Economia | Tourismus
Die Wirren des Bettenstopps
Foto: Othmar Seehauser
Nach dem Inkrafttreten des Bettenstopps im vergangenen August (Sammelgesetz Nr. 10 vom 16. August 2022, Artikel 7) häufen sich nun die ersten Rekurse dagegen an – die das Land bislang allerdings alle verloren hat und die Prozesskosten übernehmen muss.
Bei den Rekursstellern handelt es sich um fünf Betriebe mit Urlaub auf dem Bauernhof, die ihre Betten nachmelden wollen. „Das klingt nach illegaler Tätigkeit. Diese Betten sind den Betrieben aber aufgrund der bis dahin geltenden Bestimmungen zugestanden“, erklärt Rechtsanwalt Arthur Frei, dessen Kanzlei die Rekurssteller beim Bozner Verwaltungsgericht vertreten hat.
Um die Nachmeldung von Betten zu verhindern, hatte die Landesregierung rund zwei Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes ein Dekret erlassen, das einen 20tägigen Stopp von Bettenmeldungen vorsieht. Als die Betriebe also ihre Betten nachmelden wollten, die sie aus verschiedenen Gründen zuvor nicht den Tourismusorganisationen melden mussten, wurden sie von ihrer Gemeinde aufgrund des Dekretes abgewiesen.
Denn bei der Festlegung einer Obergrenze für touristische Nächtigungen in Südtirol werden nur die Nächtigungen der Gäste ab 14 Jahren gezählt, die an einem beliebigen Stichtag im Rekordjahr 2019 gemeldet wurden. Ab dem Alter von 14 Jahren wird für die Gäste eine Ortstaxe eingezogen. Auch ausziehbare Couchbetten mussten früher nicht gemeldet werden.
„Es ging bei den Rekursen also um die Frage, ob ein Beschluss der Landesregierung das bisher bestehende Landesgesetz außer Kraft setzen kann, das eine Bettenmeldung erlaubt“, erklärt Frei. Das Verwaltungsgericht habe das Dekret richtigerweise für ungültig erklärt. „Damit können unsere Rekurssteller ihre nachgemeldeten Betten behalten.“
Die von der Kanzlei vertretenen Betriebe sind nicht die einzigen, die Rekurs gegen den 20tägigen Bettenstopp eingereicht haben. Laut Tourismuslandesrat Arnold Schuler haben rund 15 Betriebe das Dekret beim Verwaltungsgericht angefochten. Allerdings darf ein Betrieb seine Betten nur nachmelden, wenn er auch Rekurs eingereicht hat. „Sehr viele Betriebe haben keinen Rekurs dagegen eingereicht. Obwohl der Beschluss der Landesregierung annulliert worden ist, bleibt die Ablehnung der Gemeinde aufrecht, weil sie nicht angefochten worden und die Frist dafür abgelaufen ist“, erklärt Rechtsanwalt Frei. Trotzdem rechnet er damit, dass das Gesetz zum Bettenstopp weitere Rekurse nach sich ziehen wird.
Unternehmerische Tätigkeit
Denn der Gesetzgeber habe zwei Risiken eingegangen, die für Schwierigkeiten sorgen könnten: „Diese Betriebe, die ihre Betten nachmelden wollten – egal ob sie Rekurs eingereicht haben oder nicht – sind rechtmäßig bestehende Betriebe. Ihre Gebäude wurden mit einer Baubewilligung errichtet, sie erfüllen die Hygienebestimmungen, sie verfügen über die Fläche und Ausstattung, um laut den bisher geltenden Bestimmungen eine bestimmte Anzahl von Gästen zu beherbergen“, so Frei.
Das letzte Jahr im Sommer verabschiedete Gesetz zum Bettenstopp schiebt den Betrieben nun einen Riegel vor. „Ist es verhältnismäßig, dass auf der einen Seite eine Bautätigkeit zugelassen wird und auf der anderen Seite die Nutzung des Gebäudes als Beherbergungsbetrieb verboten wird? Inwieweit kann der Landesgesetzgeber in die unternehmerische Tätigkeit eingreifen, die von der Verfassung geschützt ist“, so der Rechtsanwalt der Rekurssteller zum 20tägigen Bettenstopp.
Zwar konnten Betriebe, die die Baukonzession bzw. die Eingriffsgenehmigung oder den Antrag darauf bis zum 31. Juli 2022 eingereicht haben, bis zum 31. März 2023 einen Antrag auf Erhöhung der Betten stellen. Jene, die erst nach der Frist einreichen, müssen nun für zusätzliche Betten aus den viel diskutierten Bettenkontingenten ansuchen.
Fragliche Kontrolle
Das zweite Risiko betrifft die Wahrung des Datenschutzes von Gästen bei der Meldung und Kontrolle der Bettenanzahl. Denn im Antragsformular für die Erhöhung der Gästebetten gibt es einen Passus, der die Verantwortung des Gesetzgebers elegant auf jene des Gastbetriebes überträgt: „Der Unterfertigte beauftragt und ermächtigt die Gemeindeverwaltung, auch bei Privaten die Daten bezüglich der Anzahl der ordnungsgemäß gemeldeten Nächtigungen an dem im Jahr 2019 frei vom Antragsteller gewählten und in diesem Dokument angegebenen Datum anzufragen und zu erhalten“, so steht es im Antragsformular.
Die an die Tourismusorganisationen gemeldeten Daten aus dem Rekordjahr 2019 wurden anonymisiert. Wie die gemeldete Bettenanzahl kontrolliert werden soll, ist noch unklar, zumal die Nächtigungen von Gästen unter 14 Jahren nicht gezählt wurden. Diese minderjährigen Gäste haben am Stichtag im Jahr 2019 im Bett eines Hotelzimmers geschlafen, das möglicherweise bereits am Tag darauf von einer über 14jährigen Person benutzt wurde.
„Es ist noch nicht absehbar, inwieweit Landesverwaltung und Gemeinden diese personenbezogenen Daten nutzen werden“, sagt Frei deshalb. Zwar müssen Beherbergungsbetriebe die personenbezogenen Daten ihrer Gäste an die Quästur weiterleiten, diese kann die Daten aber nur für sicherheitsrechtliche Belange nutzen. „Dass Herr Müller und Frau Schmitt aus Deutschland in Südtirol nächtigen, kann von den Sicherheitsbehörden nicht an Dritte weitergegeben werden.“
Angesichts dieser rechtlichen Unklarheiten bezweifelt der Rechtsexperte, dass der Bettenstopp das richtige Instrument zur Einschränkung des Gastgewerbes ist: „Das ist so kompliziert und verdreht, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass wir so weniger Tourismus haben. Mit weniger Bauen wäre die Sache geritzt.“
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