Erbauliche Aussichten?
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Es riecht nach Karton, Holzplatten und Klebstoff zwischen den schräg an die Wände des dreistöckigen Kunsthauses gelehnten Bildplatten, die jeweils mit einer kleinen Menge Begleittext versehen sind. In der Meraner Lauben-Adresse stellt man, mit dezidiert temporärem Charakter Beispiele dazu aus, wie in den letzten Jahren in blumig betitelten Kategorien einiges richtig gemacht wurde. Diese heißen „Reflexive Wiederverwendung“, „Urbane Evokationen“, „Natürliche Architektur“, „Beteiligte Topografie“, „Plausible vernakuläre Baukunst“, „Fruchtbare Ausgrabungen“, „Poetisches Innenleben“, „Kunst und Architektur“ und werden vor Ort - Bedarf gibt es zum Teil - auch noch einmal erklärt, was gemeint ist. Auf die Kategorien verteilen sich 28 größer formatierte Projekte, sowie 28 kleinere.
Neben Kurator, Architekt und Dozenten am Polytechnikum Mailand Filippo Bricolo unterstützen Annette Spiro (Architektin und emeritierte Professorin, ETH Zürich) und Elisa Valero Ramos (Architektin und Professorin an der Universität Granada) ihren männlichen Kollegen bei der Auswahl. Spielt man im ersten Stock noch etwas mehr mit den Ausstellungsmöglichkeiten und eröffnet gleich vom Anfang des Ausstellungsparcours den Besucherinnen und Besuchern wortwörtlich ein Fenster in die Gegenwartsarchitektur, so verliert sich das spielerische Element – bis naturgemäß auf die Kinderecke. „Wie sieht die Architektur der Zukunft aus?“, wird dort als Frage den von den Jüngsten gestellten Illustrationen an den Wänden vorweggeschickt. Die „Zukunft“ sieht für die Kinder dabei zu einem guten Teil so aus, wie man sich die Zeichnung eines Hauses von einem Kind eben vorstellt. Muss man die Architektur in Südtirol überhaupt neu (er)finden?
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Das Projekt „Neue Architektur in Südtirol“ ist, auch bei seiner vierten Auflage, eine Bestandsaufnahme im Sechs-Jahre-Zyklus und möchte auch kategorienübergreifend, Denkanstöße geben, ob es so etwas wie Südtiroler Architektur gibt. Die Frage kann man, auch angesichts der Verschiedenartigkeiten der gezeigten Projekte nicht zu Ende beantworten. Vom kleinen, von der Dorfgemeinschaft geschätzten Buchhütl bis zur geschmacklich streitbaren Santnerpasshütte werden dabei die ausgewählten Projekte (unter Kolleg:innen) mit schöner Sprache geschmückt, die oft fast ebenso blumig ausfällt, wie die Namen der einzelnen Ausstellungsstationen.
Eine durchgängige Architektonische Identität kann man Südtirol im 21. Jahrhundert zumindest nur schwer unterstellen. Zwischen der Kitestationen am Reschensee und der Intercable Arena in Bruneck auf der einen Seite, Umbau und Erhaltungsprojekten, wie auch rein symbolischen Bauten, wie etwa dem „Knottnkino“ liegen Welten, was Ansprüche, Dimensionen und Umsetzung anbelangt. Meinen Geschmack trifft sicher nicht jeder Auftrag, der fotografisch in der Ausstellung abgebildet ist und dabei möchte ich betonen, dass die Beiträge zu verschiedenartig sind, als dass überhaupt alles Anklang finden könnte. Auf der Gegenseite gibt die Formvorgabe „Architektur aus sechs Jahren“ eine ausgesprochen große Abwechslung zwischen ästhetischen, praktischen und einfach nur ausgefallenen Bauten, die für Fachkundige und ein spezialisiertes Publikum gleichermaßen ansprechend sein könnte.
Vielleicht kann man statt einer Identität am Ende „nur“ eine bestimmte Vielfalt im architektonischen Terroir von Südtirol ausmachen und schätzen lernen. Das wäre viel.
Termine und ProjekteKunst Meran zeigt bis 16. Februar 2025, immer von Dienstag bis Samstag (10 bis 18 Uhr), sowie sonn- und feiertags (11 bis 18 Uhr) die Ausstellung „Neue Architektur in Südtirol 2018-2024“.
Gezeigt werden Projekte von:
alpina architects, Walter Angonese, Area Architetti Associati, Architekturgemeinschaft 15, Architekturkollektiv null17, Roland Baldi Architects, bergmeisterwolf, Busselli Scherer, Carlana Mezzalira Pentimalli, CeZ Calderan e Zanovello architetti, Comfort_Architecten, Daniel Ellecosta, Martin Feiersinger, Flaim Prünster Architekten, Andreas Gruber Architekten, Alfred Gufler, Markus Hinteregger, Höller & Klotzner Architekten, kostnerarchitektur, KUP – ARCH, Architekten Mahlknecht Comploi, Messner Architects, MoDusArchitects, Andreas Moroder, NAEMAS Architekturkonzepte, NOA, Fabian Oberhofer, Pedevilla Architects, Peter Pichler Architecture, Senoner Tammerle Architekten, Stifter + Bachmann, Plasma Studio, Markus Scherer, tara, Julian Tratter, Martin Trebo, Lukas Wielander.