Economy | Mals

„Das tut mir als Bauer ein bisschen weh“

Nicht nur Bio ist naturnah, nicht nur die Landwirtschaft benutzt Planzenschutzmittel. Überlegungen zum Malser Weg – von Landesrat und Bauer Arnold Schuler.

Herrr Schuler, die Malser Pestizidverordnung ist durch. Muss die Landesregierung nun aktiv werden?
Arnold Schuler: Nein, das werden wir nicht und können wir glaube ich auch gar nicht. Jetzt schauen wir uns erst einmal genau an, was drinnen steht und dann sehen wir, wie es weitergeht.

Drinnen steht zum Beispiel ein Pestizidverbot für die beiden giftigsten Pestizidklassen....
Wenn man in Mals die Klasse 1 und 2 verbietet, rennt man offene Türen ein. Allerdings wird das kaum Auswirkungen haben, weil diese beiden Mittelklassen bei uns seit Jahren kaum mehr verwendet werden. Der allergrößte Teil der Südtiroler Bauern produziert ja in integrierter Anbauweise und für diese hat man schon vor Jahren beschlossen, freiwillig auf diese zwei Klassen zu verzichten.

Warum?
Weil man eben versucht , die Hausaufgaben zu machen und möglichst naturnah zu produzieren. Wir haben auch große Erfolge mit der Art von Schädlingsbekämpfung, die der Alternative Nobelpreisträger Hans Rudolf Herren vor kurzem in Mals gepredigt hat. Gegen bestimmte Insekten benötigen wir überhaupt keine Pflanzenschutzmittel mehr, weil man sie natürlich in den Griff bekommen hat. Das gilt beispielsweise für zwei einstige Hauptschädlinge im Obstbau wie die rote Spinne und die Obstmade, die mit Nützlingen bzw. Pheromonfallen  bekämpft werden. Der Maikäfer wird wiederum mit Pilzen unschädlich gemacht. In dem Bereich hat sich wirklich sehr viel getan.

Sie sagen also, mit einem Verbot dieser zwei Pestizidklassen ist Mals keineswegs Vorreiter?
Nein und ich muss sagen, das stört mich ein wenig, wenn da jetzt gesagt wird, wir haben diese Klassen verboten, obwohl man genau weiß, dass sie ohnehin nicht mehr im Gebrauch sind. Ich verstehe schon, dass man nun was liefern musste. Aber das tut mir auch als Bauer ein bisschen weh.

Das Verbot wird aber mit einer Abstandsregelung von 50 Metern beim Ausbringen von Pestiziden kombiniert, die laut Bürgermeister Ulrich Veith de facto ein Verbot aller anderen Klassen mit sich bringt. Widersprechen Sie ihm auch in diesem Punkt?
Dazu fehlen mit die genauen Informationen. Ich denke jedoch, es wird in Mals sicher auch Grundstücke geben, die größer sind. Klar ist, dass man vom generellen Verbot abgerückt und auf das Abstandsverbot ausgewichen ist. Das widerspricht den Landesleitlinien, die wir im Sommer 2014 in Umsetzung des nationalen Aktionsplans verabschiedet haben. Dabei sind wir damals weiter als Rom gegangen und haben generell für alle Pflanzenschutzmittel, auch für biologische, Abstandsregeln für sensible Zonen eingeführt. In Kombination mit anderen Regeln für Flächen außerhalb der sensiblen Zonen sind wir damit in den vergangenen beiden Jahren sehr gut gefahren, muss ich sagen. Es hat meines Wissens eine einzige Anzeige bzw. Strafe gegeben, das heißt der Großteil der Bauern hält sich an die Bestimmungen. Interessant ist in Mals aber auch, dass man die Privaten nun offenbar doch nicht draußen lässt, dass also auch Gärten vom Verbot betroffen sind. Denn hier gibt es in der Öffentlichkeit eine verzerrte Wahrnehmung.

Inwiefern?
Bei der Umsetzung des nationalen Aktionsplane wird noch einmal deutlich, dass man zwar immer mit den Fingern auf die Bauern zeigt, dabei jedoch nicht nur Privatgärten und Balkone außen vor lässt. Auch die Alleen und Sträucher in den Städten werden mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Dort wird derzeit die Frage diskutiert, ob darüber mit entsprechenden Hinweisschildern informiert werden muss. Tatsache ist aber einfach, dass jeder alles schön gepflegt haben will, doch keiner will, dass es behandelt wird. Doch das ist nicht möglich. Man ist nun einmal nicht im Stande, mit den derzeit zugelassenen Biomitteln zum selben Resultat zu kommen.

Eine bewährte Verteidigungsstrategie der Landwirtschaft...
Das sind einfach Tatsachen. Mich stört an der Diskussion am meisten, dass die Dinge nur mit einem Auge gesehen werden. Eines ist die Forderung, die jetzt von den Menschen kommt, nach biologischer Produktion und Pestizidverboten; das andere ist, wie sie in ihrem eigenen Garten handeln und welchen Belastungen Menschen in urbanen Gebieten ausgesetzt sind. Nehmen Sie nur das Thema Tigermücke her. Die Landwirtschaft könnte sich das niemals leisten, Pflanzenschutzmittel direkt in Gewässer auszubringen, noch dazu in sensiblen Zonen. Doch bei der Bekämpfung der Tigermücke gilt das alles nicht, da wird alles akzeptiert und es gibt keinen Protest, auch wenn auf der Packung steht: Schädigt Wasserorganismen. Ich wünsche mir bei dem Thema einfach eine ganzheitliche Diskussion – und Regeln, die für alle gelten, nicht nur für die Landwirtschaft.