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„Die Leute wollen Blut sehen“

Herbert Pixner über sein Erfolgsgeheimnis, das Musikgeschäft, lästiges Publikum, sein neues Album, das Projekt „Italo Connection“ und seine musikalischen Träume.
Pixner, Herbert
Foto: Italo Connection
Salto.bz: Herr Pixner, wie anstrengend ist es, berühmt zu sein?
 
Herbert Pixner: (lacht) Ach, berühmt bin ich noch nicht. Vielleicht berüchtigt. Aber, wenn es Spaß macht, dann ist es eigentlich nicht anstrengend. Ich glaube anstrengend wird es dann, wenn es einem nicht mehr Spaß macht. Wenn man etwas tun muss, was einem keine Inspiration und keine Motivation gibt. Dann wird es anstrengend. So ist es zwar manchmal an der Grenze, wo man sagt, mehr geht einfach nicht mehr. Aber ich bin weder berühmt, noch ist es unglaublich anstrengend.
 
Sie sind aber eine Person des öffentlichen Interesses. Das heißt: Selbst das Privatleben wird dadurch eingeschränkt?
 
Ja, aber das ist bei mir nicht so arg. Ich bin nicht auf dem Level, wo man nicht mehr durch die Stadt gehen kann, weil man dann von den Fans überfallen wird. Auf diesem Level bin ich Gottseidank wirklich nicht. Man wird angesprochen, meistens nett angesprochen, und das passt alles in allem.
 
Verändert der Erfolg?
 
Also ich hoffe nicht, dass er mich verändert hat. Ich nehme schon an, dass ich der Gleiche geblieben bin. Ich bin recht gut geerdet. Auch weil ich eine recht gut funktionierende Familie habe, mit Frau und Kindern. Die holen einen schon wieder auf den Boden zurück. (lacht).
 
Sie waren jahrelang im Sommer auf einer Alm in der Schweiz als Hirte. Zu wissen, was harte Arbeit heißt, hilft das im Leben?
 
Ja, auf jeden Fall. Die Zeit auf der Alm möchte ich nicht missen. Das war eine sehr prägende, teilweise auch eine sehr harte Zeit. Oft reden mich Leute drauf an und meinen: „Ma super, du warst dort drei Monate auf Urlaub oben und hast nebenbei Stücke geschrieben.“. Ich war nicht im Urlaub, sondern das war wirklich harte Arbeit. Man hatte die Instrumente mit oben, man war allein und hat nebenbei gespielt, wenn es ging. Dabei hat man die Umgebung mit aufgesogen. Man hat das karge, archaische Leben dort oben auch musikalisch verarbeitet. Das alles hilft mir unheimlich.
Sobald das Bühnenlicht angeht und du hinaufsteigst, dann kommen das Adrenalin und die Motivation wieder etwas hinauszuhauen, das so klingt, als wäre es das letzte Konzert, das man spielt.
Der Erfolg bringt viele vermeintliche Freunde mit sich. Plötzlich wird dir von allen auf die Schulter geklopft?
 
Das stimmt schon. Aber ich habe eine ganz gutes Gespür dafür, wer nur groß daherredet und wem man vertrauen kann. Sicher, man tappt immer wieder einmal irgendwo hinein. Aber ich habe ein tolle Atmosphäre um mich herum. Ich habe Leute, mit denen ich super zusammenkomme. Diese Leute reichen mir. Ich bin einfach nicht der, der ganz scharf darauf erpicht ist, jeden Tag irgendwelche Politiker, irgendwelche einflussreiche Leute oder Promis zu treffen. Das ist nicht meine Welt. Es gibt andere, die eine Mordsfreude damit haben. Bei mir ist es das Gegenteil. Ich bin immer froh, wenn ich es mit normalen Menschen zu tun habe.
 
Sie haben vor Jahren entschieden, im wahrsten Sinne des Worte Ihr eigener Herr zu sein. Sie haben weder einen Manager noch ein Plattenlabel oder sonst etwas. Sondern sie machen finanziell und unternehmerisch alles selbst. Die richtige Entscheidung?
 
