Russland stark vom Klimawandel betroffen
In Russland sind die Auswirkungen des Klimawandels noch dramatischer als in vielen anderen Ländern der Welt. Die Durchschnittstemperatur steigt in Russland zweieinhalb Mal schneller als im globalen Durchschnitt. Verheerende Waldbrände und Überschwemmungen in Sibirien, sowie vermehrtes Auftauen der Permafrostböden führen zu enormen Schäden für die lokale Infrastruktur und die Ökosysteme und treiben den Klimawandel weiter voran.
Russlands Wirtschaft hängt stark von fossilen Energien ab
Das flächenmäßig größte Land der Welt verfügt über riesige Erdöl-, Gas- und Kohlevorkommen. Bei den weltweiten Gasreserven ist Russland mit einem Anteil von 19% die Nummer eins, bei Kohle mit 15% die Nummer zwei und bei den Erdölreserven rangiert es mit einem Anteil von über 6% an 6. Stelle.
Bei der weltweiten Gasproduktion ist Russland mit 17% die Nummer 2. nach den USA (23%), bei der Erdölproduktion belegt es mit 12,1% der weltweiten Produktion den 3. Platz nach Saudi-Arabien (12,4%) und den USA (17,9%). Außerdem ist Russland mit einem Anteil von 5,4% der weltweit fünftgrößte Kohleproduzent nach China (47,3%), Indien (9,3%), den USA (7,9%). und (Australien (6,2%).
Beim Verbrauch der gesamten fossilen Energien (Erdöl, Gas und Kohle) kommt Russland mit einem weltweiten Anteil von 5,1% auf Platz 4. nach Indien (5,8%), den USA (16,2 %) und China (24,3%).
Die Einnahmen aus Erdöl- und Gas- Verkäufen ins Ausland machen circa 70% der gesamten Export-Einnahmen Russlands aus, während der Erdöl- und Gas-Sektor mit weit über einem Drittel zur Wirtschaftsleistung (BIP) beiträgt. Die russische Regierung hat es während der langen Jahre des Ölbooms verabsäumt die hohen Staatshaushaltseinnahmen aus Öl- oder Gasexporten zu nutzen, um die Wirtschaft zu diversifizieren. Im vergangenen Jahrzehnt hat Russlands Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor noch zugenommen.
Russland ist weltweit der viertgrößte Emittent von CO2-Emissionen und die Nummer 1 bei den Methanemissionen
Da sowohl bei der Förderung, beim Transport, bei der Lagerung als auch beim Verbrauch von fossilen Energien CO2-Emissionen anfallen, trägt Russland, ähnlich wie andere Länder mit hoher Produktion und/oder hohem Konsum von Erdöl, Gas und Kohle stark zu den globalen CO2 Emissionen bei. Weltweit ist Russland der viertgrößte Emittent von CO2-Emissionen und beim zweitwichtigsten Treibhausgas Methan ist es die Nummer eins. Methanemissionen können bei der Produktion von allen fossilen Energien anfallen. Im Gassektor kann es entlang der gesamten Lieferkette, angefangen von der Produktion, dem Transport, der Lagerung bis hin zu den mit Gas betriebenen Kraftwerken zu hohen Methanemissionen kommen. Das flächenmäßig größte Land der Welt verfügt über ein weitverzweigtes Gas-Pipeline-Netz, über das sowohl der russische Markt versorgt wird, als auch große Mengen von Erdgas nach Europa und Asien geliefert werden. Die Gaspipelines sind zum Teil überaltert oder schlecht gewartet, was dazu führt, dass große Mengen von Methanemissionen in die Atmosphäre gelangen. Ein großer Teil vom Gas wird in den arktischen Regionen gefördert. Durch das Auftauen der Permafrostböden kommt es immer wieder zu Beschädigungen von Gastanks und Gaspipelines, wodurch Methan in die Atmosphäre gelangt.
Wo der Klimawandel in Russland besonders spürbar ist?
Immer häufigere und intensivere Extremwetterereignisse, wie Temperaturrekorde von nahezu 40 Grad Celsius in Sibirien haben in den vergangenen Jahren zu extremer Trockenheit und zu verheerenden Waldbränden geführt, starke Winde haben die Brände noch weiter angeheizt. Besonders betroffen ist die Teilrepublik Jakutien im fernöstlichen Teil Sibiriens.
