Politics | Viele offene Fragen zur neuen Trasse der Jenesiener Seilbahn

Jenesiener Seilbahn: zwischen Suspendierungen und Ablehnungen

Etwas stimmt nicht mit dem Projekt der Seilbahn von Jenesien und mit den folgenden Entwicklungen nach dem Informationsabend im Kulturheim von Gries.
Note: This article is a community contribution and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.

Der öffentliche Informationsabend vom 29. April 2016: ein Beispiel der Beteiligung der Bevölkerung

Der öffentliche Informationsabend des Komitees gegen die Verlängerung der Seilbahn Jenesien auf der Talferwiesen hat sicher sehr überrascht, aber zugleich auch auf verschiedenen Ebenen stark eingewirkt. Für mich war es ein konkretes Zeichen öffentlicher Beteiligung, welche möglicherweise einen schon (definitiv?) entschiedenen Verlauf jenes Projektes und jenes eigenartigen vorweihnachtlichen Beschlusses geändert hat, worauf ich später zurückkommen werde.

Die inoffiziellen aber wirksamen Rendering

Das Rendering der Talstation bei der Talferbrücke, wie sie möglicherweise aussehen sollte, des Gebäudes für die Zwischenstation und der Megamasten von 35 Metern Höhe inmitten der Talferwiesen, gibt die Idee eines Projektes, das wortwörtlich über die Köpfe der BoznerInnen hinweg entschieden wurde, und realisiert werden sollte.

Die “zwiespältige” Kommunikation des Landesrates Mussner?

Der Verdienst der Darstellung war, dass sie eine gewisse zwiespältige Kommunikation des Landesrats dem jeweiligen Gesprächspartner gegenüber ins rechte Licht rückte.

Sowohl die Initiative Talferwiesen – S.Anton, als auch einige Vertreter von Jenesien, gaben zu verstehen, dass bei der ersten von einer Deaktivierung des bestehenden Lieniendienstes, bei der anderen jedoch von einer Erhaltung des bestehenden Liniendienstes gesprochen wurde. Schon hier muss man die Nase rümpfen.

Wer war tatsächlich und über was informiert?

Man konnte nicht verstehen, welches die Vorfakten waren. Es scheint, dass der ehemalige Bürgermeister und der ex-Vize-Bürgermeister der Hauptstadt informiert waren, jedoch die ehemalige Landesrätin Kofler Peintner wollte von nichts gewußt haben (leider wurde dies vom Landesrat Mussner dementiert); offensichtlich bestand ein nicht zu übersehendes Kommunikationsproblem innerhalb der alten Koalition der Stadtregierung. Aber dann wurden Landes- und Gemeindesitzungen mit der Anwesenheit von Technikern – aber welchen? - erwähnt.

Mehrere Stellen bleiben ziemlich schleierhaft.

Das reale Problem: die Verbindung zwischen der Talstation und der Stadt und die Verbesserung des bestehenden Dienstes!

Jedenfalls: die Lösung, gegen die niemand etwas einzuwänden hätte, wäre, dass man - wie schon öfters bei verschiedenen Gelegenheiten erwähnt und wiedererwähnt - zwischen der bestehenden Talstation und dem Siegesplatz bessere Verbindungen durch Shuttlebusse schaffen würde. Einige Busse mehr, extrem geringe Kosten, warum also die Verlängerung? Ich wiederhole: warum?

Die Mitteilung vom 3. Mai 2016: ein Hauptwerk aus einer... parallelen Welt?

Aber die zentrale Frage ist jetzt eine andere. Wenn man die offizielle Pressemitteilung vom 3. Mai 2016 liest, in welcher Landeshauptmann Kompatscher zitiert wird, findet man einiges, worüber man nachdenken kann. Denn: entweder verstehe ich nicht, oder was wollte man wirklich damit sagen?

Die italienische Version der Pressemittelung hat einen leicht anderen Ton, aber die Szene bleibt immer noch diesselbe des vorweihnachtlichen Beschlusses:

Also, der Landeshauptmann behauptet:

  • man hätte nie von Projekten geredet

  • man diskutierte nie von Kosten

  • man diskutierte über verschiedene Projektvarianten

  • es gäbe keine Entscheidung über die Trasse

  • es wurden einige Rendering veröffentlicht, die “die Bevölkerung erschreckt hätten, was auch verständlich ist ” (aber es wird nicht behauptet, dass diese Rendering aus der Luft gegriffen sind, also, wenn man zwischen den Zeilen lesen will...)

  • man will beide öffentlichen Verwaltungen miteinbeziehen, die aber anscheinend schon miteinbezogen wurden (aber vielleicht wird die Verwaltung von Jenesien ihre Stellung klären, denn sie schaut ganz anders aus, jenachdem, wer davon berichtet...)

  • man muss Pro und Contra von “bestimmten Hypothesen” analysieren

  • gleichzeitig aber sagt er: “Unser Ziel ist zu gewährleisten, dass die Jenesiener Seilbahn eine für Pendler, Wanderer und Touristen attraktive Anlage wird, und vor allem, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch landschaftlich nachhaltig wird”, was fast zu verstehen gibt, dass … alles schon entschieden ist?

