Politics | Neues Wahlgesetz

Südtiroler, empört euch!

Wie die Volkspartei sich zum wiederholten Male ein Wahlrecht auf den Leib schneidert und die Demokratie auf den kleinst möglichen Nenner bringt.
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Braccia conserte
Foto: upi

Nach innen hin alles fein säuberlich im Proporz verteilen, nach außen alles auf (eine) Linie bringen – so könnte man die Wunschauffassung von politischer Vertretung der Südtiroler Volkspartei auf den Punkt bringen. Und es scheint ihr im Interessensausgleich mit dem PD auch diesmal wieder zu gelingen, diese durchzusetzen.

Hierzulande werden Mandate in beschließenden Organen (Landtag, Gemeinderäte) exakt nach politischer Stärke bis zur zweiten Kommastelle hin vergeben, Posten in der Exekutive (Landesregierung, Gemeinde- und Bezirksausschüsse) zusätzlich nach sprachlichen Kriterien. Wenn es aber um die Vertretung Südtirols in Rom geht, dann gilt das genaue Gegenteil. Da werden die sprachlichen und politischen Minderheiten in einem Wahlkreis weggefegt und der Verteilungsschlüssel einzig innerhalb der Partei mit der relativen Mehrheit angewandt. Denken wir an das hart umkämpfte Stechen zweier Ortsobleute um den Posten eines SVP-Bezirksobmann-Stellvertreters im Burggrafenamt, das als inoffizielle Vorwahl für die ergebnissichere Kandidatur im frei werdenden Senatswahlkreis West gehandelt wird.

Resultat: Eine Partei, die bei den letzten Landtagswahlen 45,7% der Stimmen erhalten hat, sichert sich das Alleinvertretungsrecht in der nationalen Volksvertretung in 3 von 4 Wahlkreisen in der Kammer und in zwei von dreien im Senat. Der jeweils verbleibende Sitz fällt – ebenfalls politisch stark majorisierend – an (PD-) Italiener aus dem Bezirk Bozen. Dabei ist es im restlichen Italien genau umgekehrt: In Regionen, Provinzen und Gemeinden gibt es hohe Mehrheitsprämien mit Direktwahl der Präsidenten und Bürgermeister, für das Parlament hingegen wird nun wieder das Verhältniswahlsystem eingeführt, das die Gewichtung Richtung Repräsentativität verschiebt.

Nun ist das Wahlrecht zwar eine komplexere Materie als Politikerprivilegien, aber mit etwas gutem Willen kann jeder leicht erahnen, wohin die Reise mit dem für Südtirol geplanten mathematischen Modell, das Stimmen in Sitze umwandelt, führen soll. Es wird Zeit, dass alle Bürger Südtirols, denen demokratischer Pluralismus und Vertretungsgerechtigkeit am Herzen liegen, aufstehen und sagen: So nicht! Wahlen und Wahlgesetze sind kein Selbstbedienungsladen für den (relativ) Stärksten. Mit diesem Wahlrecht kann die SVP zudem Kandidaten nach Rom schicken, die nie und nimmer gewählt werden würden, hätten die Wähler – auch jene der Mehrheitspartei – durch die Vergabe von Vorzugstimmen eine Auswahl. Ich weiß nicht warum, aber mir fällt da immer Christoph Perathoner ein.

Vielleicht kann Paul Köllensberger auf seine M5S-Kollegen in Rom, die die Wahlrechtsreform bekanntlich mittragen, einwirken, um diesen demokratiepolitischen Skandal doch noch abzuwenden?

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kurt duschek Sat, 06/03/2017 - 10:26

In nodo viene al pettine... Ein treffendes italienisches Sprichwort und möglicherweise ist der Weg über die M5S der einzige noch mögliche Weg um diese "gmahnte Wiens" für die SVP zu verhindern.

Sat, 06/03/2017 - 10:26 Permalink