Society | Highlights 2018

Sensationen, Märchen und Affären

Das Sportjahr 2018 hat für zahlreiche Auf und Abs gesorgt. Das turbulente Jahr des FCS, die Sensation der Foxes oder der Traum einer speziellen Skidame: Wir erinnern uns.
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Foto: Jarmoluk/Pixabay

Ski-Trio verzaubert Italien

Die Olympischen Spiele von Pyeongchang standen noch vor der Türe, die meisten Blicke richteten sich schon auf den Großevent, der zum 23. Mal, dieses Mal in den fernen Bergen Südkoreas, ausgetragen werden sollte. Wenn man aber Sportler kennt, dann weiß man, dass viele nur von Rennen zu Rennen denken. Ein besonderes Rennen, das vor allem im Nachhinein in aller Munde sein sollte, spielte sich am 14. Jänner in Bad Kleinkirchheim ab. Ein Podium, drei Damen, alle in Blau.

Die Azzurre Sofia Goggia, Federica Brignone und Nadia Fanchini schafften etwas, was es zuvor in der italienischen Skigeschichte noch nicht gegeben hatte: einen Dreifachsieg der Damen bei einem Rennen. Den Schwung aus diesem unglaublichen Ergebnis wusste vor allem Siegerin Goggia mit nach Südkorea zu nehmen. Da hieß es für die junge Lombardin schlussendlich Olympia-Gold in der Abfahrt.

Sensation des Jahres

Dass der HC Bozen die Rolle des Aschenputtels in der EBEL sehr gut beherrscht, hat der Einstieg als krasser Außenseiter und der direkte Sieg in der österreichischen Eishockeyliga 2014 schon gezeigt. Wer damals gedacht hatte: „So, das ist das höchste der Eishockeygefühle“, musste seine Einstellung nach dem 20. April 2018 gehörig überdenken.

Letzter Platz in der Liga, die Play-Off-Plätze nur ein ferner Traum der Mannen rund um Kapitän Alexander Egger. Wir schreiben Ende 2017. Aber was wäre eine gute Geschichte ohne dramatischen Prolog. Der Finne Kai Suikkanen übernimmt das Ruder in der Bozner Eiswelle, führt sein Team mit von taktischer Disziplin und aufopferungsvoller Hingabe geprägtem Spiel von Sieg zu Sieg und schließlich zum siebten Spiel der Best-Of-Seven-Serie in Salzburg. Jene Salzburger, denen die Foxes schon vier Jahre zuvor den Pokal im letzten Spiel zuhause vor der Nase weggeschnappt hatten. Sie können es einfach nicht lassen. 

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Der Weltmeister muss seine Koffer packen

Südtirols Fangemeinschaft ist traditionell bei Großevents wie die Fußball-EM und -WM gespalten. Auf einer Seite hat man die treuen Fans der Italiener, auf der anderen Seite – auch ob des Umstandes, dass der österreichische Fußball so ist, wie er nun einmal ist – die Fans der deutschen Nationalmannschaft. Während Erstere jede WM-Hoffnung schon im Herbst 2017 begraben mussten, als man im Play-Off gegen harmlose Schweden noch viel harmloser ausgeschieden war, durften sich die Südtiroler Fans der ominösen „Mannschaft“ auf den Besuch ihrer Idole in Eppan freuen und sie anschließend mit Socke und Sandale nach Russland verabschieden.

Doch das Intermezzo des DFB-Teams im Reiche Putins sollte nur ein kurzes sein: Mexiko, Südkorea und die alten nordischen Bekannten der Italiener waren für die Truppe von Jogi Löw zu viel des Guten. Ohne sich großartig zu wehren, trat man anschließend als Gruppenletzter die Heimreise an. Die Erkenntnisse: Deutschlands Biergärten beklagten sich über Gästemangel; die Azzurri hätten in der Gruppe traurigerweise spielerisch trotzdem nicht mithalten können – und Russland liegt unseren teutonischen Freunden einfach nicht.

Die Mannschaft der Herzen

Vier Jahre war es her. Vier Jahre wurde GS Excelsior wie gewohnt auf heimischen und fremden Plätzen vorgeführt und nicht selten zweistellig vom Platz gefegt. Vier Jahre waren vergangen, als man sensationell das erste Spiel überhaupt in der damals 14-jährigen Vereinsgeschichte gewinnen konnte. Und nun war es wieder soweit: Die Projektmannschaft des Vereins La Strada|Der Weg gewinnt in der dritten Amateurliga gegen Jenesien. So weit, so gut. Wer aber denkt, der Siegeshunger ist jetzt wieder für eine weitere Olympiade gestillt, der hat sich geschnitten: Im November folgt der Sieg im Pokalspiel gegen Kortsch.