Diese Pressemitteilung hat die Situation womöglich noch verschlechtert, nach dem Motto: schlimmer der Flicken als das Loch. Wer den Landeshauptmann geraten hat, diese Aussage zu machen, weiß man nicht. Auf gleicher Weise, hat Landesrat Tommasini einige Tage nachher auf Facebook kurz und bündig behauptet, dass das Projekt “nicht durchgeführt wird”, während der Landeshauptmann kurzerhand behauptet, dass er die Wahl des neuen Bürgermeisters und die Bildung des neuen Gemeindeausschusses von Bozen abwartet.

Wer hat was am 22. Dezember 2015 beschlossen?

Ok, wer hat dann aber beschlossen, was in dem Beschluss 1534 vom 22.12.2015 geschrieben wurde? Wenn man ihn ruhig durchliest, erscheint alles, was in der oben angeführten Pressemitteilung geschrieben wurde, eine “parallele Welt”. Waren alle Landesräte und der Landeshauptmann anwesend, oder – entschuldigt bitte die Ironie – waren es in jener Sitzung nur ihre Klonen? Der Beschluss gibt klare Hinweise auf die bestehende Situation, und was zu tun ist, um die Anlage mit einer sehr genauer Trasse zu erneuern. Außerdem gibt der Beschluss Hinweise über die Kosten und Vollmacht an die STA zur Projektierung laut Gesetzvertretendes Dekret 163/2000, d.h. Gesetzbuch über öffentliche Bauaufträge und D.P.R. 207/2010, d.h. Bestimmungen des erwähnten Gesetzbuches.

Also, alles das Gegenteil von dem, was in der italienischen Pressemitteilung vom 3. Mai behauptet wird.

Der Beschluss, wenn nicht widerrufen, bleibt weiterhin wirksam

Solange dieser Beschluss nicht annulliert wird, vor allem mit der Widerrufung des an die STA gegebenen Projektauftrages, bleibt alles beim alten.

Nicht nur daas; wenn man die Antwort des Landesrates Mussner am 6. April 2016 an die Landtagsabgeordneten Köllensperger und Urzì liest, wirkt das Projekt sehr aktuell und lebendig, keineswegs auf Eis gelegt oder suspendiert.

Mit diesem Gutachten schießt sich die Gemeinde Bozen ein Eigentor.

Es scheint, dass sich die Gemeinde sehr unbeholfen die Hände gebunden hat, mit einem positiven Gutachten für die Seilbahntrasse auf den Talferwiesen; aber sich davor gehütet hat, es zu gegebenem Zeitpunkt zu veröffentlichen.

“...bestätigen, dass wir am 16.2.2016 vom Kommissär der Gemeinde Bozen, Dr. Penta, eine Bestätigung auf unsere Anfrage erhalten haben. Ich lese Ihnen del letzten Satz dieser Bestätigung vor und gebe Ihnen danach auch eine Kopie: “Il giudizio è che il tracciato funiviario interferente con l'area dei prati del Talvera debba ritenersi infrastruttura a rete integrata nel trasporto locale e come tale la sua realizzazione è ammissibile ai sensi della tutela dell'insieme nel contesto di riferimento.”

Auch hier: die Kommunikation: die Gemeindeverwaltung hat nie von diesem Gutachten gehört. Alles hinter verschlossenen Türen?

Es wird nur darauf gewartet, dass die Hauptstadt ihre neue Stadtregierung hat: so hat Landesrat Mussner in seiner, im Sitzungssaal am 6. April 2016 gegebenen Gegenantwort, ausgesagt.

Alles beschlossen – trotz der Dementis – um den Weltkongress der Internationalen Organisation der Seilbahnverkehre (O.I.T.A.F.) zu “feiern”?

Man gewinnt den Eindruck, dass jenseits gewisser “Distanzierungen” und Aussagen – aus denen man eine Lektion von Nicht-Kommunikation entnehmen kann – erscheint, dass alles schon beschlossen und vor allem untergründig vorangegangen wäre (Bibliothekenzentrum docet), wenn nicht die im Dunklen gelassene Bevölkerung der Stadt Bozen aktiv geworden wäre.

Beiläufig gesagt: hingegen wurde die Bevölkerung von Jenesien von diesem größenwahnsinnigen Projekt in Kenntnis gesetzt.

Sollte dieses Werk vielleicht als Prestigeprojekt dienen, um den 11. Weltkongress der Internationalen Organisation der Seilbahnverkehre (O.I.T.A.F.) - welche in Zusammenarbeit mit der EURAC vom 6. bis 9. Juni 2017 gerade in Bozen stattfinden wird - zu “segnen”?

Machen wir dann eine Landesvolksbefragung zum Thema. Machen wir sie nicht auch für den Flughafen...?

(Aus dem Italienischen mit Originaltitel: Funivia di S.Genesio: fra sospensioni e bocciature.)