Italien, letzthin auch Deutschland bei den z.Z. laufenden Koalitionsgesprächen für eine neue Regierung.  

Über pro und contra einer Freigabe wird auch in der Suchtprävention seit Jahrzehnten zum Teil  heftig diskutiert. In letzter Zeit werden die Stimmen, die sich für eine kontrollierte Abgabe aussprechen mehr und lauter. So war auch der Tenor Richtung Freigabe bei der kürzlich abgehaltenen jährlichen Fachtagung der Österreichischen ARGE Suchtprävention, bei der auch die Fachstelle Sucht des Forum Prävention Mitglied ist, eindeutig. Allerdings mit einem wichtigen Zusatz: der Zugang zu Cannabis und Cannabisprodukten für den Freizeitgebrauch muss reguliert und eingeschränkt sein. Damit ist beispielsweise gemeint, dass Cannabis nicht neben Schokolade oder Waschmittel in den Regalen der Supermärkte erhältlich sein darf, sondern nur bei definierten Abgabestellen, dass ein allgemeines Werbeverbot gilt und der Jugendschutz eingehalten wird. Gleichzeitig sollen über die Steuereinnahmen Präventionsmaßnahmen finanziert werden.

Regulierung ist also eine logische Folge der erfolglosen Repressionsmaßnahmen der letzten 40 Jahre. Das Verbot hat zum einen Konsument*innen kriminalisiert, zum anderen wurde der Schwarzmarkt, trotz massiven Mitteleinsatzes durch Polizei und Gerichte, nicht verhindert.

Das Ende einer nicht mehr zeitgemäßen Prohibition, die für die aktuelle inakzeptable Situation verantwortlich ist, scheint nahe.

Für die Prävention ist das mit einer Reihe von alten und neuen Herausforderungen verbunden.

Suchtprävention wird sich in Zukunft noch mehr darauf konzentrieren müssen, die Konsum- und Risikokompetenzen von konsumierenden Menschen zu fördern. Damit sind jene Fähigkeiten gemeint, welche dem Einzelnen dabei helfen, das Konsumverhalten so zu gestalten, dass die eigene, körperliche, geistige und soziale Gesundheit, aber auch die Gesundheit des Umfelds erhalten wird.

Über spezifisches Wissen zu verfügen ist eine der Grundvoraussetzungen dafür. Das kann durch Informationsvermittlung über verschiedene digitale und analoge Kanäle geschehen: beispielsweise durch Flyer, Elternbroschüren, Erklärvideos, Gespräche und Fortbildungen.  Immer wichtiger wird es werden, die zahlreichen Mythen über nicht belegte Wirkungen von Cannabis als Allheilmittel zu relativieren.

Konsumkompetenz entsteht auch über spezifisches Wissen, wie risikoarm und wenig gesundheitsschädlich konsumiert werden kann. Dazu gibt es bereits jetzt etablierte safer-use-Tipps. Auch aufsuchende Partyarbeit im Nachtleben arbeitet in diesem Sinne. Ein Projekt wie streetlife.bz  ermöglicht durch Wissensvermittlung, Erstberatung und Verteilung von Safer Use Materialien einen Zugang zur Risiko- und Gesundheitskompetenz. In einigen Ländern wie der Schweiz oder Österreich ist es zudem möglich über drugchecking sein eigenes Cannabis zu testen. Das ist in einem nicht regulierten Markt wichtiger, weil verunreinigtes, hochpotentes Cannabis oder mit synthetischen Cannabinoiden aufgesprühter Nutzhanf in Umlauf gebracht wird.

Ein weiteres Feld für die Prävention sind Angebote, die die emotionalen Kompetenzen von Menschen fördern. Ein Cannabis-Konsum wird leichter problematisch, wenn die Wirkung für die Minderung von Angst oder Stress eingesetzt wird. Damit es nicht zu einem sogenannten funktionalen Konsum kommt, helfen alternative Erfahrungsräume. Innerhalb des Forum Prävention gelten etwa die Afzack-Projekte als solche. Durch die Teilnahme an diesen, können junge Menschen ihre Beziehungsfähigkeit stärken, mit sich selbst besser in Kontakt treten und Achtsamkeitskompetenzen üben. Der Ausbau von emotionalen Trainings wird in Zukunft noch mehr Gewicht einnehmen

Gearbeitet wird also an einem System aus Lifestyle support, Prävention und Frühintervention. In Anbetracht eines zukünftigen legalisierten Cannabismarktes umso mehr.

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Stefan S Sun, 10/31/2021 - 08:59

Eine Freigabe würde nur Sinn machen wenn die gesamte Drogenpolitik reformiert wird inkl. dem Medikamentenmissbrauch. Der Zugang zu hochwirksamen Schmerzmitteln aber auch zu hochprozentigen Alkohol ist viel zu einfach und vor
allem zu billig. Genauso müssen Coca Cola, Redbull und Co. auch eindeutig als Drogen gekennzeichnet werden.

Sun, 10/31/2021 - 08:59 Permalink