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Die Wunschliste

Das Forum der 100 hat seine Arbeiten abgeschlossen. Die Vorschläge der acht Arbeitsgruppen zur Änderung des Autonomiestatutes.
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Foto: LPA
Das Forum der 100 – das Organ des Autonomiekonvents, in dem Bürgerinnen und Bürger Vorschläge zur Änderung des Autonomiestatuts ausarbeiten, ist vergangene Woche zur letzten Sitzung zusammengekommen. Dabei hat man ein Abschlussdokument verabschiedet, das jetzt dem Konvent der 33 übermittelt wird.
Es ist der inhaltliche Fahrplan zur geplanten und gewünschten Überarbeitung des Autonomiestatutes. Acht Arbeitsgruppen arbeiten seit rund einem Jahr an der Ausgestaltung und dem Ausbau der Südtiroler Autonomie.
Im Schlussdokument haben die verschiedenen Arbeitsgruppen ihrer Arbeit zusammengefasst. Die Vorschläge wurden in fünf bisherigen Sitzungen und mehreren Expertenanhörungen erarbeitet.
 
Arbeitsgruppe 1:

Ausbau der Autonomie, Rolle der Region, Beziehungen zu Rom und Wien, doppelte Staatsbürgerschaft.

 
Wie Gruppensprecher Matthias Psenner erklärte, gab es in der Arbeitsgruppe einen Konsens darüber, alle Zuständigkeiten des Landes in exklusive Zuständigkeiten umzuwandeln, die Region nur als Plattform der Zusammenarbeit zwischen den beiden Provinzen anzusehen, die Geschichte des Landes in der Präambel des Statuts zusammenzufassen und eine ständige österreichisch-italienische Kommission zu Minderheitenfragen einzurichten. Die doppelte Staatsbürgerschaft hingegen sei als Angelegenheit Österreichs und als individuelles Recht anzusehen und daher nicht ins Statut aufzunehmen.
 
Arbeitsgruppe 2:

Selbstbestimmung, Europaregion, Beziehungen zu Österreich und Italien, Südtirol-Aktivisten.

 
Die Selbstbestimmung – wie Jutta Telser das Ergebnis zusammenfasste – ist als Prozess zu sehen, auf der Grundlage sowohl eines demokratischen Prinzips wie des Völkerrechts, wobei das Volk in einer ersten Abstimmung entscheiden soll, ob das Selbstbestimmungsrecht in Anspruch genommen werden soll. Der Landtag wird ersucht, sich für die Begnadigung der Freiheitskämpfer einzusetzen. Die Rolle der Europaregion wird positiv gesehen, die Zusammenarbeit soll aber auch auf andere Regionen und auf die ladinischen Gemeinden außerhalb des Landes ausgedehnt werden.
 
Arbeitsgruppe 3:

Kultur, Bildung, Toponomastik.

 

In dieser Arbeitsgruppe ist es nicht zu einem Konsens gekommen, daher fassten auch zwei Berichterstatter das Ergebnis zusammen. Man habe den Wunsch der Bevölkerung nach einer mehrsprachigen Schule und nach einem frühen Zweitsprachenunterricht zur Kenntnis genommen, berichtete Franco Kettmeir, ebenso sei bedauert worden, dass die Sechserkommission in der Ortsnamensfrage zu keiner Lösung gekommen sei. In der Arbeitsgruppe sei ebenso der Wunsch nach einem Schutz der Minderheiten durch getrennte Schulen und gewachsene Ortsnamen geäußert worden. Das Recht auf Gebrauch der Muttersprache gelte ebenso bei den Beipackzetteln wie im Umgang mit der Polizei. Beide Standpunkte seien zu Wort gekommen, unterstrich Marc Röggla von der Eurac, ein Beweis, dass keine Position in den Schatten gestellt oder von einer Mehrheit unterdrückt wurde.
 
Arbeitsgruppe 4:

Sprachgruppenzugehörigkeit, Proporz, Ladinervertretung, Zwei- und Dreisprachigkeit in der öffentlichen Verwaltung.

 

Es gab einen Konsens darüber, dass der Proporz ein Instrument des Ausgleichs ist, aber dass seine derzeitige Umsetzung diesem Anspruch nicht genügt, fasste Stefan Graziadei zusammen. Es wird vorgeschlagen, die Stellenwettbewerbe in der erklärten Muttersprache des Bewerbers oder gleichzeitig in Deutsch und Italienisch abzuhalten. Die Ladiner sollten mehr in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden, mehr kulturelle Autonomie und mehr Berücksichtigung in Gremien und bei Wettbewerben bekommen. Die Mehrsprachigkeit müsse anerkannt werden, wobei alle drei Sprachgruppen gleich zu behandeln seien.
 
 
Arbeitsgruppe 5:

Nachhaltigkeit (Umwelt), Wirtschaft, Forschung, Arbeit.

 

Hier wurde die Bedeutung der dualen Ausbildung hevorgehoben, wie Martin Telch berichtete. Die Bürgerbeteiligung an der Gesetzgebung sei auszubauen, ebenso das Mitspracherecht bei größeren Investitionen. Forschung und Innovation sollten im Statut berücksichtigt werden, die autonomen Zuständigkeiten im Umweltbereich seien besser zu nutzen. Die Arbeitsgruppe sprach sich ebenfalls für eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit und für eine Weiterentwicklung der „green economy“ aus.
 
Arbeitsgruppe 6:

Soziales, Sanität, Sport.

 

Soziales und Solidarität, das Recht auf Wohnung, Arbeit und Bildung, Frieden und Schutz der Familie sollten Eingang in die Präambel des Statuts finden, berichtete Christian Mair. Ebenso sollte die Entwicklungstzusammenarbeit verankert werden. Angesprochen wurden auch ein Prozess der regionalen Identitätsfindung und eine ständige Weiterentwicklung der Autonomie.
 
Arbeitsgruppe 7:

Migration und Integration, Zusammenleben, Mehrsprachigkeit.

 

In der Präambel sollte auch die Präsenz von verschiedenen Kulturen und Religionen berücksichtigt werden, denen die Traditionen des Landes zu vermitteln seien, berichtete Max Benedikter. Kulturbeiträge an konfessionelle Einrichtungen seien von unabhängigen Organen zu überwachen, ebenso sollte der Ethikunterricht in den Schulen eingeführt werden. Gemischtsprachige oder neue Mitbürger seien bei der Sprachgruppenerhebung zu berücksichtigen, letztere sollten bei lokalen Abstimmungen mitwählen dürfen. Die Arbeitsgruppe sprach sich schließlich auch für kostenlose Sprachkurse aus.
 
Arbeitsgruppe 8:

Bürgerbeteiligung.

 

Die direkte Demokratie sei im Statut zu verankern, fasste Roberto Paiarola zusammen, nur ethnische Themen sollten von einer Volksabstimmung ausgenommen werden. Abstimmungsberechtigt sollten alle Bürger ab 16 sein, die im Land ihren Wohnsitz haben. „Dass es das Forum der 100 gibt, ist bereits eine Anerkennung der direkten Demokratie“, meinte Paiarola.
 
Das Abschlussdokument wird am 12. Mai dem Konvent der 33 übergeben.