Für mich absolut. Ich bin sehr froh, dass ich das so gemacht habe. Es ist natürlich oft sehr anstrengend, weil man sozusagen nicht die Direttissima nimmt, sondern den schwierigeren Weg geht. Aber wenn man sich etwas verbockt, dann verbockt man es selbst. Und wenn man Erfolg hat, dann ist die Freude umso größer. Denn es gibt niemanden, der sich plötzlich vorne herstellt und sagt: „Wenn du mich nicht gehabt hättest, dann wäre das nie gegangen....“
 
Können Sie sich vorstellen, einen eigenen Manager zu haben, der ihnen sagt, wie sie sich auf der Bühne zu kleiden und zu bewegen haben?
 
Wenn ich einen Manager habe, den ich vertrauen kann und der meinen Charakter versteht, könnte ich es mir das auch vorstellen. Aber ich bin in dieser Sache etwas kompliziert. Ich weiß genau, was ich haben möchte und was nicht. Und das schaffe ich am besten selbst.
Ich bin einfach nicht der, der ganz scharf darauf erpicht, ist jeden Tag irgendwelche Politiker, irgendwelche einflussreiche Leute oder Promis zu treffen. Das ist nicht meine Welt.
Keine Angst, dass durch die ganzen organisatorischen und unternehmerischen Aufgaben, die künstlerische Ader auf der Strecke bleibt?
 
Es ist sicher eine Gratwanderung. Man muss aufpassen, dass die ganze Arbeit nicht zu viel wird und das, was den Kern ausmacht, die Musik und das Künstlerische, dass das nicht hinten bleibt. Das kann wirklich gefährlich werden. Aber mittlerweile habe ich ein Team mit sechs fixen Angestellten. Deshalb habe ich im Label oder in meiner Firma auch viel abgegeben.
 
Sechs Angestellte, das ist für einen Musiker viel Verantwortung?
 
Ja, das stimmt. Zur Zeit funktioniert alles sehr gut. Aber alle meine Leute wissen - und so sind sie auch zu mir gekommen - dass das in ein paar Jahren auch vorbei sein kann. Sie wissen, dass ich nicht der Mensch bin, der sagt: Jetzt müssen wir in den nächsten zehn Jahr jedes Jahr mindestens 100 Konzerte spielen oder jährlich eine CD machen, die dann eine Goldene Schallplatte gewinnt. Das wissen sie alle. Deshalb mache ich mir keine großen Gedanken darüber...
Wir sind alle handwerklich begabt, jeder hat ein Handwerk gelernt und vielleicht tun wir irgendwann eine Tischlerei auf­. 
Denken Sie daran, dass der große Erfolg auch schnell wieder vorbei sein kann?
 
Eigentlich nur ganz selten. Dadurch, dass noch so viele Ideen im Raum herumschwirren und Projekte, die es noch zu verwirklichen gilt, denke ich kaum daran. Ich sage mir immer wieder, das möchte ich noch machen und das wäre etwas, was noch cool wäre. Es gibt noch so viele Ideen in der Schublade. Deshalb habe ich keine Angst. Dazu kommt, dass ich Leute habe, die unheimlich flexibel sind. Es ist nicht so, dass es heißt, du bist abgestellt, die Grafik oder die Buchhaltung zu machen, sondern wir sind ein absolut flexibles Team. Wenn weniger Grafik zu machen ist, dann muss der halt mal auf Tour mitfahren. Wir sind alle handwerklich begabt, jeder hat ein Handwerk gelernt und vielleicht tun wir irgendwann eine Tischlerei auf­. Keine Ahnung...(lacht).
 
Ihr musikalischer Ausgangspunkt war die traditionelle Volksmusik. Danach ging es Crossover ziemlich weit in Richtung Rock, Jazz und Worldmusic....
 
Crossover war ich immer schon. Ich hatte immer schon ganz verschiedene Projekte in verschiedenen Musiksparten. Wahrscheinlich habe ich dafür früher nicht so viel Öffentlichkeit bekommen. Ich habe schon früh mit Jazzbands gespielt, mit zeitgenössischen Komponisten gearbeitet, Unterhaltungsmusik gemacht oder im Orchester gespielt. Ich habe eigentlich alles ein bisschen ausprobiert. Irgendwann sammelt sich das dann und man sagt, mit dem fühle ich mich wohl und mit dem weniger, das lasse ich weg. Daraus wächst dann deine Musik, dein Stil. Irgendwann merkst du dann, dass die eigenen Sachen funktionieren, dass man sich damit auf die Bühne getrauen und auf Tour gehen kann. Dann konzentriert man sich darauf. Daraus ist dann das Herbert Pixner Projekt entstanden.
 
