Das ungeschminkte Brasilien, es lässt sich nicht mehr verstecken!
Bereits vor 390 Jahren sind Spanien und die Niederlande in Salvador aufeinander getroffen. Am 08. Mai 1624 vertrieben die mit ihren 24 Fragatten, 500 Kanonen und 3.300 Männern in der Bucht “Baía todos os Santos” einfallenden Niederländer die Spanier. Mit der Einnahme der brasilianschen Küstenstadt verfolgten die Holländer den ergeizigen Plan die Handelswege und Märkte des südlichen Altantiks ausschließlich für sich einzunehmen.
Die großen Verlierer waren – damals wie heute – aber nicht die Spanier, sondern die indigenen Völker. Seit dem Beginn der Kolonialiserung werden sie konsequent vertrieben, zurückgedrängt und ignoriert. Schlicht und ergreifend weil sie der “modernen Welt” – dem “Fortschritt im Wege stehen.
Ins Rampenlicht dürfen sie nur, wenn es darum geht Exotik herzuzeigen – wie bei der Eröffnungsfeier der WM.
Vielleicht errinnert ihr Euch an die drei Kinder mit den Tauben? Eines davon, der 13jährige Werá Jeguaka Mirim der Guarani aus dem Dorf Krukutu das im Süden São Paulos liegt, zog kurz nach dem aufsteigen der Tauben einen Banner mit den Worten: “Demarcação, já! - Demarkierung, jetzt!” unter seinem Hemd hervor. Er setzte somit ein Zeichen gegen die Verfolgungs- und Hetzkampagnen, ausgehend von Agrarkonzernen, Grossgrundbesitzern und der brasilianischen Regierung, die sich immer mehr über die indigenen Territoriums ausbreiten. Laut der Broschüre über Land- und Wasserkonflikte, jährliche Publikation der CPT (=Landpastoralkommission), wurden allein im letzten Jahr 15 Indigene beim Versuch ihre Rechte und Territoriums zu verteidigen ermordet.
Die Welt hat das Banner des 13 Jährigen nie gesehen. Der FIFA gelang es die Bilder von Werá Jeguaka Mirim zu zensurieren. Die Botschaft, dass es Menschen gibt, die gerne ein eigenes Stück Land zum Leben hat, hätte das wunderbare Fußballfest doch nachhaltig gestört.
Dass dieser Protest, der während der Eröffnungsfeier der FIFA Zensur unterlag, und bewusst aus den Bildschirmen ausgeblendet wurde, trotzdem grosse Wellen in den internationelen Presse schlägt ist äusserst positiv. Es bleibt zu hoffen, dass ähnlich wie der historische Sieg der Holländer, auch das Schicksal der indigenen Völker und ihre Anliegen ernst genommen werden und nicht gleich nach Ende der Fussball-WM wieder in Vergessenheit geraten. Besser noch, das wir bereit sind mehr über das indigene Konzept “Buen Viver oder Sumak Kawsay”, übersetzt “das Gute Zusammenleben oder das Leben in Fülle”, das sich als Opposition sieht, gegenüber der dominierenden Logik des neoliberalen Kapitalismus, des ständig Mehr und immer Schneller, zu lernen.
Vielleicht ist es gerade das, vor dem sich die FIFA sowie die brasilianische Regierung unísono fürchten. Dass es Menschen gibt, die mit den vorhandenen Ressourcen auskommen wollen, so dass auch zukünftige Generationen noch “gut Leben” können. Diese Menschen gilt es im Sinne der Gewinnmaximierung zu verstecken. Seit numehr über 500 Jahren.