Blicke nach Nord und Ost
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Die Beziehungen zum künstlerischen Raum Nord-Osttirol haben beim Südtiroler Kulturinstitut eine lange Tradition. Die Liste der Ausstellungen mit künstlerischen Positionen aus diesen beiden Nachbargegenden ist lang und geht (fast) auf das Ende der 1970iger Jahre zurück. Das eigene Ausstellungs-Format (Blick Kunst Tirol) dazu, wurde allerdings erst 2015 entwickelt. In der aktuellen Ausstellung, die noch bis 7. Dezember zugänglich ist, werden Arbeiten jener Positionen gezeigt, welche seit 2015 eingeladen wurden: Rudi Wach, Elmar Peintner, Claudia Hirtl, Benjamin Zanon, Walter Nagl, Peter Assmann, Nora Schöpfer, Christine S. Prantauer und Christoph Hinterhuber. Letzterer lädt in großen Lettern zur Party in die Ausstellungsräume des Waltherhauses, in denen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder über Kunst geschwafelt, gestritten oder diese einfach nur genossen und bewundert wurde.
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Hinterhubers Visualisierungen schaffen stets komplexe, sowie komplett neue Raumsituationen. Am ausgestellten Plattenteller vorbei geht es in die Schau. Zu sehen natürlich auch Rudi Wach, der bei Marino Marini und Alberto Giacometti in Paris studierte. Er war 2015 der erste, der mit der Ausstellung Der Falke in der Hand im Rahmen von Blick Kunst Tirol in Bozen ausstellte. Den Katalog dazu verfasste damals die jetzige Direktorin des Forum Austriaco di Cultura Roma Teresa Indjein, jahrelang österreichische Generalkonsulin in Mailand. „Ihr Dialog mit Wach, im kleinen Katalog, der die Ausstellung im Waltherhaus begleitete, ist ein Blick in eine Künstlerseele, die von einer tiefen Humanität geprägt ist“, erinnert sich Eva Gratl, die das Konzept Blick Kunst Tirol seit Beginn an mitdachte und kuratiert.
Die Vermittlung kultureller Inhalte aus Österreich beschränkte sich seit der Gründung vor 70 Jahren zunächst vor allem auf Buchausstellungen. Die österreichische Grafikausstellung im Messepalast in Bozen sollte erst 1969 folgen. Seitdem wurden immer wieder künstlerische Positionen jenseits der Grenze gezeigt (z. B. Hundertwasser, Weiler, Holzmeister, Herbert Thöny, Prachensky, Diesner, Egger, Nikodem oder Flora)
Ausstellungen mit Nordtiroler Beteiligung gab es aber schon in den Anfangsjahren, als etwa zahlreiche Arbeiten des vor 150 Jahren in Schwaz geborenen Hans Josef Weber Tyrol (er lebte ab Mitte der 1920er Jahre in Südtirol) beim Kulturinstitut gezeigt wurden.
Unterstützung für die Ausstellungen kam damals wie heute (mitunter) vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (wie es sich heute nennt) und vom Bundesland Tirol.Zurück in die Gegenwart: Bei der Jubiläumsausstellung 2024 zu Blick Kunst Tirol und zum 70er des Kulturinstituts ist auch Künstler, Schriftsteller und Kunsthistoriker Peter Assmann dabei. Ebenfalls Werner Nagl, dessen Vorliebe die klassische Skulptur ist – eine „Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies", wie Felix Mitterer einmal dazu schrieb. Elmar Peintner nähert sich fast albtraumhaft dem surrealen Werken Franz Kafkas. Interessant auch die mikroskopisch kleinen Punkte und Striche der „zellenartigen“ Formensprache bei Benjamin Zanon. Christine S. Prantauer setzt ihren Fokus auf Zeitthemen wie Umwelt oder globale Konflikte. Claudia Hirtl – besonders prägend war für ihre Malerei der Aufenthalt 1985 bis 1988 in Tokyo –, zeigt Verdichtungen fernöstliche Schriftzeichen. 2016 erhielt sie den Tiroler Landespreis für zeitgenössische Kunst, Nora Schöpfer erhielt diesen Preis 2018. Sie verwebt in ihren Arbeiten gekonnt Sein und Werden. Kann aber eine Waltherhaus-Ausstellung auch ein Sprungbrett (aus Nord- oder Osttirol) in die italienische Kunst- und Kulturwelt sein? „Ich denke, auf jeden Fall“, meint die Kuratorin: „Alle diese Künstler und Künstlerinnen, die jetzt im Waltherhaus die Werke zeigen, sind sehr gut vernetzt. Biografisch haben viele Wurzeln in Südtirol. Wir sehen aber auch, dass es für Südtiroler Kunstschaffende nicht so einfach ist, in der italienischen Kunstwelt präsent zu sein. Da braucht es sehr gute Beziehungen.“
Blick Kunst Tirol mit mehreren ausgezeichneten österreichischen Positionen, bleibt noch bis einschließlich 7. Dezember zu sehen.