Società | kalašnikov&valeriana

Zwangsheirat

Am Internationalen Tag der Frau: „Libere. Il nostro No ai matrimoni forzati”
matrimonio_forzato.jpg
Foto: Wikipedia

Am 08.03. wird in Bozen ein Phänomen thematisiert, das in Italien immer noch zu wenig Aufmerksamkeit erfährt: die Zwangsheirat.

Die Zwangsehe oder Zwangsheirat ist eine Ehe, in der eine oder beide beteiligten Personen, Kinder oder Erwachsene, gegen ihren Willen verheiratet werden. Die Vereinten Nationen schätzen, dass weltweit mindestens 12 Millionen Mädchen jedes Jahr zwangsverheiratet werden, in vielen Teilen der Welt. Auch in Italien (und in Südtirol) ist Zwangsheirat eine Realität, wenn auch entsprechende Daten aufgrund der großen Dunkelziffer fehlen. Es ist ein Phänomen, das viele „unsichtbare“ Fälle betrifft, denn darüber gesprochen wird nur, wenn ein Mädchen ermordet wird. Martina Castigliani, Autorin des Buches “Libere. Il nostro No ai matrimoni forzati“, meint dazu: “Siamo andate avanti perché siamo convinte che in Italia manchi un dibattito costruttivo sui matrimoni forzati, così come non è mai stata fatta una campagna di prevenzione nazionale. Chi ci governa, nonostante le promesse sbandierate ogni volta che muore una ragazza, si limita alla repressione dei singoli reati.“

Zwangsheirat bedeutet, dass ein Mädchen seiner Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben beraubt wird. So geht Zwangsheirat meist mit dem Ende ihrer Schuldbildung einher. Stattdessen gebären diese Mädchen oft schon in sehr jungem Alter wiederum Kinder. Ein Ausbrechen aus diesem Teufelskreis der Abhängigkeit und Benachteiligung innerhalb einer Zwangsehe ist für junge Frauen und Mädchen ohne Hilfe von außen in der Regel nicht möglich und lebensgefährlich.

Deshalb haben sich verschiedene Organisationen aktiviert, um von Zwangsheirat Betroffene zu unterstützen. In Italien gilt der Verein Trama di Terre als Experte zu dem Thema und hat die entsprechenden Leitlinien erarbeitet und veröffentlicht. Er bietet seit 2009 zahlreiche Dienstleistungen wie Beratungsgespräche, Rechtsberatung, ein Netzwerk zur Gewährleistung der Sicherheit betroffener Frauen (in enger Zusammenarbeit mit Sozialdiensten, Ordnungskräften, Schulen und Kontaktstellen gegen Gewalt) bis hin zur Unterstützung bei der Verwirklichung eines neuen Lebensprojektes. Der Verein führt ein geschütztes Haus für junge Frauen, die sich einer Zwangsheirat entziehen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Information, Prävention und Bewusstseinsbildung, z.B. durch das Buch „Libere. Il nostro No ai matrimoni forzati” (PaperFIRST, 2022).

“Se si parla del tema è solo per stigmatizzare altre culture, spaccare schieramenti e animare talk show. A nessuno sembra interessare che ci siano giovani donne che subiscono violenze. A noi, invece, è l’unica cosa che importa“, so Castigliani. Fatima, Yasmine, Zoya, Khadija und X erzählen sich darin. Fünf junge Frauen, die beschlossen haben, gegen ihre Zwangsheirat zu rebellieren. Für ihre Freiheit haben sie auf alles verzichtet: Sie sind von zu Hause geflüchtet, haben die Beziehung zur Familie unterbrochen, mussten ihre Identität wechseln. Ihre Weigerung wurde nie akzeptiert, und seitdem sind sie in Lebensgefahr. Trotzdem erzählen sie ihre Geschichten: “Per le altre, perché devono sapere che si può fare. Per tutte le altre che ancora non sanno di poter essere Libere.”

„Libere. Il nostro No ai matrimoni forzati” wird am Internationalen Tag der Frau am Mittwoch, 8. März um 18 Uhr im Filmclub Bozen vorgestellt, im Dialog mit der Autorin Martina Castigliani und mit der Aktivistin Tiziana Dal Pra, auch Gründerin von Trama di Terre. Der Buchvorstellung folgt um 20 Uhr der Doku-Film „Sonita”: die Geschichte von Sonita Alizadeh, einer jungen afghanischen Frau auf der Flucht in den Iran, die von einer Zukunft als Rapperin träumt. Noch eine Geschichte einer mutigen Frau, die auf dem Weg ist, Missstände zu verändern. Eine Einladung an alle.