Und die anderen musikalischen Seelen in Ihrer Brust?
 
Das tut mir oft leid. Dass diese Sachen nebenher auf der Strecke bleiben. Auch diese kleinen Theaterprojekte, die ich früher mit Dietmar Gamper gemacht habe. Oder auch dieses neue Projekt „The Italo Connection“. Es gehen sich leider nur vier Konzerte aus in diesem Jahr. Ich bin danach auf Tour, und die anderen Musiker spielen in ihren Bands.
 
„Herbert Pixner & the Italo Connection“ ist ein Spaßprojekt?
 
Das ist wirklich ein Spaßprojekt. Seit ich mit Manuel Randi zusammenspiele, sagen wir immer, es wäre toll, eine Band zu haben, die ordentlich laut ist und die abgeht. Eine Band, wo man zusammen jammt und eine Gaudi hat. Im vergangenen Jahr waren wir dann im Studio zu Aufnahmen und haben gesagt: Ok, jetzt trommeln wir die Leute zusammen, die uns taugen. Wir haben dann alle angerufen und einen gemeinsamen zeitlichen Nenner gefunden. Eben Anfang Mai. Und jetzt spielen wir diese Konzerte.
Ich habe eigentlich alles ein bisschen ausprobiert. Irgendwann sammelt sich das dann und man sagt, mit dem fühle ich mich wohl und mit dem weniger, das lasse ich weg. Daraus wächst dann deine Musik, dein Stil.
Sie könnten sich im gesamten deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus ohne Probleme die besten Musiker holen, greifen bei der Italo Connection aber ausschließlich auf Südtiroler Musiker zurück. Lokalpatriotismus?
 
(lacht) Es war mir irgendwie ein Anliegen, das mit Südtirolern zu machen. Ich weiß auch nicht warum. Wir sind eine Band, die wirklich Südtirol widerspiegelt. Zwei Deutsche, drei Italiener und zwei Ladiner. Logisch könnte ich mir die deutschen Jazzer holen oder auch andere Stars. Ich weiß, dass sie ohne weiteres mitmachen würden...
 
Was für Ihr Renommee weit zuträglicher wäre?
 
Ich hatte solche Projekte, wo ich mir bekannte Leute hergeholt habe. Aber ich bin dann sehr schnell draufgekommen, dass der wichtigste Faktor ist, dass man sich versteht. Dass man menschlich zusammenkommt. Da kann einer auch noch so gut spielen, wenn es aber menschlich nicht passt, dann ist das Projekt schon gescheitert. Dann fühlst du dich auf der Bühne nicht wohl. Bei „Italo Connection“ sind alles Leute, die ich von früher kenne und genau weiß, da passt alles. Nehmen wir den Martin Resch. Ihn kennt jeder als Alleinunterhalter, aber kaum jemand weiß, dass er auch ein genialer Jazzsaxophonist ist. Für mich ist er unfassbar. Ganz gleich welcher Rhythmus, welche Tonart, der spielt einfach überall mit.
 
Wird aus dem Projekt mehr?
 
Für mich ist das eine Truppe, die durchaus Potential auch für die Zukunft hat. Jetzt spielen wir mal die vier Konzerte und wer weiß, ob sich daraus nicht mehr entwickelt. Ob man nicht auch ins Studio geht und zwei, drei Nummern aufnimmt, eigene Kompositionen gerade für diese Besetzung schreibt. Wer weiß, was da noch passiert.
 
Das Problem bei diesen Projekten: Herbert Pixner ist ein gefragter Künstler und bis Ende 2019 bereits ausgebucht.
 
Das ist ein Problem. Es ist eine Art selbstauferlegtes Korsett. Wir sind gerade dabei, für Herbst 2019 zu planen. Ich möchte da etwas mit den Berliner Symphonikern machen. Wenn du also in den schönen, großen Häusern spielen willst, dann muss du jetzt buchen, denn sonst sind die weg. Auch das Orchester muss Zeit haben. Das heißt, man muss das ganze fast zwei Jahre davor fixieren, sonst geht das nicht...
Da kann einer auch noch so gut spielen, wenn es aber menschlich nicht passt, dann ist das Projekt schon gescheitert. Dann fühlst du dich auf der Bühne nicht wohl. Bei „Italo Connection“ sind alles Leute, die ich von früher kenne und genau weiß, da passt alles.
Ein Stress?
 
