Politics | Landtagswahlen

Team Köllensperger: Neue Volkspartei?

Drei große Überraschungen brachte die Landtagswahl 2018.
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Wahlnacht bei Team Köllensperger
Foto: Salto.bz

Zum einen den Absturz der Freiheitlichen, verbunden mit einer gesamten Schwächung des rechten deutschen Lagers (statt bisheriger 10 Sitze nur mehr 4), das überaus erfolgreiche Abschneiden der Liste Köllensperger (von 1 auf 6 Sitze) sowie das mehr als beachtliche Ergebnis der Lega mit 4 Sitzen. Hier somit ein Anschwellen der politischen Rechten, ganz im nationalen Trend. Die SVP verliert, wenn man die absoluten Zahlen von 2013 vergleicht, knapp 10 % ihrer Wähler, rund 12.000 Stimmen. Das sind zwei Mandate, die freilich schmerzen, weil der großen Alten ihr bisher mit Vehemenz vertretener Alleinvertretungsanspruch für das Land immer mehr abhandenkommt. Sie lässt Federn vor allem in Richtung Team Köllensperger.

Köllenspergers Aufstieg hat sich schon bei den Parlamentswahlen vom Vorjahr angekündigt. Damals noch „5-Sterne-Koch“, hat seine Liste (Movimento 5 Stelle) in allen Landesteilen deutlich zugelegt und auch in den Landgemeinden stattliche Zahlen erreicht. Sein Entschluss, für die Landtagswahlen das Sternenkleid auf die Seite zu legen, hat ihn dann für die deutschsprachige Wählerschicht noch attraktiver gemacht. Den Grundstein für seinen Wählerzuspruch bilden zwei Faktoren. Zum einen ist es seine Arbeit und sein Auftreten als bisheriger Landtagsmandatar: vielfach präsent, besonnen, kaum polarisierend oder aneckend, klar in den Aussagen, bescheiden wirkend. Anders ausgedrückt: authentisch und glaubwürdig. Der zweite Faktor ist bedingt durch die Sehnsucht des deutschen „Durchschnittssüdtirolers“, endlich eine Partei wählen zu können, die nicht mehr SVP heißt, aber dann inhaltlich doch nicht so weit von dieser entfernt liegt und der vor allem keine ideologische Stigmatisierung anhaftet.

Der Wähler war die Jahrzehnte währende Politik der engen Verflechtungen, Postenschacher und -besetzungen und des Nicht-teilen-Wollens mit kleineren Parteien – gleichgesetzt mit Arroganz und Überheblichkeit – einfach satt. Da bot sich das neue Team mit im ganzen Land verteilten Kandidaten bestens an. Und riss gleichzeitig die Freiheitlichen in den Abgrund. Diese waren – mit dem Abgang der Integrationsfigur Pius Leitner – dem Wähler nicht mehr geheuer. Zum einen, weil man spürte, dass hier einige Newcomer mit Ellbogenmanier ganz schnell das vermeintlich große Glück machen wollten und ihre Gesichter in zu dicker blauer Farbe auftrugen. Zum anderen, weil durch das ständige Raufhauen auf die Ausländerpauke die Anstands- und Toleranzgrenze bereits vielfach überschritten worden war.

Die spannendste Zukunftsfrage (bezogen auf die Südtiroler Politik) ist sicherlich, ob Köllensperger es schafft, den Schwung über die Jahre zu halten und weiter an Boden zu gewinnen. Die angekündigte Umbenennung des „Teams Köllensperger“ würde dahin weisen, dass es dem eindeutigen Gewinner dieser Wahl nicht so sehr um seine Person geht, sondern um die Substanz: nachhaltige Wirtschaftspolitik mit ökologischer Ausrichtung, die auf sozialen Ausgleich zielt und die Bevölkerung deutlich mehr einbezieht. Und hier ist in Südtirol in den nächsten fünf Jahren reichlich zu beackern. Denn die SVP wird – so ist es in ihren Genen angelegt – sich jenen Koalitionspartner holen, der für sie ins politische Gesamtkalkül passt und ihr auf deutscher Seite vermeitnlich weder Posten noch Boden kostet. Die nichtssagende Floskel, die sie sonst gerne (z.B. bei der Doppelpass-Geschichte) aus der Worthülsenschublade zieht – „im europäischen Geiste“ – wird sie bei der Begründung für ihre Koalitionsbildung durch eine andere ersetzen.

Um sich als wirklich neue und moderne Volkspartei etablieren zu können, wird das Team Köllensperger zumindest zwei Aspekte beherzigen müssen, damit es nicht doch wieder zu sehr nach SVP riecht: der Frauenanteil muss deutlich steigen und die mehrsprachige Komponente muss gemäß der realen gesellschaftlichen Situation Südtirols sichtbar werden.