Plus ça change, plus c’est la même chose
salto.bz: Wann haben Sie ihre Liebe zur Kunst entdeckt?
John Armleder: Da ich ein alter Mann bin, habe ich vor sehr langer Zeit angefangen Kunst zu machen. Ich habe viel gezeichnet, schon als Kind und dann begann ich zu malen. Meine Eltern haben mich als ich vier Jahre alt war nach Florenz mitgenommen. Es war für mich eine emotional prägende Erfahrung die Gemälde von Fra Angelico zu sehen.
Ich sehe mich auch als Maler, weil meine Arbeiten sehr frontal und visuell sind. In meiner ersten Ausstellung habe ich Malereien gezeigt. Das Beste für einen Künstler wäre ja, eine einzige gute Idee zu haben, diese auszuformulieren und ein Bild zu malen. Dann müsste man kein zweites mehr malen. Aber wenn man bereits am nächsten Bild dran ist, merkt man das alles was man schafft eins ist, zusammengehört. Wie bei einer Discokugel, besteht mein Werk aus in verschiedenen Winkeln angebrachten Elementen.
Je mehr sich die Dinge ändern, umso mehr bleiben sie sich gleich. (Plus ça change, plus c’est la même chose)
In den über 50 Jahren, die Sie nun schon Kunst schaffen, stellen Sie immer wieder die Grenzen zwischen Hoch- und Popkultur in Frage und spielen bewusst mit dem Klischee des Kunstwerks als Dekoration. Was fasziniert Sie am Ready-made?
Man sieht und hört Dinge und dann rekonstruierst man sie und eignet sie sich damit an. Beständig erschafft man mit der eigenen Wahrnehmung, seine eigene Umgebung, die eigene Welt. Einmal hat meine Lebensgefährtin Sylvie Fleury nach einer Shoppingtour ihre Einkaufstüten vor mir und unserem Freund Olivier Mosset auf den Boden gestellt und sie zum Kunstwerk erklärt. Das war sehr faszinierend. Seitdem sind ihre „Shopping Bags“ in zahlreichen Ausstellungen zu sehen gewesen.
1969 gründeten Sie zusammen mit Patrick Lucchini und Claude Rychner die Fluxus-„Groupe Ecart“. Von 1973 bis 1980 betrieben Sie die, „Galerie Ecart“ , die in Genf Ausstellungen und Performances von u.a. John Cage und Andy Warhol veranstaltete. Wie hat Fluxus Ihr Kunstverständnis verändert?
Ich hatte schon sehr früh Kontakt mit diesen Leuten. Ich war bei den Konzerten in Wiesbaden und mit George Maciunas, der Fluxus begründete, befreundet. Das passierte einfach, ich habe aber nie behauptet, Teil dieser Bewegung zu sein. Ich gehöre der sog. Nachkriegsgeneration an und wir dachten es sei einfach die Welt zu verändern. Ich war Aktivist und Pazifist. Nun denke ich wir sind ein Teil von allem und umso universeller man sein kann, desto besser. Symbole und Traditionen stehen in ständig wechselhafter Verbindung mit unterschiedlichsten Kontexten.
In Ihren Kompositionen oder „ästhetischen Tragödien“, wie Sie sie auch nennen, sollen sich die Betrachter wiederspiegeln. In der Ausstellung im Museion bringen Sie den Südtiroler Kontext u.a. mit Geranien und Weingläser in den Museumsraum.
Es ist interessant, wenn Elemente der Ausstellungen vom Ort selbst stammen. Aus zwei Gründen: erstens lernst du etwas über den Ort und es stehen dir Dinge zur Verfügung, zu denen du vorher keinen Zugang hattest.
Die Beziehung der Leute zu den Gegenständen, ist eine Andere, wenn sie aus ihrem Umfeld stammen. Wir haben auch ausgestopfte Tiere hier in der Ausstellung. Vielleicht gibt es also einen Jäger, der die Ausstellung besucht und staunen wird: oh, so eines habe ich auch erlegt!
Sie haben einen besondere Beziehung zu Weihnachten...
Ja, jedes Jahr feiern wir in unserem Haus der „Villa Magica“ in Genf eine Weihnachtsparty. Für diese Feiern mit oft über tausend Leuten, haben wir jedes Mal ein anderes Thema, oft ein ziemlich durchgeknalltes, weil wir die unterschiedlichsten Dinge in etwas Weihnachtliches verwandeln. Manchmal kann das auch etwas pervers sein.