Auch für zahlreichen Medien Grund genug diesem wunderbaren Projekt eine Bühne zu geben, es der Welt zu zeigen und zu erklären. RAI strahlte im November einen Beitrag zu Excelsior in der Satire-Sendung „Quelli che il calcio …“ aus. salto.bz machte sich auf, das Team eine Woche zu begleiten, um dessen ungewöhnliche Methodik und Zusammensetzung zu verstehen und zu erzählen. Und auch weiterhin werden die Protagonisten an ihrer Geschichte feilen und uns damit beglücken.

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Was heißt schon Serie A?

Der Monat August hatte es mit Sensationen auch auf höherer Ebene in sich. Während sich Excelsior in den Tiefen der 3. Amateurliga von Spiel zu Spiel ackert, wird auch auf höchstem Niveau Fußball gespielt: In der Coppa Italia muss der FC Südtirol gegen Frosinone ran. Die Mannen aus dem Latium waren erst in die Serie A aufgestiegen.

Deren Kader spicken Spieler wie Ex-Arsenals Joel Campbell, ein Mann mit Champions-League- und WM-Erfahrung, oder Cristian Molinaro, ehemaliger Nationalspieler und eine Zeit lang in den Reihen von Juventus Turin vertreten. Doch Hannes Fink und Co. scheinen die großen Namen und das Stadion in der Fremde nicht sonderlich zu beeindrucken. Mit einem überraschend ungefährdeten 2:0-Sieg wirft man die Favoriten aus dem Pokal. Die Freude über den Sieg kennt keine Grenzen, doch das wahre Bonbon wartet auf den FCS noch: In der nächste Runde wartet niemand Geringeres als der FC Turin …

Die Affäre Smith

Wie schön war es doch: Der HC Bozen gewinnt völlig unerwartet die EBEL und spielt sich in die Südtiroler Sportherzen. Alles um den Club scheint in einem rosa Schleier gehüllt, der Landeshauptstadt wurde ein Wir-Gefühl vermittelt, dass man so noch nicht gesehen hatte. Doch dann der Paukenschlag: Ex-Spieler und einer der Protagonisten in den Finalspielen, Austin Smith, holt via Instagram zum Rundumschlag aus. Der US-Amerikaner, der gleichzeitig mit dem Post seine Karriere beendet, beschuldigt den HCB, ihn mit einer Gehirnerschütterung aufs Eis geschickt zu haben, seine Gesundheit langfristig aufs Spiel gesetzt zu haben und ihm nun aus fadenscheinigen Gründen Boni vorzuenthalten.

Gewitterwolken ziehen über der Eiswelle auf und eine Diskussion war in Gange gesetzt worden. In einer Pressemitteilung weist der HC Bozen alle Vorwürfe von sich und nimmt umgekehrt den US-Crack in die Verantwortung. Eine Schlammschlacht kündigt sich an, die dann doch stillschweigend hinter verschlossenen Türen ausgetragen und beigelegt wurde. Die endgültige Wahrheit blieb auf der Strecke, der Zweifel am Vorgehen der Bozner ist aber nach wie vor vorhanden.

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FC Südtirol in Turin

Es hätte das Südtiroler Fußballmärchen schlechthin werden können. Der FC Südtirol fährt nach Turin, um gegen die Erben des „Grande Torino“ die nächste Runde der Coppa Italia auszuschnapsen. Der Wille und der Glaube an die Sensation waren vorhanden, immerhin ist gerade der Fußball nicht selten Co-Autor hinter wunderbaren Geschichten.

Nun ja, aber diese Geschichten sind auch so wunderbar, weil sie wie Wunder eben sehr selten passieren. Obwohl der zwischenzeitliche Ausgleich der Südtiroler beim Stand von 1:0 zu Unrecht aberkannt worden war, war der spielerische Klassenunterschied während der Partie nur selten zu übersehen. Nichtsdestotrotz verabschiedet man sich erhobenen Hauptes aus dem Italienpokal und der Gewissheit, dass man den Stoff für Größeres in sich hat.

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Nicol, das Wintermärchen

Damen-Abfahrt und Super-G in Gröden? Gab es eigentlich noch nie, aber 2018 wird spontan der Rennkalender umgeschrieben. Val d’Isère hat keinen Schnee, die Speed-Rennen werden erstmals in der Geschichte des Weltcups auf der Saslong ausgetragen. Das Szenario scheint wie gemacht für Nicol Delago, die nicht unweit der Piste ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte.

Ein fünfter Platz in Lake Louise wenige Wochen zuvor versprach schon einiges; doch war es genug für die ganz große Sensation? Ja, tatsächlich, war es! Nach einem fulminanten Lauf und nur einer übermächtigen Ilka Stuhec durfte sich die Lokalmatadorin über einen sensationellen zweiten Platz freuen. Die junge Grödnerin hat sich damit wohl nicht nur einen Traum erfüllt, sondern auch den Skifans Lust auf mehr gemacht.

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