Nach Schätzungen des WWF brannten von Anfang 2019 bis Ende Juni 2020 eine Waldfläche von 11 Millionen Hektar, das entspricht einer Fläche, die größer ist als Ungarn. Neben den katastrophalen Folgen für die Menschen, die in der Nähe wohnen, für die Tier- und Pflanzenwelt gelangen durch die Waldbrände direkt oder indirekt große Mengen CO2 und Methan in die Atmosphäre. Durch die Brände kommt es zur Erwärmung und zum Auftauen der Permafrostböden. Das darin gebundene CO2 und Methan wird freigesetzt und führt zur Klimaerwärmung. Die als Folge des Klimawandels immer stärker werdenden Wetterextreme in Sibirien führten nach tagelangen extrem starken Regenfällen in den vergangenen Jahren auch zu verheerenden Überschwemmungen.
Permafrost
Fast zwei Drittel der Bodenfläche in Russland sind dauerhaft gefroren, man nennt dieses Phänomen Permafrost. Im Norden und Osten Sibiriens befindet sich ein Großteil der wertvollen Ressourcen Russlands, wie Erdöl, Gas, Gold, Diamanten und Nickel. Ganze Städte wurden in diesen Ressourcen-reichen Gegenden auf Permafrost-Böden erbaut. * Der Klimawandel führt in Sibirien zu einer besorgniserregenden Kettenreaktion. Durch den Klimawandel tauen die Permafrostböden immer mehr auf. In der obersten Schicht der Dauerfrostböden befinden sich riesige Mengen abgestorbener Pflanzenreste, die von Mikroorganismen zersetzt werden, sobald der Boden auftaut. Das in den Pflanzenresten gespeicherte CO2 und Methan gelangt in die Atmosphäre, was wiederum die Erderwärmung beschleunigt.
2019 erklärte das UN-Umweltprogramm UNEP das Auftauen der Permafrostböden zu einer von fünf drohenden und bisher unterschätzten Umweltgefahren.
Darüber hinaus kommt es durch das Auftauen des Permafrosts zu drastischen Folgen für die arktischen Landschaften und besiedelten Gebiete: Teile der Landoberfläche sinken ein, Gebäude stürzen ein, Straßen, Flug-Landebahnen, Eisenbahnlinien und Pipelines werden stark beschädigt und in der Erhaltung massiv teurer. **
Wie geht die russische Politik mit dem Klimawandel um?
Nach zögerlichem Agieren der russischen Regierung in der Vergangenheit, scheint die Politik jetzt erkannt zu haben, dass die Auswirkungen des Klimawandels für die Zukunft des Landes ein großes Problem darstellen. Das Thema Umwelt und Klimaschutz nimmt in den letzten Jahren in der russischen Öffentlichkeit und Politik einen größeren Stellenwert ein. Im September 2019 hat Russland das Pariser Klimaabkommens ratifiziert. Beim virtuellen Klimagipfel Ende April 2021 hat Präsident Putin einen entschlossenen Beitrag seines Landes im Kampf gegen den Klimawandel zugesagt, wohl auch weil die Folgen des Klimawandels in Russland immer dramatischer werden.
Ende 2020 legte die russische Regierung einen umfassenden Plan zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels vor. Der Plan zeigt die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf, wie tauende Permafrostböden in den arktischen Regionen, Störung des ökologischen Gleichgewichts, negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt, erhöhte Intensität und Dauer von Dürren, extreme Niederschläge und Überschwemmungen sowie erhöhte Waldbrandgefahr. Zugleich wird aber auch auf mögliche positive Auswirkungen und wirtschaftliche Vorteile des Klimawandels hingewiesen, wie Erweiterung der landwirtschaftlich nutzbaren Gebiete, leichterer Zugang zu Rohstoffen und neue Transportwege für den Schiffsverkehr in der Arktischen Region sowie sinkender Energiebedarf in bislang kalten Regionen. Der Kreml-Plan verweist vor allem auf Anpassung an die durch den Klimawandel verursachten veränderten Gegebenheiten, um einerseits Verluste zu reduzieren und andererseits Vorteile zu nutzen.
