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Auf zum dritten Anlauf

Nur ein Problem des Timings? Südtirols größte Bank beruft heute ihre Gesellschafter ein, um die nächste Versammlung zu beschließen.

Es wirkt ein wenig wie absurdes Theater – wüsste man nicht, um wie viel es geht. Da bestellt eine Bank ihre Gesellschafter einen Monat früher als traditionell zur Jahresversammlung, um ihnen dann zu erklären, dass man für den heikelsten Punkt des Abends, einen Beschluss über eine Haftungsklage gegen ihre ehemalige Führungsspitze, noch nicht die nötigen Informationen beisammen hat. Dann liegen die entsprechenden Gutachten vor und es wird eine neue Vollversammlung einberufen, um die delikate Frage anzugehen. Doch wenige Tage vor dem großen Termin wird wieder die Bremse gezogen. Die vor knapp drei Wochen einberufene Führungsspitze der Stiftung Südtiroler Sparkasse, mit einem Anteil von 65,81% am Stammkapitals bekanntlich Hauptaktionär der Bank, muss sich erst in das Thema einarbeiten, heißt diesmal die Begründung. Nach einer ersten Vorwarnung am Freitag war die Bank auch am Montag bemüht, keine falschen Erwartungen bei all den Kleinaktionären zu schaffen, die sich am heutigen Dienstag ab 17.30 Uhr erneut in eine Gesellschafterversammlung bemühen.

Die Südtiroler Sparkasse AG erinnert nochmals, dass anlässlich der am 31. Mai stattfindenden Gesellschafterversammlung über die in der Tagesordnung vorgesehenen Punkte nicht abgestimmt wird. Der Hauptaktionär Stiftung Südtiroler Sparkasse wird nämlich in der Gesellschafterversammlung vorschlagen, eine neue Versammlung einzuberufen, um über die Tagesordnungspunkte abzustimmen. Der Verwaltungsrat der Bank wird deshalb, voraussichtlich innerhalb von 30 Tagen ab dem ursprünglich festgelegten Datum, eine neue Gesellschafterversammlung einberufen.

Verschwörungstheorien sind bei solch ungeschicktem Vorgehen schnell bei der Hand. Vor allem, wenn Verluste von bis zu 231 Millionen Euro mit im Spiel sind und weit über zwanzigtausend Kleinaktionäre in den vergangenen Jahren bis zu 75 % ihres Aktienwertes verloren. Wird hier also eine Entscheidung auf die lange Bank geschoben, um Menschen wie den Brandstätter-Freund und Vorgänger als Sparkassen-Präsidenten Norbert Plattner, Ex-Generaldirektor Peter Schedl bzw. die vielen, teils namhaften Ex-Verwaltungs- und AufsichtsrätInnen aus den Krisenjahren zu schützen, in denen die Millionenverluste der Sparkasse entstanden? „Uns schützt keiner“, heißt es im Kreis jener, gegen die laut dem Vorschlag des Sparkasse-Verwaltungsrates nun von der Aktionärsversammlung wegen Nicht-Erfüllung ihrer Pflichten Klage auf Schadenersatz eingereicht werden soll. Dort ist man vielmehr über den Hardliner-Kurs erschrocken, den Bankpräsident Brandstätter mit seinem Vorschlag für die insgesamt vier Haftungsklagen eingeschlagen hat. Immerhin wird darin im Wortlaut auch nicht zwischen der tatsächlichen Führungsspitze bzw. bevollmächtigten Verwaltungsräten und Verwaltern ohne Vollmachten unterschieden. Mit im wankenden Boot mit Plattner, Schedl & Co. sitzen also auch zahlreiche bekannte Unternehmer wie Maria Niederstätter, Anton Seeber und Siegfried Zwick, die Hoteliers Heini Dorfer und Andreas Sanoner, Ex-Industriellenverbandspräsident Enrico Valentinelli, Merans unterlegener SVP-Bürgermeisterkandidat Gerhard Gruber, der Bozner Anwalt Alberto Zocchi oder der Pusterer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Walter Ausserhofer.

Unverständnis der Kleinaktionäre

Sollen sie alle mit ihrem persönlichen Vermögen für die Schäden zur Verantwortung  gezogen werden, die die Sparkasse im Zuge der Krise fast an den Rande des Abgrunds getrieben haben? Es spricht wohl eher für den neuen Präsidenten der Stiftung Sparkasse Konrad Bergmeister, wenn er eine solch weitreichende Entscheidung nicht drei Wochen nach Amtsantritt treffen will.  Das zumindest unterstrich am Montag der Vorstand des Verbundes der Kleinaktionäre, der volles Verständnis dafür zeigte, dass der neue Verwaltungsrat der Stiftung mehr Zeit braucht, um sich mit der vorgeschlagenen Haftungsklage zu befassen. „Das kann als positives Zeichen dafür gewertet werden, dass die neue Stiftungsführung das Thema gründlich und sachlich bewerten wird“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbundes. Unverständnis wurde darin allerdings für die Tatsache gezeigt, dass die Sparkasse die Aktionärsversammlung nur wenige Tage nach der Stabübergabe in der Stiftung ansetzt.

Wie die Vertretung von rund 300 AktionärInnen selbst in Sachen Haftungsklage entscheiden wird, ist ebenfalls noch offen. „Wir warten noch ab, ob mehr Informationen kommen“, erklärte Vorstandsmitglied Stephan Jäger auf Nachfrage. „Für einen Nichts-Rechtsanwalt sind die Ausführungen schwer zu verstehen“, hatte der im April ausgeschiedene Sparkasse-Verwaltungsrat bereits davor beklagt.  Ein Problem, das nicht nur für das sensible Thema Haftungsklage gilt, sondern auch viele der Nicht-Bank-Profis betraf, die in den vergangenen Jahrzehnten den Verwaltungsrat der Südtiroler Sparkasse zierten, wie der Verbund anlässlich seines Austritts aus der Verwaltungsrat im April in einem salto-Gastbeitrag ausführte. In Sachen Haftungsklage äußert sich der Vorstand des Verbundes auch kritisch zum Plan, Sparkasse-Präsident Gerhard Brandstätter nach der Abstimmung eine Generalvollmacht zur Haftungsklage zu übertragen. „Der Verwaltungsrat würde damit alle weiteren Entscheidungen zur Haftungsklage auf die Schultern einer einzigen Person legen und sich selber de facto von jeglichem Mitspracherecht ausschließen“, schreibt der Verbund der Kleinaktionäre und fordert diesbezüglich eine ausgewogenere Lösung.

Zuerst muss aber die Aktionärsversammlung bzw. de facto aufgrund ihrer klaren Stimmenmehrheit die Stiftung Südtiroler Sparkasse zu einer generellen Lösung in Sachen Haftungsklage kommen. Wie groß die Verantwortung ist, die dabei auf dem frisch gekürten Stiftungspräsidenten Konrad Bergmeister liegt, machte am Montag nicht zuletzt der Geschäftsführer der Südtiroler Verbraucherzentrale Walther Andreaus deutlich. Vor dem Hintergrund der Dolomit-Sammelklagen gegen die Sparkasse forderte er die Sparkassen-Stiftung und -Aktionäre auf eine Klage auf den Weg zu bringen. „Ich denke, es wäre ein sehr positives Signal und könnte Kleinaktionäre zu weiteren Schadenersatzklagen ermutigen“, erklärte Andreas in der RAI Tagesschau. Nachdem es hier ein Potential von tausenden Geschädigten gäbe, könnte die Entscheidung eine wahre Klagewelle nach sich ziehen.