Freiheitliche: Bozner Beruhigungstablette
Für ein endgültiges Urteil über das Bozner Memorandum fehlen ihm noch die Informationen. Doch bereits jetzt zeichnet sich für den Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Pius Leitner ab, dass das gestern geschlossene Abkommen zwischen der Südtiroler Landesregierung und der Regierung in Rom als reine wahlstrategische Maßnahme und als Beruhigungspille herausstellen wird. Denn, wie er in einer Stellungnahme schreibt: Die beiden Unterzeichner haben die Rechnung wohl ohne den Wirt gemacht – „und der heißt Verfassungsgerichtshof“. Zusätzlich stelle sich die Frage, wie Lettas Koalitionspartner PDL und Scelta Civica dazu stehen und ob sie eingebunden wurden.
Wie schnell ein ‚Abkommen’ mit Vertretern des Staates den Bach hinuntergeht, zeigte sich laut Leitner bereits beim ‚Mailänder Abkommen’. „Laut Aussagen unseres Landeshauptmanns wurde dieses ‚missinterpretiert“, schreibt er. Tatsache sei, dass das Abkommen gebrochen wurde – und das gleich mehrmals. Weitere Kritikpunkte des Freiheitlichen: Statt einer Finanzautonomie brauche Südtirol eine Steuerhoheit, da nur diese wirkliche Erleichterungen für die Bürger bringen würde. Bei der Forderung nach einer Einsetzung der Sechser- und Zwölferkommission sei die 137er Kommission vergessen worden, in der auch die Landtagsopposition vertreten ist. Vollkommen unklar sei noch, wie viel Südtirol für die Tilgung der staatlichen Schuldenlast zahlen muss.
Die Interpretation, dass das Bozner Abkommen neue Kompetenzen oder eine Stärkung der Autonomie bringe, beurteilt Leitner deshalb als völlig aus der Luft gegriffen. „Tatsächlich wird lediglich versucht, gestohlene autonome Zuständigkeiten zurückzuholen, die der Staat bzw. der Verfassungsgerichtshof Südtirol genommen hätten.“ Hintergrund dieser Entwicklung sei die Verfassungsreform des Jahres 2001, die statt der beabsichtigten Föderalisierung eine strenge Zentralisierung bewirkt habe. Deshalb kann laut Pius Leitner auch ein wahltaktisches ‚Memorandum’ nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Autonomie mittlerweile eine rein inneritalienische Angelegenheit sei – und „man der Hoheit des zentralistisch ausgerichteten Staates mit dem durch das System zur Verfügung gestellten Mitteln nicht mehr beikommt“.