Das Ladinphone
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Motorola hat heute in Bozen das weltweit erste Smartphone mit einem ladinischen Interface präsentiert, das in Zusammenarbeit mit der Lenovo-Stiftung, der Freien Universität Bozen und dem Ladinischen Kulturinstitut Micurá de Rü entwickelt wurde. Das Übersetzer- und Revisorenteam wurde von Paul Videsott, Professor für romanische Philologie an der Freien Universität Bozen, geleitet. Ladinisch ist die erste europäische Sprache, die im Rahmen der Initiative von Motorola und der Lenovo Foundation zur Erhaltung bedrohter Minderheitensprachen umgesetzt wird. Die Mobiltelefonmarke Motorola gehört mittlerweile zum Lenovo-Konzern, der dieses Projekt als Teil der Vision lanciert hat, überall und für jedermann intelligente Technologien zur Verfügung zu stellen und so zu einer inklusiveren und smarten Zukunft beizutragen. Von der Hardware bis zur Software soll es Usern so ermöglicht werden, sich durch ihre Technologie einbezogen zu fühlen und ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Die Smartphones wurden in Anwesenheit von Institutionen und Vertretern der ladinischen Gemeinschaft im Rahmen des „Ladin Day“ präsentiert.
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Das Projekt
Um das Kulturerbe und die Geschichte indigener Kulturen und Minderheiten zu bewahren, haben Motorola und die Lenovo Foundation beschlossen, eine Initiative zur Unterstützung bedrohter Sprachen ins Leben zu rufen. Im Rahmen dieser Initiative wurde in Zusammenarbeit mit der UNESCO das Whitepaper „Hello Indigenous“ erstellt, das die Parameter für die Integration solcher Sprachen in Smartphones beschreibt. Im Rahmen des Projekts wurden bereits Schnittstellen für Nheengatu (Amazonasgebiet) und Kaingang (Süd-/Südostbrasilien), Cherokee (Nordamerika), Kuvi und Kangri (Indien) und Maori (Neuseeland) geschaffen. Nun wird Ladinisch zu den mehr als 90 Sprachen, die auf Motorola-Smartphones verwendet werden können, hinzugefügt. Hierfür mussten auch neue Wörter geschaffen werden, da manche technologische Begriffe bis dato nicht im Wortschatz vorhanden waren. Benutzt wurde das „Gadertaler Ladinisch“, da es das meist genutzte sei.
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„Unser Projekt wird sicherlich dazu beitragen, dass die ladinische Sprache und andere Minderheitensprachen mehr Aufmerksamkeit erhalten“, so Videsott. Sie auf Smartphones verfügbar zu machen, habe heute angesichts der fast universellen Verwendung dieser Geräte im Alltag die gleiche Bedeutung wie die Verwendung von Sprachen in gedruckten Publikationen in den vergangenen Jahrhunderten. Auch Jürgen Runggaldier, Direktor des Ladinischen Kulturinstituts Micurá de Rü, ist vom Projekt begeistert: „Die Möglichkeit, an der Realisierung des ersten Smartphone-Interface in ladinischer Sprache mitzuwirken, war sicherlich einzigartig. Dieses Projekt ist ein konkreter Beleg dafür, dass die ladinische Sprache eine lebende Sprache ist, die sich immer wieder erneuert und daher in jedem Kontext der heutigen Welt verwendet werden kann.“ Die Tatsache, dass sie jetzt in einer Initiative wie der von Motorola berücksichtigt wird, trage auch dazu bei, dass sie vor allem bei der Jugend an Ansehen gewinnt, so Runggaldier.
Nach der Demonstration des Smartphones führten die Beteiligten, darunter Giorgia Bulgarella, Marketing Manager von Motorola Italien und Professor Videsott, eine Podiumsdiskussion über die Rolle von Technologie bei der Förderung der Inklusion und der Bewahrung der kulturellen Identität, wobei der Schwerpunkt auf der Frage lag, wie sie insbesondere die ladinische Kultur fördern kann. Den Speakern zufolge liegt ein großer Aspekt im Erhalt der Sprache. Durch die Integration der Sprache in die Technologie werde der tägliche Gebrauch und somit der Fortbestand gefördert - vor allem auch bei jungen Generationen. Festgehalten wurde auch, dass Smartphones die „Bleistifte“ von heute sind und deshalb eine wichtige Rolle für den Erhalt der Sprache und Kultur spielen. Das Ziel sei eine besser vernetzte Gesellschaft, so Bulgarella.
Vom Aussterben bedrohtHeute sprechen etwa 30.000 Menschen Ladinisch in den Dolomitentälern. Damit eine Sprache aber langfristig überleben kann, benötigt es mindestens 300.000 „Sprecher“. Aus diesem Grund stuft die Unesco Ladinisch als vom Aussterben bedrohte Sprache ein. Die UN-Organisation schätzt, dass weltweit alle zwei Wochen eine Minderheitensprache verschwindet. Bis Ende des Jahrhunderts könnten so rund 3.000 Sprachen verloren gehen.