Chronicle | Rekurs

Bezirksgerichte: Der Rekurs der Anwälte

Der Kampf um die Bezirksgerichte geht auf eine weitere Ebene: Nun haben Brunecker Anwälte beim Bozner Verwaltungsgericht gegen die vorzeitige Schließung ihrer Außenstelle rekurriert – und zumindest vorläufig Recht bekommen.
Hannah Tonner
Foto: Anna Platzer

Es ist ein Dokument, das man nicht alle Tage zu sehen bekommt. 34 Anwältinnen und Anwälte, bis auf wenige Ausnahmen mit Kanzlei in Bruneck, sind unter dem Rekursantrag aufgelistet, der am vergangenen Montag dem Verwaltungsgericht Bozen zugestellt wurde. Mit dabei, der Brunecker Anwalt und SVP-Ortsobmann Dieter Schramm und sechs seiner Partner bzw. Mitarbeiter, aber auch aus Bankenkreisen bekannte Namen wie Heiner Nicolussi-Leck oder Hanspeter Leiter. Ihr gemeinsames Anliegen? Die Rettung der gerichtlichen Außenstelle Bruneck.

Was Parlamentarier wie Karl Zeller mit römischen Verhandlungen versuchen, wird nun von der Basis im Land auf gerichtlichem Wege flankiert. Mit – zumindest vorübergehendem - Erfolg. Denn bereits zwei Tage nach Zustellung des Rekurses hat das Verwaltungsgericht am Mittwoch die beiden darin beanstandenden Verfügungen von Gerichtspräsidenten Heinrich Zanon sowie Übergangspräsidentin Elisabeth Roilo vorübergehend ausgesetzt.

Gegenstand der im April bzw. Juni am Landesgericht erlassenen Akte ist in einfachen Worten die Organisation der Sommermonate. In diesen sollen laut den organisatorischen Verfügungen alle dringlichen Verfahren in Bozen stattfinden. Alle Eintragungen ins Prozessregister, also Vormerkungen von Verfahren, können zwar noch in den Außenstellen vorgenommen werden, doch als Verhandlungsort wird ab 13. September das Landesgericht Bozen vorgesehen.

Was als realistische Einschätzung der Lage bzw. effiziente Handhabung der  Sommermonate gesehen werden könnte, in denen auch in der Vergangenheit so mancher urlaubsmäßige Engpass in den Außenstellen durch eine Verlegung nach Bozen gelöst wurde, wird von den Rekursstellern als de-facto-Vorverlegung der gesetzlich festgelegten Schließung der Außenstellung per 13. September auf 22. Juli gedeutet. Eine Interpretation, der das – politisch besetzte –  Verwaltungsgericht nun auf voller Linie zustimmte. So begründet  Gerichtspräsident Hugo Demattio die vorübergehende Aussetzung der Verfügungen auch damit, dass ihre Umsetzung eine „irreversible Situation“ schaffen könne. Demattio verweist dabei nicht zuletzt auf laufende politische Verhandlungen, darunter ein geplantes Treffen mit dem Justizminister am 7. August, mit denen die Schließung der Außenstellen verhindert werden soll. Definitiv entschieden werden soll in der Causa aber bei der Aussetzungsverhandlung am 20. August.

Bringt diese vorläufige Aussetzung aber nun tatsächlich neue Hoffnung auf eine Zukunft der Bezirksgerichte – oder zumindest jene der Außenstelle Bruneck? „Die schnelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts zeigt zumindest, dass unser Rekurs nicht ganz unbegründet war“, sagt Nausicaa Mall, die als Anwältin in der Kanzlei Schramm federführend am Rekurs beteiligt ist. Bis 20. August sei der geplante Umzug von Bruneck nach Bozen damit jedenfalls einmal ausgesetzt. Doch laut Mall richtet sich der Vorstoß der Brunecker Anwälte nicht nur gegen die Vorverlegung, sondern auch gegen die Schließung der Außenstelle an sich. „Denn bei richtiger Anwendung des Gesetzes hätte Bruneck aufgrund der Entfernung vom Landesgericht und anderer Kriterien wie der Höhe oder extremer Winterverhältnisse nicht geschlossen werden müssen“, meint sie.

Das freilich entscheidet sich nicht in Bozen. Doch es scheint klar, dass nun noch einmal alle Kräfte aufgebracht werden, um für die politischen Verhandlungen in Rom mehr Luft zu haben. Realistisch betrachtet, sind die Erfolgsaussichten auf eine Rettung aber nach wie vor gering, räumen selbst einige der am Rekurs beteiligten Anwälte ein. Das zeigen nicht zuletzt die Verfassungsgerichtsurteile der vergangenen Wochen: Dort wurden alle Rekurse zu ähnlichen Fällen abgewiesen, weil keine Befugnisüberschreitung des Gesetzgebers festgestellt wurde. Doch zumindest die Pusterer lassen sich davon offenbar nicht abschrecken – und ein ähnlicher Rekurs aus dem Burggrafenamt ist schon auf dem Weg.