Society | Zum Tag der Kinderrechte

Zwei Zuhause - das Recht auf beide Eltern

Am 20. November jährt sich zum 24. Mal die Verabschiedung der UN – Kinderrechtskonvention welche Kindern und Jugendlichen persönliche Rechte zuerkennt.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Die hiesigen Vereinigungen "Väter aktiv" sowie "Figli per Sempre" und die internationale Plattform "Doppelresidenz" wollen sich intensiv mit der Problematik der Kinderrechte und deren Verletzung insbesondere als Folge von Trennungen und Scheidungen in Südtirol beschäftigen. Lösungen aufzeigen will die internationale Tagung „Zwei Zuhause: Die beste Regelung für Kinder nach Trennung und Scheidung – ein Gewinn für Eltern, Kinder und Gesellschaft? - Neue Erfahrungen und Ideen aus Europa". Sie findet am Freitag, den 29.11.2013 von 14:30 Uhr – 19:00 Uhr im Festsaal der Gemeinde Bozen, Gumergasse 7 statt.

Das Grundprinzip der 54 Artikel der Konvention, nach der sich Gesetzesinitiativen, staatliche Organe sowie auch das Gericht auszurichten hat, ist die Wahrung der Interessen Minderjähriger. Was muss sich nun für Kinder und Jugendliche in unserem gut entwickelten Südtirol ändern? Wo haben Kinder und Jugendliche in unserem Lande Schwierigkeiten oder erleiden Verletzungen ihres Kindseins, ihrer Gefühle oder ihrer ureigenen Rechte? Wie kann beispielsweise das Recht der Kinder, insbesondere das auf beide Elternteile, garantiert werden?

In Südtirol hat sich die Zahl der Trennungen vom Beginn der 80er Jahre verdrei- bis vervierfacht (Daten des Landesinstituts für Statistik – ASTAT), d.h. es sind zwischen 10.000 und 25.000 Kinder betroffen. Wenn ein Elternpaar sich trennt oder sich scheiden lässt, gehen Mann und Frau auseinander – als Vater und Mutter bleiben sie in der Verantwortung. Die derzeitige Gesetzeslage und Rechtspraxis greifen zu kurz, weil sie nicht garantiert, dass von Trennung oder Scheidung betroffene Kinder in ausgewogenem Umfang Kontakt zu Mutter und Vater haben. Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die paritätische Doppelresidenz dem Wohl der Kinder nach Trennung und Scheidung am besten Rechnung trägt. Der Hauptvorteil der auch als Wechselmodell bezeichneten gleichwertigen Betreuung durch beide Eltern liegt darin, dass die Bindungen und das Familienleben mit Mutter und Vater erhalten bleiben. Die paritätische Doppelresidenz fördert aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und hat positive Auswirkungen für die Gesellschaft.

Obwohl Väter heute viel stärker in die Betreuung ihrer Kinder eingebunden sind, greift die Familienrechtsprechung meist noch immer auf ein Betreuungsmodell der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück: Die Mutter kümmert sich um die Kinder, der Vater um ihre materielle Versorgung. Die Praxis, Kindern einen Hauptaufenthalts-Elternteil (in der Regel die Mutter) zuzuweisen und dem anderen Elternteil beschränkte Umgangszeiten “zu gewähren“, entspricht nicht der UN- Kinderrechtskonvention. Während der „alleinerziehende“ Elternteil sich oft überforderten fühlt, fühlt sich der „Besuchs-Elternteil“ frustriert. Die paritätische Doppelresidenz oder Wechselmodell garantiert die gleichwertige, abwechselnde Betreuung von Kindern durch ihre getrennt lebenden bzw. geschiedenen Eltern. Der Gefahr einer Eltern-Kind-Entfremdung und damit verbundenen psychischen und gesellschaftlichen Schäden wird ebenso entgegengewirkt wie möglicherweise eskalierenden Elternkonflikten. Ziel ist die konsequente Umsetzung einer auf Kindeswohl, auf Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter ausgerichteten Familienpolitik, auch nach Trennung und Scheidung.

Es referieren Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf (Professorin für Familienrecht an der Evangelischen Hochschule Nürnberg und Autorin des Buches "Wechselmodell: Psychologie - Recht - Praxis"), Dipl. Kinder- und Familienpsychologe Jan Piet de Man (Europäisches Institut für das Kindeswohl, „Vater“ des belgischen Sorgerechts), Dr. Vittorio Vezzetti (Kinderarzt und Mitbegründer der Vereinigung „Figli per Sempre“). Anschließend diskutieren VertreterInnen der Kinder- und Jugendanwaltschaft Südtirol, der Justiz, der Abteilung für Familie und Sozialwesen und Betroffene. Nähere Infos hier.