Oft schon. Aber solange es auf der Bühne Spaß macht, geht alles. Wenn das Ganze zum Job wird, wenn du den Auftritt als Arbeit siehst, dann muss man aufpassen. Dann muss man einfach zurückfahren, nur mehr ausgewählte Konzerte spielen und auf sich selbst zurückgehen. Man muss einen Weg finden, um sich selbst nicht kaputtzumachen.
 
Sie spielen jährlich bis zu 150 Konzerte?
 

Wir haben in den vergangenen Jahre so viel gespielt. Heuer sind wir schon zurückgefahren auf 60 Konzerte. 2014 und 2015 waren es noch 180 und 190 Konzerte. 2016 haben wir 160 Konzerte gespielt, 2017 waren es noch 100 und heuer haben wir auch das fast halbiert. Wir gehen konstant zurück.
 
Eine bewusste Entscheidung?
 
Ja, es ist eine bewusste Entscheidung. Wahr ist aber auch, dass wir inzwischen in viel größeren Häusern spielen können. Wenn ich in Sälen spiele, wo 1.500 oder 2.000 Leute Platz haben, dann ist das ein Radius, wo du dir selber eine Art Gebietsschutz auferlegst, weil du dir sonst ins Geldtäschchen schneidest. Spielst du in der Nähe 10 Konzerte, dann bekommst du das Haus nicht mehr voll. Etwa im Großraum München oder in Wien. Dadurch werden die Konzerte automatisch etwas weniger. Dazu kommt: Auch von der Energie her ist weniger oft mehr. Man ist halt keine 20 mehr. Das merke ich auch.
Solange es auf der Bühne Spaß macht, geht alles. Wenn das Ganze zum Job wird, wenn du den Auftritt als Arbeit siehst, dann muss man aufpassen. Man muss einen Weg finden, um sich selbst nicht kaputtzumachen.
Was ist auf der Bühne wichtiger: Das Feeling, das Zusammenspiel oder der Sound?
 
Alle drei Dinge sind gleich wichtig. Ich würde das von der Bedeutung herauf genau dasselbe Level setzen. Der Sound ist unglaublich wichtig. Denn es nützt wenig, wenn du oben die ganze Energie reinbutterst und der Sound ist scheiße. Und umgekehrt: Es nützt dir auch nichts, wenn du einen Supersound hast, dir aber alles auf die Nerven geht. Ich lege Wert darauf, dass alle drei Dinge wirklich gut sind.
 
Was bei Musikern nicht immer einfach ist?
 
Ich fordere das bedingungslos. Wer mit mir spielt, der muss einfach hundertprozentig da sein. Was aber heißt, dass ich als Vorbild auf der Bühne natürlich auch meine hundert Prozent geben muss. Wenn ich komme und sage, ich bin absolut schlecht drauf, aber ihr spielt eh super, dann geht das nicht. Das schlechte Feeling überträgt sich einfach. Wenn der Chef schlecht darauf ist, dann sind die Mitspieler auch nicht besser.
Ich fordere das bedingungslos. Wer mit mir spielt, der muss einfach hundertprozentig da sein.
Es ist aber doch normal, dass man auf der Bühne bessere und schlechtere Tage hat?
 
Das ist klar. Aber soviel Profi ist man, dass es die Leute nicht zu interessieren hat, ob du heute Zahnweh hast, einen schlechten Tagt oder ob dir der Hausmeister vom Theater einfach auf die Nerven geht. Das interessiert das Publikum nicht. Die haben ein Jahr davor das Ticket gekauft und wollen von uns das beste Konzert hören. Deshalb: Sobald das Bühnenlicht angeht und du hinaufsteigst, dann kommen das Adrenalin und die Motivation, wieder etwas hinauszuhauen, das so klingt, als wäre es das letzte Konzert, das man spielt.
 
Haben Sie noch musikalische Träume?
 
Oh, viele. Erstens, dass ich die ganzen Ideen, die ich noch habe, umsetzen kann. Zweitens, dass das Ganze noch internationaler wird. Wir spielen Instrumentalmusik und damit stehen einem eigentlich die Türen auf der ganzen Welt offen. Man ist nicht textgebunden und kann in Japan genauso spielen wie in Südamerika. Unsere Geschichten kommen nicht über den Text, sondern sie sind in der Musik verpackt.
 