Kritiker führen an, dass der Plan keine aktive Klimapolitik beinhalte, so würde die Reduzierung von CO2-Emissionen überhaupt nicht erwähnt. Auch sei keine Absicht zu erkennen, die Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen zu lassen. Der Öl- und Gassektor ist das Rückgrat der russischen Wirtschaft, und liefert die bei weiten höchsten Exporteinnahmen des Staates. Eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes, der zu einem großen Teil vom fossilen Energiesektor verursacht wird, würde unter anderem bedeuten, dass Russland seine starke Abhängigkeit von fossiler Energie verringern und seine Wirtschaft stärker diversifizieren müsste. Bis jetzt gibt es wenig Anzeichen, dass es in nächster Zeit zu einer Veränderung des gegenwärtigen russischen Wirtschaftsmodells kommen wird.
*Jakutsk ist die größte Stadt der Welt, die auf Permafrost gebaut wurde, und eine der kältesten Städte überhaupt. Die Durchschnittstemperatur im Januar beträgt minus 40 Grad die Temperatur kann aber noch weiter sinken. Im sehr kurzen Sommer werden sehr hohe Temperaturen erreicht.
** Die Ölkatastrophe von Norilsk ist laut Wissenschaftler eine Folge des Auftauens von Permafrostboden. Im Juni 2020 flossen an die 21.000 Tonnen Dieselöl aus einem Tank und zerstörten die Umwelt. Als Folge des auftauenden Permafrostbodens verschoben sich die Stützpfeiler des riesigen Dieseltanks und es kam zu einem Leck, das auslaufende Dieselöl verseuchte Flüsse, Seen und die arktische Tundra. Der geborstene Tank gehört zu einem Kraftwerk des staatlichen Rohstoff-Konzerns Nornickel. Laut Greenpeace war es die größte Umweltkatastrophe dieser Art in der russischen Arktis.
Die Information im Beitrag
Die Information im Beitrag solle zum Teil ergänzt werden. Russland hatte das Kyoto-Protokoll über die Begrenzung von Treibhausgas-Emissionen 2004 ratifiziert und somit dessen Inkrafttreten überhaupt ermöglicht nachdem die USA sich zurückgezogen hatten. Weiter hat Russland 2009 ein Gesetz über Energieeffizienz verabschiedet, das sehr viel von den damals gültigen EU-Richtlinien übernahm. Ich was damals selber in Russland tätig, es war eine Qual zu beobachten, wie sehr dank dem neuen Gesetz russische Unternehmen, Institutionen, Universitäten sich für Energie und Umwelt interessierten, während potentielle Partner aus dem Westen jeglichen Kooperationsvorschlag ablehnten. Ohne Garantie von üppigen Profiten oder persönlichen Einladungen in den Kreml war kein hiesiger Politiker oder Unternehmer bereit, überhaupt über Russland zu sprechen. Das gilt für Brüssel, Rom, auch Bozen.
Unser System muss sich selbst blamieren, wenn keine aktive Zusammenarbeit mit Russland jetzt möglich ist. Südtirol hätte eine wichtige Rolle spielen können, alle Voraussetzungen waren da (unter anderem, kulturelle Beziehungen mit Meran), aber kein Entscheidungsträger wollte etwas Konkretes anfangen.
Ich bin zwar kein Fachmann,
Ich bin zwar kein Fachmann, aber manche Informationen bezüglich Permafrost zweifle ich an und erlaube mir einige Fragen zu stellen, vielleicht kann sie mir jemand beantworten:
Ist es möglich, dass in zwei Drittel der Fläche Russlands Permafrost herrscht?
Kann Wald auf Permafrostböden wachsen? Ich kann es mir nicht vorstellen.
Nach meinem bisherigen Wissen herrscht in den Polarzonen Permafrost, z. B. in der Tundra, aber nicht in der bewaldeten Taiga.
In reply to Ich bin zwar kein Fachmann, by Sepp.Bacher
... die Angaben sind richtig.
... die Angaben sind richtig... ganze Ortschaften stehen auf Permafrost, und sinken bereits in Teilen ab...
In reply to ... die Angaben sind richtig. by Peter Gasser
Bleibt für mich aber immer
Bleibt für mich aber immer noch unvorstellbar, dass auf gefrorenem Boden Bäume, ja riesige Wälder wachsen können!
In reply to Bleibt für mich aber immer by Sepp.Bacher
https://www.daserste.de
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/…
... die Karte zeigt die Verbreitung des Permafrostes;
.
https://www.geo.de/natur/oekologie/23609-rtkl-gefahr-aus-dem-eis-viren-…
... das Foto zeigt den Wald über dem tiefliegenden Permafrost: natürlich tauen im Sommer (nur) die oberflächennahen Bereiche auf, damit die Pflanzen wachsen können...