Società | Augen auf

“Nicht gleichgültig sein!”

Der Landeshauptmann erntet Beifall für sein Vorgehen gegen CasaPound. Auch Heiner Oberrauch erhebt seine Stimme: “Aufstehen, wenn populistische Parolen Fuß fassen.”
Andrea Bonazza
Foto: Facebook/Andrea Bonazza

“Das, was die Neofaschisten mit ihrem Plakat gemacht haben erfüllt aus meiner Sicht auch den Tatbestand des Art. 604 des Strafgesetzbuches in Bezug auf Aufstachelung zum Rassenhasse und ethnischer Diskriminierung.”
In einer zweisprachigen Videobotschaft untermauert Landeshauptmann Arno Kompatscher seine Entscheidung, wegen des unsäglichen Wahlplakates von CasaPound eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft zu machen.

Für diesen Schritt erntet der Landeshauptmann vom Bozner CasaPound-Leader Andrea Bonazza – er lässt sich munter weiter beim Plakatieren, etwa in Kolfuschg im Gadertal, ablichten – ein müdes Lächeln, während sich die neofaschistische Bewegung selbst in den sozialen Netzwerken damit brüstet, ein weiteres Mal ins Visier der Justiz und damit der Öffentlichkeit geraten zu sein.

 

Auf der anderen Seite schließen sich die Reihen jener, die sich offen gegen Faschismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellen. Die Eingabe bei der Staatsanwaltschaft sei “un forte segnale di impegno positvo nel segno dei valori della convivenza civile sanciti nella Costituzione da parte delle istituzioni autonomistiche”, schreibt der Partisanenverband ANPI in einer Stellungnahme. “Nessuno spazio deve essere concesso a chi semina odio, incita alla violenza e a chi esprime valori fascisti, razzisti e xenofobi che ricordano il passato”, pflichtet die Grüne Bozner Gemeinderätin in Bozen, Chiara Rabini, bei. Sie unterstütze das Vorgehen von Kompatscher.

Seine Stimme “für Menschlichkeit und gegen Oberflächlichkeit” erhebt auch Heiner Oberrauch. Als Präsident des Hauses der Familie sehe er sich dazu in der Pflicht, schreibt Oberrauch in einer Aussendung am Dienstag Vormittag. Er nimmt den Gedenktag an Josef Mayr-Nusser am morgigen 3. Oktober zum Anlass, um eine Mahnung auzusprechen.

Mayr-Nusser hat den Eid auf Hitler verweigert und starb 1945 auf dem Weg zu seiner Hinrichtung. Am 18. März 2017 wurde er selig gesprochen. “Josef Mayr-Nussers Vorbild ist aktueller denn je”, unterstreicht Heiner Oberrauch. 

“Josef Mayr-Nusser ahnte, dass ihn seine Eidesverweigerung das Leben kosten würde und doch ist er den Weg konsequent gegangen. Er hat den Mut aufgebracht, seine Stimme gegen das nationalsozialistische und rassistische Gedankengut zu erheben. Die Südtirolerinnen und Südtiroler heute sind aufgerufen, die Welt mit offenen und sensiblen Augen zu betrachten und aufzustehen, wenn menschenverachtende Ideologien und populistische Parolen Fuß fassen. Es darf uns nicht gleichgültig sein, wenn Menschenwürde und Menschenrechte mit Füßen getreten werden.”

Auch aus der eigenen Partei erhält Kompatscher offenen Zuspruch. “Zeigen wir Populisten und Hetzern die Stirn. Als Südtiroler dürfen wir uns nicht wegducken, sondern wir müssen aufstehen”, ist der Vorsitzende des SVP-Wirtschaftsflügels Josef Tschöll überzeugt. Er mahnt: “Immer stärker und lauter wird die Hetze gegen die Schwachen in unserer Gesellschaft und jene verantwortungsvollen Politiker die nicht Populismus betreiben, sondern sich den Werten der Demokratie, des friedlichen Zusammenlebens der Bevölkerung und der Sicherung von sozialem Frieden und Wohlstand verpflichtet fühlen.” Doch Tschöll nimmt nicht nur die selbsternannten “Faschisten des Dritten Jahrtausends” ins Visier: “Nicht weniger aggressiv als CasaPound zeigen sich im Wahlkampf mit ihrer Wortwahl und den Botschaften die Freiheitlichen und die Lega. Die Botschaft ‘Prima gli italiani’ oder ‘Südtiroler zuerst’ heißt im Umkehrschluss nichts anderes als ‘Ausländer raus’. Damit sind wir bei jenem Slogan, den Neonazis in Deutschland skandieren.”
Neben Zivilcourage fordert Tschöll auch Gesetzesverschärfungen: “Das Internet wimmelt geradezu von widerwärtigen Kommentaren, die Leute anonym veröffentlichen können und erneut ein Klima von Intoleranz und Aggressivität schaffen. Professionelle Schlechtschreiber und Hetzer lieben das Netz für seine Manipulationsmöglichkeiten und es erfolgt kaum Widerspruch. Es wird Zeit, dass schärfere Gesetze erlassen werden, die Betreiber von Blogs und Internetseiten in die Verantwortung nehmen und die Justiz muss schneller und häufiger gegen diese Hasskriminalität im Netz vorgehen.”