Herbert Pixner auf Welttournee?
 
Ja, das würde mich reizen. Es waren viele Anfragen da, die dann teilweise auch zeitlich bedingt nicht gegangen sind. Aber man sammelt sich das alles zusammen, und geplant ist, früher oder später so eine kleine Welttour zu machen, die über zwei, drei Monate geht. Man sucht sich dann die Veranstalter heraus, die man bereits auf der Liste hat. Wobei mein Ding klar ist: Ich will diese Tour ganz bewusst machen. Und nicht Flughafen, Bühne, Hotel und dann die nächste Stadt oder das nächste Land. Da geht es einfach ums Geld. Wenn die Tour einen Tag steht, dann verlierst du Geld.
 
Der klassische Touralltag.
 
Genau das will ich nicht. Denn mir geht es bei dieser Tour nicht ums Geld, sondern ums Erlebnis. Wenn ich in Südamerika bin, dann möchte ich drei Tage dort unten Straßenmusik spielen und mit lokalen Musikern zusammenspielen, sei es in Japan, in Norwegen oder in Polen. Das wäre mein Traum, das einmal zu verwirklichen. Eine Musikreise, wo du von den anderen Leuten Inputs bekommst. Ich sehe das bei anderen Kollegen, die Welttourneen spielen. Sie sind zwar überall gewesen, aber sie sagen, ob das in München ist, oder in Hongkong oder New York: Du siehst den Flughafen, ein Hotelzimmer und die Bühne. Mehr nicht. Das will ich nicht. Dann spiele ich lieber hier und kann sagen, dann bin ich drei Tage daheim und habe Zeit für meine Kinder.
Ich bin recht gut geerdet. Auch weil ich ein recht gut funktionierende Familie habe, mit Frau und Kindern. Die holen einem schon wieder auf den Boden zurück.
Macht es Ihnen auf der Bühne noch Spaß?
 
Es macht mir sehr viel Spaß. Auch weil noch so viel Luft nach oben ist, an musikalischen Projekten und Ideen, die man verwirklichen kann. Wir nutzen zu viert sehr viel an Instrumenten aus, aber bei weitem nicht alles, was wir können. Hier gibt es noch ein große Bandbreite. Und es macht mir Spaß auszuloten, was kann man den Publikum, aber auch uns Musikern noch zumuten. An ungewöhnlichen Klängen und Stücken. Das nächste Programm wird sowieso schräger....schräg ist ein blöder Begriff....sagen wir experimenteller.
 
Keine Angst, dass Sie ihr traditionelles Publikum damit überfordern?
 
Nein. Die Leute wissen, seit wir auf der Bühne sind, dass wir jedes Jahr etwas anderes gemacht haben. Es gibt eine Grundbasis des Herbert Pixner Projekts. Das sind die Anleihen aus der traditionellen Volksmusik, teilweise auch die Instrumente aus der Volksmusik. Aber ich glaube, wir haben eine solche Energie auf der Bühne, dass es eigentlich egal ist, was wir spielen. Das ist der Faktor, warum die Leute uns gerne sehen und immer wieder kommen. Weil wir oben einfach spielen, bis das Blut fließt..(lacht)...Die Leute wollen Blut sehen..(lacht).
Ich glaube, wir haben eine solche Energie auf der Bühne, dass es eigentlich egal ist, was wir spielen.
Sind Sie auf der Bühne Sie selbst?
 
Es gibt immer einen Bühnen- und einen Privatmenschen. Aber ich denke, dass ich auf der Bühne schon relativ authentisch bin. Ich mache keine Publikumsbeschimpfungen. Obwohl ich auch schon ins Publikum gegangen bin und Handys abgenommen habe. Weil es mich genervt hat, dass die ganze erste Reihe gefilmt hat. Während der Manuel ein Gitarrensolo gespielt hat, bin ich einfach hingegangen und habe die Handys kassiert. Es gibt gewisse Dinge, die man beim Spielen ausblenden kann. Andere nerven einfach zu viel. Leute, die eingeladen werden, in der ersten Reihe sitzen und dann während des gesamtem Konzertes SMS oder Mails schreiben. Das ist einfach Respektlosigkeit.
 
Wie kommt man aus dieser Situation wieder raus?
 
