Ein 5:2-Erfolg ist rein arithmetisch ein unbestreitbarer Sieg. Doch der Erfolg des Partito Democratico bei den Regionalwahlen löst bei Matteo Renzi keinen Siegestaumel aus. Denn die Begleitumstände dieser Wahl sind erneut ein klarer Beweis für die Abwendung der Bürger von einem verkommenen Parteiensystem, von dem sie sich nicht vertreten fühlen. Allein in der Toskana, wo Bürgerbeteiligung auf eine solide und lange Tradition zurückblicken kann, ist die Wahlbeteiligung um ganze 12 Punkte auf 48 Prozent gesunken - eine bedrohliche Entwicklung für die Zukunft der Demokratie. Daß die Zahl der Kandidaten für die Präsidentschaft in sieben Regionen gleichzeitig von 28 auf 51 gestiegen ist, demonstriert eindrücklich den wachsenden Graben zwischen den Bedürfnissen der Bürger und den endlosen Spielen der Politik, die sich in Dutzenden von Klein- und Kleinstparteien niederschlägt.
Das Wahlergebnis stellt für Matteo Renzi einen Dämpfer dar und zwingt ihn zu einem Stragegiewechsel. Der Parteilinken, die den Sieg des Partito Democratico in Ligurien vereitelt und Forza Italia zum Erfolg verholfen hat, wir er in Zukunft entgegenkommen müssen. Etwa bei der Verfassungsreform zur Abschaffung des Senats oder bei der Schulreform. Der Handlungsspielraum der Linken muss definiert werden. Das Ergebnis zeigt, daß bei den umstrittenen Vorwahlen in Ligurien und Venetien die falschen Kandidaten gesiegt haben. Und der Erfolg des vorbestraften (aber nicht rechtskräftig verurteilten) Vincenzo Di Luca in Kampanien bringt Renzi in grosse Schwierigkeiten. Niemand weiß, wie der langjährige Bürgermeister von Salerno die drohende Suspendierung vermeiden kann. Die Regeln für Vorwahlen müssen neu definiert werden.
Matteo Renzi wird sich nun der Reform seiner zerrissenen Partei widmen müssen, um sie für die Wähler attraktiver zu gestalten. Eine Aufgabe, die der Premier in die Hände seines vertrauten Staatssekretärs Luca Lotti legen könnte. Auch seinen "Einer-gegen-alle-Stil" wird der Premier überdenken müssen, wenn er an seinen Erfolg bei den Europawahlen anknüpfen will.
Die Fünfsterne-Bewegung und Matteo Salvini Lega Nord gehen aus diesem Wahlgang als Sieger hervor. Bei zukünftigen Parlamentswahlen hat Grillos M5S gute Chancen, mit dem Partito Democratico in die Stichwahl einzuziehen. Matteo Salvini sieht seine Partei als "Schreckgespenst für Mumien". Mit Werten um 20 Prozent hat sich die Lega neben ihrem erwarteten Erfolg im Veneto als stärkste Kraft des rechten Lagers etabliert. Doch Salvini wird gezwungen sein, Allianzen zu bilden. Vor allem mit Silvio Berlusconi, der in seinen Augen jene Uralt-Politik verkörpert, die der populistische Lega-Chef über Bord werfen will. Kläglich gescheitert ist Salvinis Versuch, die Lega als nationale Partei auch im Süden zu etablieren. In Apulien landete seine Liste "Noi con Salvini" mit zwei Prozent der Stimmen auf dem letzten Platz.