Verlinkter Kulturrückblick
Ein Anfang mit Anpfiff. Mit seinem offiziellen Einstiegsbeitrag über den Präsidenten des Bozner Filmclubs Luigi Loddi „über seine Wahl, den neuen Vorstand, seine Affinität zu Filmen, die Corona-Krise und die Frage, ob Kino noch zeitgemäß ist“, feierte Anfang Mai 2022 Salto-Kulturredakteur Michael Denzer seine Salto-Festanstellung. Nach Jahren bei Drittligist Athesia wechselte Denzer in die erste Liga, zu Salto.bz. Zwei Wochen vorher hatte er bereits mit einer sehr persönlichen (aber noch inoffiziellen) Fußballfan-Reportage für Salto aufhorchen lassen. Der Neuzugang auf diesem Online-Portal schreibt und trifft. Und ist ein satter Gewinn.
Nicht nur König Fußball! Auch auf Geschichte und Kultur im Radsport wurde geachtet, auf Geschichte und Geschichtsschreibung sowieso. 2022 war ja auch das Jahr, in welchem die zweisprachige Zeitschrift des Vereins Geschichte und Region/Storia e regione ihren 30. Geburtstag feierte – mit einem Jubiläumsfest, einer Diskussionsrunde über (post)kolonial ausgerichtete Regionalgeschichte und einem Jubelinterview auf Salto. Ab und zu machen wir natürlich auch Kultur-Abstecher zu unseren Nachbarn ins Trentino oder nach Nordtirol. In Innsbruck gab es beispielsweise großen Stunk aufgrund einer neuen künstlerischen Intervention für das Landhaus, oder über eine Plakataktion des Südtiroler Gestaltungsbüros Lungomare. In Schwaz erzürnte sich der Schriftsteller Felix Mitterer – Erfinder der Piefke-Saga – über die Tourismusabgabe und zog fort aus Tirol. Mit Herbst 2022 wurde die Südtirolerin Maria Piok zur Leiterin des Literaturhaus am Inn in Innsbruck ernannt. Die Schriftstellerin Sabine Gruber erhielt hingegen in Innsbruck die Ehrenbürgerschaft verliehen. Wenige Monate zuvor hatte Gruber in ihrem Text Nicht nur Tannen und Fichten den am 1. Juni 2022 verstorbenen Schriftstellerkollegen Joseph Zoderer verabschiedet. Auch der Journalist Gerhard Mumelter erinnerte an Zoderer, an seinen ersten Auftritt beim Literarischen Kolloquium in Bozen, sowie an seine Teilnahme am Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. Zahlreiche weitere Autoren und Autorinnen erinnerten in einem Salto-Sammelbeitrag an Joseph Zoderer.
Der Krieg in der Ukraine war in der Salto-Kulturberichterstattung immer wieder Thema, ob in der Rede die Historikers Hannes Obermair Leben trotz Geschichte anlässlich der Benefizveranstaltung für die Ukraine am 12. März in Bruneck, oder mit den literarischen und persönlichen Bezügen der Schriftstellerin Waltraud Mittich und ihrem Buch Ein Russe aus Kiew. Auch der Schriftsteller Jurij Andruchowytsch sprach mit Salto und über den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels konnte sich der Ukrainer Serhij Zhadan freuen, der schon vor einigen Jahren einen Literaturpreis in der Prissianer Fahlburg entgegennehmen durfte.
Literarische Turbulenzen erlebte der renommierte PEN-Club in Deutschland. Für kurze Zeit fungierte die Südtiroler Autorin Maxi Obexer als Co-Präsidentin. „Traurig, aber auch menschlich“ liest sich das Interview mit dem Schriftsteller und Übersetzer Stefano Zangrando über das Ende des angesehenen Literaturwettbewerbs Frontiere Grenzen. Interessant in diesem Zusammenhang auch das Interview von Francesca Faccini mit der Übersetzerin Sandra Hetzl.
Während sich Mauro Franceschi um die klassischen Musikthemen auf Salto kümmert, kuratiert Valentino Liberto die Bücherseiten von Salto books.