Natürlich versucht man, das dann mit einem Schmäh zu machen. Weil das ganze Konzert kippen kann, wenn ich da irgendwie grantig werde. Ich habe das als Konzertbesucher selbst schon erlebt. Dass wegen drei Deppen das ganze Konzert im Arsch und die ganze Atmosphäre dahin waren. Aber mittlerweile habe ich schon ein paar Schmähs auf Lager. Ich reibe ihnen das dann so unter, dass es nicht bösartig ist, dass aber jeder versteht, worum es geht.
 
Sie haben mit „Tree Saints Records“ in Innsbruck ein eigenes Plattenlabel und produzieren dort einige Südtiroler Musiker und Bands. Ein Weg, den Sie weitergehen wollen?
 
Ja, schon. Es kommen derzeit einfach viele Freunde von früher, die man gut kennt und die sagen: Du hast ein Label, können wir nicht unsere Platte dort herausbringen? Gewisse Sachen muss ich dann aber absagen, weil es mir zeitlich einfach nicht ausgeht. Denn wenn ich etwas mache, dann möchte ich es ordentlich machen.
 
Das heißt, Sie wollen hinter den Bands und Musikern stehen, die auf ihrem Label herauskommen?
 
Ich will dabei sein und alles muss stimmen. Auch die Promo und das Konzertmanagement. Vor allem aber muss es zu mir passen. Es sind einige gekommen, mit denen ich wahrscheinlich viel Geld gemacht hätte. Aber es passte einfach nicht rein. Es muss immer eine handgemachte Musik sein und etwas, was abseits des Mainstreams ist. Dann stehe ich dazu und helfe gerne mit. Sonst wird es schwierig. Ich muss Fan einer Gruppe sein, dann funktioniert es.
 
Wenn man Sie reden hört, dann merkt man, dass Sie im Kopf musikalisch schon längst weiter sind?
 
Im Kopf läuft es durchaus. Ich kann gut abschalten und mich auf etwas total fokussieren. Wenn ein Bühne da ist, dann bin ich fokussiert auf das, was wir jetzt machen. Aber sobald ich morgen aufstehe, habe ich schon wieder viele neue Sounds im Kopf, die ich realisieren möchte. Oft ist nicht die Zeit dazu da, sie umzusetzen. Gerade das neue Album, das jetzt herauskommt, wird eine Überraschung werden. Es hebt sich stark von dem ab, was wir bisher gemacht haben. Es ist ein richtiges Konzeptalbum geworden, auf dem die Ziehorgel kaum mehr nach einer Steirischen klingt und es nur E-Gitarren gibt. Wir erzählen aber eine Menge musikalischer Geschichten.
Es muss immer eine handgemachte Musik sein und etwas, was abseits des Mainstreams ist. Dann stehe ich dazu und helfe gerne mit. Sonst wird es schwierig. Ich muss Fan einer Gruppe sein, dann funktioniert es.
Herbert Pixner ist längst ein Markenzeichen. Wie oft wollte man sie schon abwerben?

Ich lasse mich weder abwerben noch kaufen. Es waren viele Angebote da. Ich habe auch viele Sachen gemacht, wo ich dann gemerkt habe, die wollen mich damit kaufen. Das ist dann das erste, was ich dann lasse. Viele sagen dann: Spinnst du, warum lässt du das? Aber ich mache Dinge nicht für Geld.
 
Bei der Caritas sind sie aber auch nicht?
 
(lacht) Ich will, dass meine Arbeit bezahlt wird. Ich arbeite nicht gerne gratis. Überhaupt nicht, wenn ich mich reinhänge. Das ist auch ein weiterer Faktor, an dem viele Musiker scheitern. Wenn du unheimlich gut spielst, Säle füllst und dir das Management dann ein paar Centesimi herwirft, dann zerbrichst du daran. Warum soll der das alles bekommen, wenn du gespielt und alles gemacht hast? Ich bin nicht der schlechteste Wirtschafter. Ich bin aber immer einer, der jeden leben lässt. Mit den Veranstaltern haben wir immer Prozentdeals gemacht. Wenn viele Leute kommen, haben wir beide was. Wenn wenige kommen, haben wir halt beide nichts. Das ist eigentlich immer unser Konzept.
 
Wir lange will Herbert Pixner auf der Bühne stehen?

Keine Ahnung, das weiß ich nicht. Wahrscheinlich bis es mich obidrahnt. (lacht).