Vom Umgang mit dem russischen Film berichtete Kinoredakteur Christoph Waldboth in einem Kommentar. Gemeinsam mit Sarah Franzosini kümmert er sich regelmäßig um den Blick ins Kino, den Blick auf Festivals oder was auf Netflix abgeht. Apropos Netflix. Eine Besprechung des erfolgreich und zu großen Teilen in Südtirol umgesetzten Films Il mio nome è vendetta steht noch aus. Und folgt wohl erst 2023.
Während der internationale erfolgreiche Regisseur Jean-Luc Godard Adieu sagte, hieß die lokale Filmwelt den neuen und international gut vernetzten Filmfestivalleiter des BFFB willkommen: Vincenzo Bugno.
Erfreulich auch die vielen Preisträger*innen: Roberta Dapunt und Lois Anvidalfarei erhielten den Bischof-Josef-Gargitter-Preis 2022, Greta Maria Pichler den begehrten Literaturpreis open mike und die im Engadin lebende Theaterautorin Selma Mahlknecht den Premi Travers Zuoz. Neben André Hellers Rahmenfälschung und dem eiligen Baggereinsatz im Vinschgau auf dem Kasernenareal in Schlanders gab es 2022 natürlich auch jede Menge echtes Theater, dementsprechend viel Berichterstattung im Salto-Kulturressort. Ob Pasolinis Denkmalsockel zum 100sten, die zeitgenössische Oper Toteis, die Pop-Oper Blasmusikpop oder Underground Birds im Bozner Stadttheater, Königliche Erbärmlichkeit im TidA in Meran, 72 Stunden. Eine Anklage (in Meran, Bozen und Bruneck) oder große Schauspielkunst beim SKI oder beim Teatro Stabile; Salto versucht stets an Ort und Stelle zu eilen, um Eindrücke, Stimmungen und Geschichten aufzusaugen, festzuhalten und aktuell oder vertiefend für die Plattform aufzubereiten. So auch Südtirols meistgesehene Komödie über das Filmpaar Joe und Gäbbi. Als Joe il film ist der Klamaukstreifen ab 1. Jänner 2023 in einigen Kinos in Südtirol und im Trentino zu sehen.
Ob documenta und die „glückliche Beteiligung“ zweier lokaler Künstler in Kassel, oder die mittlerweile preisverwöhnte Bozner Filmemacherin Tizza Covi in Venedig, Salto berichtet dank guter Vernetzung und mitteilungsfreudiger Einsager*innen, ja manchmal sogar Jahre vor anderen Lokal-Medien. So geschehen mit einem Text, den der Schriftsteller Sepp Mall (sein Roman Berliner Zimmer ist vor kurzem in italienischer Sprache erschienen) im Rahmen des Transart-VBB-Projektes Filomena – Boccaccio Reloaded 2020 geschrieben hatte. Sein freches Statement Leck mich konnte vor zwei Jahren in voller Länge auf Salto nachgelesen werden. Erst gestern wurde dazu im Radio (Rai Mittagsmagazin) berichtet. Malls tourismuskritisches Langgedicht scheint immer noch aktuell. So aktuell wie Sepp Malls Geburtstag am Silvestertag.
"In Pension gingen" Museion-Lichtgestalt Andreas Hapkemeyer und das Ehepaar Peer vom Brixner Pharmaziemuseum. Nicht in den Ruhestand verabschiedete sich hingegen der Leiter der Galerie ar/ge kunst Emanuele Guidi. Seine letzte Ausstellung in Bozen widmete er dennoch dem im September 2022 verstorbenen Kunstnetzwerker Henry Martin. Über die Rückkehr eine toten Künstlers beschäftigte sich ein anderes, sehr sehenswertes Ausstellungsprojekt im TreviLab. Der Artikel dazu (Annäherungen) endet mit einem Schlusssatz der einer Einladung für die Kulturseiten von Salto gleichkommt: „Fern zu bleiben bereut man am Ende nur noch mehr.“ In diesem Sinne, und mit noch einem ultimativen Hinweis auf den letzten "offiziellen" Salto-Kulturartikel 2022 Blau, Blau, Blau blüht der Blockbuster, ist dieser nun sehr subjektive Jahresrückblick ans Ende gelangt. Wir machen weiter. Bleiben (oder werden) sie Leser*in.